fischbach hat geschrieben:Canepa in der NZZ zu den Kaderveränderungen.
Ancillo Canepa, der FC Zürich hat Anfang Jahr mitgeteilt, dass Davide Chiumiento, Berat Djimsiti, Leandro Di Gregorio und Amine Chermiti nicht mehr zum Kader gehören. Was haben die vier Spieler falsch gemacht?Sie haben nichts falsch gemacht, sie haben sich auch nichts zuschulden kommen lassen. Es sind keine disziplinarischen Gründe. Wir haben unser Kader für die Rückrunde und für die nächste Saison geplant. Und in diesen Plänen spielen sie nach Absprache mit dem Cheftrainer Sami Hyypiä keine Rolle mehr. Zumal es teilweise auch Spieler sind mit auslaufenden Verträgen.
Warum hat es genau diese vier getroffen?Hyypiä hat einfach den Eindruck gewonnen, dass sie nicht die Leistung abrufen können, die er erwartet.
Der Trainer hat Ihnen im Winter also eine Liste vorgelegt mit Spielern, mit denen er keine Zukunft mehr sieht.Am Ende ja. Aber das war ein gemeinsamer Entscheidungsprozess.
Haben Sie nie Bedenken, dass Hyypiä vielleicht zu viel Einfluss haben könnte?Hoffentlich hat er Einfluss. Alles, was er vorschlägt, macht Sinn. Ich bin froh, habe ich jetzt einen Trainer, der in vielen Dingen genau gleich konsequent denkt wie ich. Unsere Philosophien stimmen in vielerlei Hinsicht überein. Als Trainer ist man heutzutage im Profi-Geschäft halt auch Erzieher. Es ist vielleicht vergleichbar mit einem Zug in der Rekrutenschule: 25 Leute, Korporale, ein Leutnant, ein Kompaniekommandant. Wenn jedermann den Tarif kennt, hat man keine Probleme.
Das heisst, der FC Zürich wird jetzt militärisch strukturiert.Nein, aber klare Strukturen und Regeln müssen sein. Und man muss auch den Mut haben zu intervenieren, wenn etwas nicht funktioniert. Wenn man die Zügel schleifen lässt, ist man verloren. Dass Hyypiä alles im Griff haben würde, wusste ich von Beginn weg.
Obwohl Sie ihn erst so kurz kennen?Schon beim ersten Mal, als wir uns getroffen haben, hatte ich das Gefühl, als ob wir uns schon jahrelang kennen würden. Wir haben uns sofort vertraut. Hyypiä ist ein absoluter Spitzenmann.
Warum haben Sie sich auch von Chiumiento getrennt? Er war ein erklärter Lieblingsspieler von Ihnen, und er hat noch einen Vertrag bis 2017.Ob jemand ein Lieblingsspieler von mir ist oder nicht, spielt keine Rolle. Am Ende des Tages geht es um Leistung und Mentalität. Und in dieser Hinsicht hat Hyypiä sehr hohe Ansprüche. Das schätze ich. Gewisse Mutationen hätte ich gern schon vor einem Jahr vorgenommen. Aber ich kann und will so etwas ja nicht gegen den Willen eines Trainers durchdrücken.
Müssen wir aus Ihren Worten schliessen, dass Chiumiento nicht die richtige Berufseinstellung hatte?Nein, das kann man so nicht sagen. Aber dass Davide Chiumiento nicht unbedingt ein Spieler ist, der durch seine Athletik imponiert, ist offensichtlich. Er ist technisch überdurchschnittlich gut und spielt intelligent. Das Spiel von Hyypiä verlangt aber mehr, auch extreme körperliche Fitness. Und da hatte Chiumiento gewisse Defizite.
Tut es Ihnen nicht weh, ausgerechnet einen solchen Spieler wie Chiumiento fortzuschicken? Sie haben immer von ihm geschwärmt,Jeder Fussball-Ästhet hat Spieler wie ihn gern. Chiumiento ist etwas vom Besten, das der Schweizer Fussball hervorgebracht hat. Kenner wissen das. Aber im heutigen Fussball muss man auch überdurchschnittlich fit sein.
