Warum GC leidet und der FCZ begeistertDer Sieg des FCZ zum Saisonstart im Zürcher Derby gegen GC war für die beiden Clubs irgendwie schon wegweisend. Eine Ursachenforschung.Während der FCZ und Trainer Urs Meier mit drei Siegen gegen GC (1:0), Thun (2:1) und Aufsteiger Vaduz (4:1) einen Traumstart hingelegt haben, sind die Grasshoppers unter ihrem Coach Michael Skibbe nach den Niederlagen gegen den FCZ (0:1), Thun (2:3) und Lille (0:2) in eine Negativspirale geraten. Tagesanzeiger.ch/Newsnethat sich auf Ursachensuche begeben.
Bei den Grasshoppers sind die Probleme hausgemacht. Der Club liess Torhüter Roman Bürki, den WM-Fahrer, zum SC Freiburg in die Bundesliga und Topskorer Shkelzen Gashi ausgerechnet zum Ligakonkurrenten FC Basel ziehen. Trotz dem Sprung in die Qualifikation zur Champions League. Zudem wechselte der verlässliche Mittelfeldarbeiter Toko zu Brighton & Hove Albion in die zweite englische Spieklasse. Diese drei Abgänge, die wohl auch aus wirtschaftlichen Zwängen getätigt wurden, konnten bisher sportlich keineswegs kompensiert werden, das hat schmerzhafte Folgen auf dem Platz. «Die Abgänge die wir im Sommer hatten sind spürbar, die neuen Spieler müssen sich zum Teil noch finden», gibt Trainer Skibbe unumwunden zu.
Der blutleere Auftritt bei der 0:2-Heimniederlage am Mittwochabend gegen Lille war der bisherige Tiefpunkt. Die Zürcher waren den Franzosen, die erst noch ohne vier WM-Teilnehmer antraten, taktisch, technisch und auch physisch total unterlegen. Die Defensivreihe mit Sanel Jahic, Michael Dingsdag und Stéphane Grichting war schlicht zu langsam. Die Zeit von Abwehrchef Grichting scheint definitiv abgelaufen zu sein. Auf diesem Niveau reicht es dem mittlerweile 35-jährigen Walliser einfach nicht mehr. Das merkt jetzt offenbar auch Skibbe. Der Deutsche nahm den überforderten Grichting nach 45 Minuten aus dem Spiel und ersetzte ihn durch Kharaba.
Davari ist kein Bürki-Ersatz
Der iranische Nationalkeeper Daniel Davari, der vom Bundesliga-Absteiger Eintracht Braunschweig nach Zürich kam, hält anders als sein Vorgänger Roman Bürki keine eigentlich unmöglichen Bälle. Jedenfalls bisher nicht. Und er offenbarte auch schon einige Schwächen. Im Derby zum Saisonstart gegen den FCZ sah er beim Siegestreffer von Davide Chiumiento nicht gut aus. Auch beim ersten und beim dritten Tor von Thuns Christian Schneuwly hätte ein Keeper von Bürkis Kaliber wohl besser reagiert.
Erschwerend kommt hinzu, dass es GC-Captain Vero Salatic bisher nicht gelungen ist, das Heft in die Hand zu nehmen. Die ägyptische Neuverpflichtung Mahmoud Kahraba scheint derweil immer noch nicht ganz begriffen zu haben, was Profifussball bedeutet. Durch seine Schwalbe, die im Spiel gegen Thun absolut zu Recht Gelb-Rot nach sich zog, hat er die Mannschaft geschwächt und ihr ungemein geschadet. Und jetzt fällt auch der Brasilianer Caio, der Spezialist für stehende Bälle, für mindestens weitere vier Wochen verletzungbedingt aus.
Trainer Michael Skibbe ist gefordert. Sein Team steht nach dem 0:2 gegen Lille, das fast schon das Ende aller Champions-League-Träume bedeutet, mehr denn je vor den viel zitierten Wochen der Wahrheit. Zum Rückspiel gegen die Franzosen am kommenden Dienstag sagt Skibbe: «Es war schon vor diesem Spiel ein schweres Los, jetzt hier gross auf Optimismus zu machen und zu sagen, klar kommen wir noch weiter wäre falsch.»
Vor der Reise in den Norden Frankreichs kommt es am Samstag noch zum Heimspiel gegen Sion. Dann muss GC in der Super League wegen der Leichtathletik-WM gleich dreimal in Folge auswärts ran: in Luzern, bei YB und in Aarau. Erst am 31. August steht wieder ein Heimspiel an, dann kommt Vaduz in den Letzigrund. Zu einem Kellerduell?
Chikhaoui, aber nicht nur er
Ganz anders präsentiert sich der FC Zürich, der den Schwung des Derbysieges zu Saisonbeginn gleich mitgenommen hat. Die ganz grosse Figur beim Stadtclub ist zurzeit Yassine Chikhaoui. Der Spielmacher, der gegen Thun beim 2:1 mit zwei Toren der Matchwinner war und auch beim 4:1 in Vaduz traf und gross aufspielte, begeistert wie in seiner ersten Saison beim FCZ.
Die Vertragsverlängerung um drei Jahre und die Ernennung zum Captain haben dem tunesischen Nationalspieler einen kräftigen Schub verliehen. Chikhaoui blüht auf, aber nicht nur auf dem Rasen. Er nimmt auch daneben die Verantwortung eines Captains wahr und gibt in gutem Deutsch jederzeit kompetent Auskunft. Chikhaouis Aufblühen überträgt sich auf seinen Landsmann Amine Chermiti, der nach einer durchzogenen letzten Saison mit einigen Verletzungen seine Form wiedergefunden hat.
Kukeli und Yapi – das passt
Chikhaoui, der in den letzten Wochen streng nach den Gesetzen des Ramadan lebte, biss während der Fastenzeit, die am Sonntag zu Ende ging, auf die Zähne, auch wenn er sich kräftemässig am Limit bewegte, weil er am Tag weder Nahrung noch Flüssigkeit zu sich nahm. Der FCZ ist zurzeit aber nicht nur Chikhaoui. Das neu formierte defensive Mittelfeld ist die Basis für eine solide Abwehrarbeit. Burim Kukeli, der sich nach einem Schien- und Wadenbeinbruch nach eineinhalb Jahren Zwangspause endlich wieder zurückmeldete, und die Neuverpflichtung Gilles Yapi, ergänzen sich schon hervorragend.
Zwei Topstürmer auf dem Weg zurück
Im offensiven Mittelfeld zauberte Urs Meier neben Routinier Davide Chiumiento jetzt mit dem 18-jährigen Francisco Rodriguez ein neues Juwel aus dem Hut. Der Bruder von St. Gallens Spieler Roberto und Wolfsburgs Nationalverteidiger Ricardo Rodriguez gehörte bisher in allen drei Saisonspielen zur Startelf des FCZ, für den er gegen GC seinen Einstand gab. In Vaduz schoss er zudem sein erstes Saisontor.
Der FCZ ist auf Kurs. Und mit Mario Gavranovic und Armando Sadiku fehlen erst noch zwei Topstürmer, die nach Kreuzbandrissen an ihrem Comeback arbeiten. Es ist nicht auszuschliessen, dass die Zürcher in dieser Saison zu den härtesten Konkurrenten des FC Basel gehören.
Quelle:
http://www.tagesanzeiger.ch