Beitragvon camelos » 27.08.24 @ 8:28
Quelle Tagesanzeiger:
Emotionaler Ricardo Moniz
Nach dem Schirmwurf: Warum der FCZ-Trainer so polarisiert
Bei anderen Clubs war Ricardo Moniz im Schnitt kaum ein Jahr im Amt. In Zürich glauben die Verantwortlichen, dass er den FCZ auf ein anderes Niveau heben kann.
Am Ende stand sogar die Polizei vor dem Haus des Trainers des FC Zürich. Für alle Fälle.
Es ist beispiellos, was vor einer Woche beim Cupspiel in Zug geschehen ist. Dieser Schirmwurf des Vaters von Labinot Bajrami auf Ricardo Moniz, weil der seinen Sohn erst ein- und keine 20 Minuten später wieder ausgewechselt hat. Umso bemerkenswerter ist es, dass die öffentliche Meinung – soweit sie durch Onlinekommentare und soziale Medien abgebildet werden kann – nach einem derartigen Vorfall merkwürdig ambivalent bleibt.
Nicht dass der Austicker des Vaters Zuspruch erhalten würde. Doch es fällt auf, wie oft zugleich das Verhalten des Trainers infrage gestellt wird. Dabei ist Moniz so erfolgreich wie kein Coach vor ihm beim FCZ gestartet. Sieben Siege in seinen über die Sommerpause gezählten ersten acht Matches seiner Amtszeit bedeuten Vereinsrekord. In der aktuellen Saison stehen die Zürcher mit ihm nach vier gespielten Partien an der Spitze der Super League.
Eigentlich müsste Moniz unter den FCZ-Fans also unbestritten sein. Aber die emotionalen Auftritte an der Seitenlinie, die harte Hand, wenn Spieler sich auf dem Feld nicht seinen Erwartungen gemäss verhalten, seine Aussagen, die ohne Filter daherkommen: All das wird in Zürich ebenfalls registriert.
Und es stellt sich die Frage: Was treibt den FCZ-Trainer um? Warum tut er, was er tut? Weshalb müssen ihn drei Assistenztrainer zurückhalten, wenn er sich über einen Lausanne-Assistenten aufregt? Wieso hat er in den neun Partien dieser Saison schon dreimal einen Spieler wieder vom Feld beordert, den er kurz zuvor eingewechselt hatte?
Dabei ist es den Verantwortlichen beim FCZ wichtig, jeden Wechsel einzeln zu betrachten. Doron Leidners Herausnahme im Startspiel in Yverdon war demnach so etwas wie der Schutz eines nach einer schweren Verletzung noch überforderten Spielers. Jonathan Okita wurde Opfer seines fehlenden Abwehrwillens im Kampf um die Millionen in der Conference League. Und Bajrami schliesslich soll sich erst nicht an die Anweisungen gehalten und dann auch noch verbal abschätzig reagiert haben.
Für den Club also drei ganz unterschiedliche Fälle. Trotzdem bleibt das Resultat dasselbe: ein Spieler, dem für alle sichtbar mitgeteilt wird, dass seine Leistung ungenügend war. Und man wüsste schon gerne, woher der Hang zu dieser Massnahme kommt, die man konsequent nennen mag – oder unnachgiebig.
Moniz weiss, dass es mit ihm zum Clash kommen kann
Moniz redet derzeit nicht öffentlich. Aber der 60-jährige Niederländer hat sich in seiner Karriere oft genug erklärt. In Aussagen, die sich eins zu eins wiederholen oder sich zumindest stark ähneln, dass sie seine Überzeugungen widerspiegeln dürften. Drei Punkte stechen dabei heraus.
Da ist erstens die Sache mit der Diskussionskultur. Direkt und durchaus konfrontativ soll sie sein. Nicht nur von seiner Seite her – auch von den Spielern. In Zürich hat er bei seiner Vorstellung als Interimstrainer im Mai gesagt, mit ihm könne es schon mal zum «Clash» kommen, zum Zusammenstoss. Und angefügt, dass ihn das keineswegs störe. Da wusste er allerdings noch nichts von fliegenden Regenschirmen.
Wer zu nett ist, verliert Spiele
Woher dieser Glaube kommt, dass Reibung und starke Charaktere den Erfolg bringen, hat er vor drei Jahren in einem Podcast geschildert. Stürmer Ruud van Nistelrooy habe ihm einmal die Erfolge von Manchester United unter Manager Alex Ferguson erklärt.
Nicht die Qualität der Trainings sei entscheidend gewesen. Sondern, dass Ferguson nur Spieler verpflichtet habe, die unbedingt gewinnen wollten. Moniz selber war in der Blütezeit der United von 2005 bis 2008 Technikcoach beim Ligakonkurrenten Tottenham und stellte im Vergleich fest: «Wir dagegen hatten nette Jungs. Wir waren zu nett.»
Ein zweites Wort, das er selber immer wieder verwendet, ist «kompromisslos». Wer nicht immer hundert Prozent gibt, verliert Spiele. Wer sich als Nachwuchsspieler nicht tagtäglich reinhängt, ist verwöhnt und verpasst die Karriere. «Erfolg gibt es nur über Härte», sagte er in einem Interview mit dem Sportportal Spox. Nach diesen Kriterien setzt er Spieler ein – und wechselt sie auch wieder aus.
Drittens kommen «Philosophie» und «Loyalität». Ein Club muss für ihn eine klare Idee haben, die er von den Jüngsten im Nachwuchs bis ins erste Team durchzieht. «Eine DNA», nennt er das jeweils. Und der Verein muss felsenfest hinter ihm als Cheftrainer stehen.
Rücktritte aus eigenem Antrieb
Weil Moniz selber konsequent ist, geht er auch schon mal von selber, wenn es für ihn nicht mehr passt. «Ich erwarte absolute Loyalität gegenüber mir und meiner Philosophie», hat er 2018 über seinen Abgang bei Salzburg gesagt, «diese habe ich nicht mehr gespürt. Deshalb ergab es aus meiner Sicht keinen Sinn mehr, weiterzumachen.»
Bei Trencin trat er nach knapp vier Monaten zurück, nachdem er immer wieder mit den slowakischen Schiedsrichtern aneinandergeraten war und glaubte, die Resultate würden darunter leiden. «Ich habe das Gefühl, dass der Verein unter meiner explosiven Art leidet», schrieb er zum Abschied.
Keine Angst vor Konflikten, der unbedingte Glaube an die eigenen Ideen, keine Lust auf Kompromisse und ein hoher Loyalitätsanspruch: Mit diesem Profil war er seit 2011 bei elf Clubs im Schnitt jeweils weniger als eine Saison lang als Cheftrainer im Amt.
Beim FC Zürich ist die Führung überzeugt, dass Ricardo Moniz genau mit diesen Eigenschaften den Club auf ein höheres Niveau heben kann.
5.2.22 Derby GCN-FCZ 1:3
Transpi in der SK:
ZÜRI SINDER NO NIE GSI, JETZT SINDER NÖD MAL ME GC