"Wir sind klar im Abstiegskampf"
Der Auftakt zur Bundesliga-Rückrunde ist Hertha BSC gründlich mißlungen. darum gab es am Sonntag ein Krisentreffen. Trainer Lucien Favre sprach aus, was viele dachten: Hertha steht im Abstiegskampf. der rainer sparte nicht mit Kritik - auch an sich selbst.
Bei Hertha BSC läuft es normalerweise so: Am Tag nach einem Spiel beginnt der freie Sonntag nach dem Auslaufen gegen 12.00 Uhr. Am diesem Wochenende aber war es anders: Nach der Übungseinheit versammelten sich im zweiten Stock der Geschäftsstelle zu einem außerplanmäßigen Treffen Manager Dieter Hoeneß, Cheftrainer Lucien Favre, Co-Trainer Harald Gämperle und Michael Preetz, der Sportliche Leiter. Es ging um die 0:3-Heimpleite zum Rückrunden-Start gegen Eintracht Frankfurt. Die lässt Hertha vorerst nicht los.
Zwar stehen die Berliner weiter fünf Punkte vor den Abstiegsplätzen. Doch die Art, wie es zur zehnten Saisonniederlage kam, macht der Hertha-Spitze Sorgen. Trainer Lucien Favre sparte nicht mit Kritik: "Wir haben überhastet gespielt, die falschen Laufwege gewählt. Die Abstände zwischen den Spielern waren zu groß, wir haben Frankfurt zu viel Zeit gelassen." Dann sprach er aus, was viele denken: "Wir haben 20 Punkte nach 18 Spielen. Wir sind klar im Abstiegskampf. Ich habe keine Angst, das zu sagen."
Hoppla, das erlebt man nicht alle Tage. Der Trainer eines Tabellen-Zwölften ruft von sich aus den Abstiegskampf aus. So viel Offenheit ehrt Favre. Die Bange, dass Hertha in der Form des Frankfurt-Spiels ein potenzieller Absteiger ist, hat wohl mancher der 35.930 enttäuschten Zuschauer aus dem Olympiastadion mitgenommen.
Der Druck nimmt weiter zu
Die Frage ist, ob der Schweizer, der gerade seine erste Bundesliga-Saison bestreitet, mit dieser Offenheit gut beraten ist. In der Hinserie sagte Favres nach dem ersten Pflichtspiel (3:0 im DFB-Pokal in Unterhaching), die Qualität seiner Mannschaft reiche kaum für die Bundesliga. Die Aussage hing ihm bis in den Dezember nach.
Nun werden bis auf weiteres alle Medien über Favre berichten, der sein Team im Abstiegskampf sieht. Ohnehin ist die Situation schwierig. Hertha, seit fünf Liga-Partien ohne Sieg, spielt als nächstes bei Meister VfB Stuttgart. Mit dem öffentlichen Reden des Trainers über den Abstiegskampf nimmt der Druck auf alle Beteiligten weiter zu.
Der Trainer kritisiert sich selbst
Dabei hatte die Mannschaft um Neu-Kapitän Josip Simunic gegen Frankfurt verunsichert genug gewirkt. Mit Ausnahme von Marko Pantelic, Jaroslav Drobny sowie den soliden Malik Fathi und Pascal Bieler strahlte kaum ein Herthaner Selbstbewusstsein oder Zuversicht aus. Auch die Heimtaktik von Favre (Pantelic als einzige Sturmspitze) steht nicht unbedingt für Mut und Risikobereitschaft.
Der Trainer sieht auch die eigene Leistung kritisch: "Ich mache auch Fehler: Wer kann zusammen spielen, wer passt zusammen?" Man kann davon ausgehen, dass in Stuttgart eine andere Startelf auflaufen wird. Favre: "Ich weiß, dass ich jetzt Lösungen finden muss."
Marschrichtung für die kommenden Wochen
Bei Hertha ist man nicht glücklich über Favres Äußerungen in Sachen Abstiegskampf. Eine verunsicherte Mannschaft brauche Vertrauen und Zuwendung, nicht noch mehr Druck. Manager Dieter Hoeneß, der nach Niederlagen durchaus emotional werden kann, präsentierte sich nach dem 0:3 betont gefasst. Ja, das sei "eine große Enttäuschung". Abstiegskampf? Zugegeben, es sah aus, als lägen Welten zwischen Frankfurt und Hertha. "Aber das täuscht. Es ist eine Summe von Kleinigkeiten, die wir ändern müssen. Dann gewinnen wir auch wieder."
In dem Krisengipfel von Hoeneß, Favre, Gämperle und Preetz wurde die Marschrichtung der kommenden Wochen festgelegt: Die Transferperiode ist vorbei, es gibt kein Lamento mehr über fehlende Spieler. Das Trainer-Team konzentriert sich auf die Arbeit mit dem vorhandenen Kader. Keine öffentliche Kritik mehr an Schwächen, es geht darum, der Mannschaft zu vertrauen, den Spieler Mut zu ihren Stärken machen. Favre hingegen hat mit den Geistern zu kämpfen, die er aus der Flasche geholt hat. Ob er sich einem Abstiegskampf gewachsen fühle? "Oh, du musst jetzt ruhig bleiben. Wir müssen hart arbeiten. Und du musst das als Trainer beherrschen."
Stand: Sonntag, 3. Februar 2008, 23:39 Uhr
HERTHAS Trainer Favre – wie hart bestraft ihn der DFB?
Der rote Lulu
http://www.bz-berlin.de/BZ/sport/2008/0 ... 67568.html
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