Keine Ahnung obs schon gepostet wurde, hab nichts gefunden, allerdings auch nicht lange gesucht. Ich stells mal rein:
Fussballfans: Nach der Gewaltserie wollen die Behörden auch in der neuen Saison durchgreifen - doch wie lange ziehen alle am gleichen Strick?Bei gravierenden Zwischenfällen sollen auch in der neuen Fussball-Saison Fansektoren gesperrt werden. Zugleich arbeiten Städte und Kantone am Plan für die Zukunft. Was in und um die Schweizer Stadien in den nächsten Monaten passiert, wird deshalb den Umgang mit den Fans auf Jahre hinaus prägen.
Dominic Wirth 20.07.2023, 16.00 Uhr
Die unheilvolle Serie nahm im April in Basel ihren Anfang. Nur ein paar Wochen später schaute die Schweiz auf drei Vorfälle zurück, bei denen Fussballfans randalierten. Dabei verletzten sich Fans, Sicherheitsleute, Polizisten, auch Unbeteiligte. Zuerst in Basel, dann in Genf, schliesslich in Luzern.
In allen drei Fällen griffen die zuständigen Behörden durch: Sie sperrten die Sektoren der involvierten Fanlager für das nächste Spiel. Bei Spielen zwischen Luzern und St. Gallen schlossen sie Gästefans gleich für die ganze kommende Saison aus.
Weil sich das alles in kurzer Zeit zutrug, geriet einiges in Bewegung. Noch im März hatten Fussballliga und Behörden angekündigt, dass man beim Umgang mit Fussballfans vorderhand auf deeskalierende und kooperative Ansätze setzen wolle. Gleichzeitig sollte ein Kaskadenmodell ausgearbeitet werden, das schrittweise strengere Massnahmen vorsieht, falls dieser Weg nicht greift.
Am Ende dieser Kaskade: die Einführung personalisierter Tickets, über die seit Jahren gestritten wird. Bund und Kantone machen sich dafür stark, weil sie generell ein härteres Vorgehen verfechten; die Klubs und wichtige Fussballstädte wie St. Gallen oder Zürich sind dagegen skeptisch, auch, weil sie am Nutzen der Tickets zweifeln. Dieses Lager gewichtet den Dialog höher als die Repression.
Die Ausschreitungen änderten allesLetzteres setzte sich zuerst durch. Doch nach der Krawallserie im Frühling drehte der Wind. Alles rief jetzt nach Massnahmen. Und die Behörden entwarfen in aller Eile eine Art erstes, provisorisches Kaskadenmodell. Statt geredet wurde nun gesperrt.
Das passierte in einem Organ, das sich Arbeitsgruppe Bewilligungsbehörden nennt und der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren KKJPD angegliedert ist. Dort sitzen Vertreter jener Behörden, die Fussballspiele genehmigen. Das ist etwa im Fall der Young Boys, von St. Gallen oder Zürich die Stadt; in Basel oder Luzern ist es der Kanton. In dieser Arbeitsgruppe wurden im Mai erstmals gemeinsam Strafen beschlossen und umgesetzt.
Ein Novum sei das gewesen, sagt Karin Kayser-Frutschi, die Co-Präsidentin der KKJPD. Sie tut das mit einigem Stolz, was eben daran liegt, dass diese behördliche Einigkeit alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist. Jeder Fussball-Standort setzt beim Umgang mit Fans auf eigene Instrumente, hat andere politische Begebenheiten, andere Voraussetzungen, andere Traditionen.
Doch jetzt soll dieses Novum in der neuen Super-League-Saison, die am Wochenende beginnt, zur Regel werden. «Es ist unser Ziel, bei gravierenden Vorfällen weiterhin koordiniert vorzugehen», sagt Kayser-Frutschi, die im Kanton Nidwalden als Sicherheitsdirektorin amtet. Davon verspricht sie sich eine Signalwirkung an die Fans.
Konkret soll künftig nach Zwischenfällen, die als gravierend taxiert werden, rasch eine Videositzung der Arbeitsgruppe Bewilligungsbehörden stattfinden. Und dort sollen dann gemeinsam Massnahmen definiert werden.
Was ist denn nun gravierend?Doch was gilt als gravierend, und was sind mögliche Massnahmen? Kayser-Frutschi sagt, dass man auch künftig auf Sektorsperren setzen wolle. «Wenn es gut läuft, dürfen die Fans wieder ins Stadion. Wenn nicht, gibt es längere Sperren», so die Mitte-Politikerin.
Bleibt noch die Frage, was denn nun gravierend ist und was nicht. Dazu sagt Kayser-Frutschi nur, dass man das nicht genauer definiert habe. Es habe sich herausgestellt, dass «die Meinungen darüber auseinandergehen».
Das ist nun doch ein wesentlicher Punkt, bei dem sich die Arbeitsgruppe offensichtlich nicht gefunden hat. Zwar bekräftigten sowohl Kantonsvertreterin Kayser-Frutschi als auch Sonja Lüthi, Sicherheitsdirektorin der Stadt St. Gallen und Verfechterin des Dialog-Wegs, dass man auch künftig an einem Strick ziehen wolle. Doch in der Arbeitsgruppe prallen öfter mal sehr verschiedene Standpunkte aufeinander.
Die KKJPD, die sich schon länger für eine härtere Linie beim Umgang mit den Fans stark macht, hat ihren Einfluss in der Sommerpause ausgebaut. Sie kann künftig auch dann eine Sitzung einberufen und Massnahmen anregen, wenn Klub und Behörden vor Ort das eigentlich nicht für notwendig befinden. In der Arbeitsgruppe gibt es gar Stimmen, die sich für Mehrheitsentscheide aussprechen. Und damit dafür, dass Bewilligungsbehörden Massnahmen auch gegen ihren Willen umsetzen müssen. Wobei dafür ein rechtlicher Rahmen fehlt.
Damoklesschwert personalisierte Tickets
Sonja Lüthi sagt, dass man «noch viel Arbeit vor sich» habe, bis das Ziel – eine gemeinsame Haltung beim Umgang mit Fans – erreicht sei. Fest steht, dass die nächsten Monate entscheidend sein werden. Und damit auch, was in diesen Monaten in und um die Stadien passiert.
Denn während die Arbeitsgruppe Bewilligungsbehörden mit ihrer Übergangsversion arbeitet, laufen im Hintergrund die Arbeiten am langfristigen Kaskadenmodell weiter, Projektname: «Progresso». Dieses wird den Umgang mit Fans in der Schweiz auf Jahre hinaus definieren. «Natürlich ist es jetzt sehr wichtig, wie sich die Fans in den nächsten Monaten verhalten», sagt Karin Kayser-Frutschi.
Über allem schwebt dabei, einem Damoklesschwert gleich, die Einführung der personalisierten Tickets. Im Rahmen von «Progresso» wird geprüft, welche gesetzlichen Anpassungen es dafür braucht. Die Nidwaldnerin Kayser-Frutschi sagt, sie sei klar dafür. Die St. Gallerin Lüthi ist zum «aktuellen Zeitpunkt» dagegen. Rückenwind erhält das Pro-Lager, weil neu drei Klubs aus dem Waadtland in der Super League mitspielen – und die dortigen Behörden sich für personalisierte Tickets aussprechen.
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