Beitragvon Morgi » 22.06.04 @ 17:59
Artikel vom 22. Juni 2004, 17:40 Uhr / Quelle: Blick Online
Spuck-Affäre
Lämmli: «Der Fall Frei schadet allen»
COIMBRA – Die Spuck-Affäre um Alex Frei und noch lange kein Ende in Sicht. Ernst Lämmli, Delegierter der Nati, nimmt Stellung.
Wie erlebten Sie den Fall Alex Frei?
Ernst Lämmli: «Er hat uns, die ganze Delegationsleitung, zweimal angelogen. Er hat mit seiner Notlüge einen grossen Fehler gemacht, der ungeahnte Folgen auslöste. Plötzlich interessierte sich niemand mehr für den sportlichen Höhepunkt gegen Frankreich.»
Wollte die Delegationsleitung alles vertuschen?
«Eine glatte Unterstellung. Ich jedenfalls habe nichts verheimlicht. Ich habe Frei noch am Sonntagnachmittag gefragt, ob er Gerrard angespuckt habe. Er verneinte.»
Wie werten Sie sein Verhalten?
«Ich will nichts beschönigen. Er hat eine Notlüge begangen und wird dafür gebüsst. Aber man darf ihm daraus keinen Strick ziehen. Ich glaube, dass er im Affekt gehandelt hat. Seit bald vier Jahren arbeite ich in der U21- und in der A-Mannschaft mit Alex Frei zusammen. Er hat sich stets vorbildlich fürs Team engagiert und eingesetzt. Er leidet am meisten unter seinem Ausraster. Ich hoffe, ihn bald wieder in unserer Nationalmannschaft begrüssen zu können.»
Können Sie sein Verhalten wenigstens verstehen?
«Nein. Ich könnte nie etwas anstellen und dann nicht dazustehen, auch wenn dies negative Konsequenzen hätte. Ich habe ihn nie genötigt, etwas Falsches zu behaupten.»
Aber vielleicht andere?
«Auf was wollen diese Journalisten immer hinaus? Auf Sensationen, Diffamierungen? An einer Fussball-EM sollte doch der Fussball im Vordergrund stehen und nicht Nebenschauplätze.»
Der «Fall Frei» ist kein Nebenschauplatz. Er ist zu einem offenen Konflikt zwischen dem SFV und dem Schweizer TV ausgeartet, der zu einem Boykott von Spielern und Trainern gegenüber SF DRS führte und nun auch ein gerichtliches Nachspiel haben wird.
«In keinem Land der Welt wird doch Filmmaterial als Beweismittel gegen die eigene Mannschaft gesammelt. Eine solche Handlungsweise ist lächerlich...»
Aber ehrlich.
«Vielleicht. Ich stehe für Offenheit und Ehrlichkeit ein. Aber die Affäre ist für alle Beteiligten schlecht. Sie schadet dem Image des Schweizer Fussballs, sie schadet allen.»
Sie wirken gereizt.
«Mich nerven diese Unterstellungen und Behauptungen. Ich erfuhr erst in der Freitagnacht von diesem Vorfall und habe seither schlecht geschlafen. Ich wurde zuerst übergangen und nicht orientiert. Der Kommunikationschef gab bereits Interviews im Fernsehen, als ich von der leidigen Affäre noch gar nichts wusste. Ich habe dann meine Meinung klar geäussert. Auch mit dem Boykott gegenüber dem Fernsehen war ich nicht einverstanden. Der TV-Zuschauer soll doch nicht bestraft werden.»
Zum Sportlichen, Ihre Bilanz?
«Wir sind den realistischen Erwartungen gerecht geworden. Die Mannschaft hat stets totalen Einsatz gezeigt, gekämpft und gefightet und oft guten Fussball gespielt. Die Mannschaft hat geleistet, was sie zu leisten vermag. Dafür gebührt ihr ein Kompliment. Sie hat sich gut präsentiert und ihre Fortschritte dokumentiert. Sie hat aber ihre derzeitigen Grenzen erfahren. Nicht alle Spieler waren auf Top-Niveau.»
Was hat Sie denn besonders gefreut?
«Das kollektive Denken und Handeln der Mannschaft, selbst als sie zweimal in Unterzahl war, und die Art und Weise, wie sie die hektischen letzten Stunden vor dem Spiel gegen Frankreich weggesteckt hat.»
Welcher oder welche Schweizer Spieler war für Sie die Entdeckungen der EM?
«Spycher und Zuberbühler. Christoph Spycher hat drei Superspiele abgeliefert. Und Zuberbühler hat stets fleissig trainiert und sich in der Kabine und im Hotel unaufhörlich für die Mannschaft engagiert, obwohl er nie spielte. Vor solchen Spielern ziehe ich den Hut.»
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