C.D.M. hat geschrieben:@billy findest du vielleicht etwas??
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FCZ übt sich in Frustbewältigung
Nach dem 0: 5 gegen die Young Boys gibt es Unstimmigkeiten zwischen Lucien Favre und einzelnen Spielern. Präsident Hotz stellt sich hinter den Trainer.
Von Peter Bühler, Zürich
Hermann Burgermeister ist eine Institution beim FC Zürich. Seit 30 Jahren knetet der Masseur aus dem Thurgau die Muskeln der Zürcher Fussballer, seit 30 Jahren lebt er für und leidet er mit dem Stadtklub. An diesem Montagmorgen sagt er im Bauch des Letzigrunds: « So etwas wie gestern habe ich noch nie erlebt. » Gleich 0: 5 hat der FCZ am Sonntag gegen die Young Boys verloren, null zu fünf, so hoch wie seit rund fünfzig Jahren nicht mehr im eigenen Stadion. Die Stimmung ist bedrückt, der Frust sitzt tief. Lucien Favre verlässt nach dem kurzen Auslaufen mit der Mannschaft den Letzigrund, bleich und übernächtigt sieht er aus. « Schlecht geschlafen » , sagt er und versucht zu lächeln. Von seiner Höflichkeit hat er auch in diesen bitteren Momenten seiner Karriere nichts eingebüsst.
Der FCZ macht sich eine Nacht nach der Kanterniederlage gegen YB daran, die Blamage zu verarbeiten. Er stehe noch immer unter Schock, sagt Daniel Tarone. Er hatte am Sonntag zur Pause wegen einer Zerrung in der Kabine bleiben müssen.
« Vielleicht war das besser so » , murmelt er. Mihai Tararache sagt auf dem Weg zu seinem Auto: « Uns fehlte jedes Glück, aber wir haben auch nichts dafür getan, es uns zu verdienen. » Davide Taini schliesslich, der Goalie und Captain, freut sich vor allem auf den trainingsfreien Dienstag. Er wird sich heute irgendwo an die Sonne setzen, den Kopf durchlüften und wenn möglich nicht an Fussball denken. Bevor er das Stadion verlässt, stellt er noch unmissverständlich fest: « Einen Auftritt wie gegen YB darf sich der FCZ nie mehr leisten. Das war unwürdig und beschämend. » Über Lucien Favre und dessen Anteil am Debakel mag keiner der Spieler ausführlich Stellung nehmen – ausser Taini. Er stellt sich hinter seinen Vorgesetzten und erklärt: « Nach dieser desolaten Darbietung soll jeder vor der eigenen Türe wischen und nicht über andere lästern – schon gar nicht über den Trainer. »
Zu anständig oder zu emotionslos?
In den letzten Wochen sind dennoch regelmässig Interna aus der Kabine und dem Innenleben der Mannschaft publik geworden: Favre sei zu anständig, ein lieber Kerl und in seinen Entscheidungen oft zu zögerlich; er könne die Spieler zu wenig begeistern, er trage kein Feuer ins Team. Der Trainer, mit diesen Vorhalten konfrontiert, sagt nur: « Weshalb sollte ich die Spieler anschreien. Das sind doch alles erwachsene Profis. » Niemand spricht es explizit aus, aber es macht den Anschein, dass sich eine Kluft zwischen Favre und einzelnen Spielern aufgetan hat. Positive Resultate können jeden Graben zuschütten, nicht aber Ergebnisse wie ein 0: 5 im eigenen Stadion.
Die Frage ist auch, ob der mitunter zur Kompliziertheit neigende Trainer mit seinen Botschaften die Spieler immer erreicht. Beim FCZ, so ist aus Spielerkreisen zu vernehmen, sei der Dialog zwischen Trainer und Mannschaft mangelhaft, ja er finde zeitweise schlicht nicht statt.
Favre ist vorzuwerfen, dass er in seinen nunmehr bald zwei Jahren in Zürich nicht besser Deutsch gelernt hat. Dann nämlich wäre ihm ein Auftritt wie am Sonntag nach dem Spiel beim TV- Sender Sat 1 erspart geblieben, als er vom Moderator in rüder Weise interviewt wurde und sich wegen seiner sprachlichen Defizite nicht zu wehren wusste.
Für Favre ist es nichts Neues, beim FCZ in der Diskussion zu stehen. Im Herbst vor einem Jahr stand er vor der Entlassung, nur ein Cupsieg beim kleinen FC Meyrin rettete ihm den Job. Schon damals waren im Verwaltungsrat des FC Zürich die Ansichten über ihn geteilt. Es gab eine Pround eine Anti- Favre- Fraktion, sie bestehen noch heute. René Strittmatter, ein Banker aus Zürich, ist der grösste Befürworter von Favre und mit ihm befreundet. Guido Honegger, der Chef des Hauptsponsors green. ch und designierter Präsident nach der Ära von Sven Hotz, hält weniger vom Romand und soll über das 0: 5 gegen YB in höchstem Mass verärgert sein. In der Vergangenheit hielt Hotz stets die schützende Hand über seinen Trainer. Jetzt, da der Präsident seinen Abgang vorbereitet, schien das nur noch bedingt der Fall zu sein. Hotz hatte am Sonntag nach Spielschluss Favre kritisiert. Er warf dem Trainer vor, er habe die Mannschaft schlecht auf den Gegner eingestellt, und er müsse sich ein paar unangenehme Fragen gefallen lassen. Aussagen in dieser Tonalität waren bis anhin eher unüblich für den Gentleman Hotz.
Der Stimmungswandel von Hotz
Gestern Abend hatte sich Hotz beruhigt. Er erklärte, er habe mit seinen Worten im Letzigrund lediglich ein Zeichen setzen und gegenüber dem Trainer zum Ausdruck bringen wollen, wie sehr dieser in der Verantwortung stehe. Er wolle in den nächsten Tagen mit Favre das Gespräch suchen und ihm mitteilen, dass er im Verhältnis zu den Spielern offener und kommunikativer werden müsse.
Die Position von Favre stellt er jedoch nicht in Frage. Dezidiert hält er fest: « Lucien Favre ist am kommenden Sonntag unser Trainer gegen den FC Basel – und noch viele Spiele danach. » Von unzufriedenen Fussballern oder enttäuschten Kollegen aus dem Verwaltungsrat will sich Hotz nicht im Geringsten beeinflussen lassen.
Schliesslich ist noch immer er der Präsident – und der Mäzen, der den Grossteil der Rechnungen bezahlt.
« Favre ist unser Trainer gegen den FC Basel – und noch viele Spiele danach. »
SVEN HOTZ