schwizermeischterfcz hat geschrieben:Krise im FC Zürich
Der Präsident braucht Hilfe
Kommentar von Christine Steffen 12.5.2016, 19:55 Uhr
Das Ehepaar Canepa leistet sich mit dem FCZ seinen eigenen Kosmos. Wählt es weiter den Alleingang, droht der Kollaps.
KOMMENTAR

Es gibt ein Wort, das der FCZ-Präsident Ancillo Canepa häufig braucht: «ahnungslos». Er wendet es gerne bei all jenen an, die seine Führungspolitik hinterfragen und kritisieren. Ahnungslos darum, weil die Skeptiker die Hintergründe der Entscheide nicht kennen. Aufklärung mag er aber nicht liefern; Interna nach aussen zu tragen, hat er auch schon als «Todsünde» bezeichnet. So haben sich Ancillo Canepa und seine Frau Heliane ihren eigenen Kosmos geschaffen, und wenn sie auch betonen, immer im Team zu entscheiden: Die Weichen im FCZ werden heute am Küchentisch des Ehepaars gestellt.
Die Fokussierung entstand aus einem Machtkampf. Im November 2012 vereitelten die Canepas nach langen aufreibenden Kämpfen im Verwaltungsrat einen Putschversuch des damaligen Vizepräsidenten Gregor Greber. Seither sehen sich die Canepas als Retter des Klubs, mit diesem Selbstverständnis agieren sie. Tatsächlich würde es den FCZ in der heutigen Form ohne das Ehepaar, das 90 Prozent des Aktienkapitals hält, nicht mehr geben. Doch die Machtballung hat bei den Besitzern zu einer Realitätsverzerrung geführt. Sukzessive haben sie Fachkompetenz abgebaut, Canepa hat sich mit der Aneignung des Amts als Sportchef eines wichtigen Korrektivs beraubt. Das Resultat ist eine schlecht zusammengestellte Mannschaft und eine völlig missglückte Trainerwahl.
Dabei wäre gerade Canepa auf Fachleute angewiesen. Niemand bezweifelt, dass ihm der FCZ viel bedeutet, niemand kann ihm die Passion für den Fussball absprechen. Doch gerade die Emotionalität verleitet ihn zu Missgriffen. Viel zu oft entscheidet der Fan mit dem brennenden Herzen, nicht der Präsident mit dem kühlen Kopf. Die unbedachte Politik hat nicht nur eine Mannschaft ohne Charakter hervorgebracht, sondern auch einen gesichtslosen Klub. Was ist der FC Zürich, und wofür steht er? Heute vor zehn Jahren, am 13. Mai 2006, war der FCZ das elegante Überraschungsteam, das nach einem Vierteljahrhundert des Dahindümpelns den FC Basel vom Sockel stiess. Elegant und frech ist er schon lange nicht mehr. Aber es mangelt ihm auch sonst an Anknüpfungspunkten. Die besten Junioren verlassen den Klub, Paniktransfers, wie beim alternden Russen Alexander Kerschakow, sollen das Unheil abwenden, das sich die Führung eingebrockt hat. Identifikationsfiguren fehlen.
Die Canepas leisten sich ihren eigenen Kosmos. Das ist legitim. Und trotzdem ist ein Fussballklub nicht einfach eine Firma, in der befiehlt, wer die Rechnungen zahlt. Ein Fussballklub ist auch ein Stück Kulturgut, das vielen gehört. Um es zu retten, brauchen Ancillo und Heliane Canepa Hilfe von aussen.
Sehr treffender Artikel bis auf die Bezeichnung Paniktransfer für die Verpflichtung von Kershakov. Mit dem "plötzlichen" Stürmermangel und der Chance einen gestandenen Goalgetter auszuleihen war dies meiner Meinung nach eine nachvollziehbare Entscheidung.