Beitragvon King » 01.06.07 @ 7:44
1. Juni 2007, Neue Zürcher Zeitung
Kopf- oder Herz-Entscheid?
Der FCZ-Trainer Favre im Zwiespalt
rwe. Verlässt er den FC Zürich, oder bleibt er ihm erhalten? Die Spekulationen über die sportliche Zukunft von Lucien Favre reissen nicht ab. René Strittmatter, enger Freund des FCZ-Trainers und Delegierter des Verwaltungsrates, begegnet der Situation eher entspannt: «Favre hat bisher nichts von einem Wechsel gesagt, ergo gehe ich davon aus, dass er den bis 2008 datierten Vertrag im FCZ erfüllt.» Nicht alle teilen diese bewusst diplomatisch gehaltene Meinung eines Mannes, der kein Geschirr zerschlagen will. Der Sportchef Fredy Bickel beispielsweise ist sehr enttäuscht darüber, von Favre angelogen worden zu sein. Der Trainer habe davon gesprochen, in die Ferien reisen zu wollen - doch zu diesem Zeitpunkt seien die Gespräche mit Hertha BSC bereits fix terminiert gewesen.
Aus Berlin war am Donnerstag zu vernehmen, Favre habe um einen weiteren Tag Bedenkzeit gebeten. Dass ihm dieser gewährt wurde, ist ein klares Indiz für das Ansehen Favres - ebenso für die Hoffnung, die in der deutschen Hauptstadt in ihn gesetzt wird. Dieter Hoeness, der Manager, steht stark unter Druck; er ist überzeugt, mit der Verpflichtung Favres wieder Terrain wettmachen zu können. Allzu viele Trainer-Namen befinden sich nicht auf Hoeness' Liste; wie der 1. FC Köln oder Borussia Mönchengladbach zählt die Hertha in Deutschland zu den «untrainierbaren» Klubs. Hoeness hofft, Favre möge ihm zu einem Befreiungsschlag verhelfen.
Interessanterweise gilt Favre, was wohl ziemlich unbekannt ist, als grosser Bewunderer Berlins, und zwar schon seit einigen Jahren. Er sammelte viele Informationen über Deutschlands Hauptstadt und wünschte sich stets einen Wechsel zur Hertha. Ohnehin zieht es den Romand Favre erstaunlicherweise beruflich eher in das nördliche Nachbarland als nach Frankreich. Wie er einem engen Freund anvertraut hat, ortet er in Deutschland enormes fussballerisches Potenzial. Er vermutet, dass er in der Bundesliga im taktisch-spielerischen Bereich einiges bewirken könnte. Doch nun steht er vor einem Dilemma. «Der Kopf sagt ja zu einem Wegzug von Zürich, das Herz nein.» Favre erwähnt Harald Gämperle, den Assistenten im FCZ, und Bickel, die er nicht enttäuschen möchte. Doch wenn nicht alles täuscht, wird Favre seinem Kopf folgen.
Viele sind besessen - doch glücklich ist, wer einen sitzen hat.