Bedeutet dies auch, dass der FCZ von einer technischen, verspielten Mannschaft zu einer athletischen werden soll?Nein, nicht der FCZ verändert sich, der Fussball per se wandelt sich. Es gibt heute Teams, die technisch hochstehenden Fussball bieten – der FC Bayern, Barcelona, zeitweise Dortmund. Aber diese Teams sind auch physisch absolut top. Nur wenn man hundertprozentig fit ist, kann man überhaupt so Fussball spielen, wie es mir und vielen Ästheten gefällt. Wir haben letzte Saison erfahren, was es bedeutet, wenn man athletische Defizite hat: 20 Punkte haben wir in der letzten Spielminute verloren.
Wenn man im Winter vier Spieler aussortieren muss, zeugt dies nicht von einer langfristigen Planung. Es sieht aus wie ein Notfall. Einverstanden?Das stimmt überhaupt nicht. Es war keine Notfall-Aktion. Drei der vier haben auslaufende Verträge. Und der Leistungsausweis dieser Spieler im Herbst hat uns nun wirklich nicht zur Überzeugung gebracht, man müsse unbedingt weiterhin auf sie setzen.
Insgesamt gehören seit dem Ende der Vorrunde sieben Spieler nicht mehr zum Kader. Das ist ein starker Eingriff. Zumal Sie immer betont haben, das Kader sei gut zusammengestellt.Ich höre die Unkenrufe schon, die behaupten, das Kader sei schlecht zusammengestellt. Aber es stimmt nicht.
Sie trennen sich von sieben Spielern und behaupten weiterhin, das Kader sei klug zusammengestellt gewesen?
Es sind immer auch Momentaufnahmen. Man kann die Leistungskurven der Spieler leider nicht immer voraussehen. Nehmen Sie die Defensive: Auf dem Papier ist sie gut. Aber wenn Verteidiger individuelle Aussetzer haben . . .
. . . so wie Djimsiti gegen GC . . .. . . dann kann ein Kader noch so gut zusammengestellt sein, sorry. Wenn solche Fehler passieren, ist man ein Stück weit machtlos.
Waren die Abgänge von Mario Gavranovic und Christian Schneuwly geplant?Es war mit beiden Spielern abgesprochen, dass es mittelfristig Veränderungen gibt bei ihnen. Wir haben die Abgänge im Winter nicht forciert, wollten ihnen aber auch nicht im Weg stehen.
Ist es nicht riskant, mit nur noch zwei Stürmern in die zweite Saisonhälfte zu gehen? Nur mit Franck Etoundi und dem Russen Alexander Kerschakow?Wir haben im Nachwuchs Spieler, die auf dieser Position spielen können. Und es gibt zum Beispiel auch Oliver Buff, der schon bewiesen hat, dass er diese Rolle beherrscht.
Wie ist der FCZ eigentlich auf Kerschakow gekommen?Da hat mein internationales Netzwerk geholfen.
Es reicht bis nach Russland?Ja, ich habe auch Kontakte zum russischen Fussballverband. Dort ist die Idee entstanden, Kerschakow mit dem russischen Nationalteam an die EM zu bringen. Dafür muss er aber häufiger spielen als zuletzt in St. Petersburg. Man hat sich also gefragt, welche Vereine in Europa infrage kommen könnten. Und dann hat man mit mir Kontakt aufgenommen.
Wie kann ihn sich der FCZ leisten?Zenit ist uns sehr entgegengekommen.
Kerschakow ist bis im Sommer ausgeliehen. Gibt es Perspektiven darüber hinaus?Wir haben zwar keine offizielle Option, aber sein Vertrag mit Zenit läuft Ende Saison aus. Da ist vieles denkbar.
Und welche Lösungen sucht man mit den aussortierten Spielern?Wir wollen bei einem Transfer helfen. So wie das mit Djimsiti gelungen ist.
Mit ihm haben Sie den Vertrag aufgelöst und auch auf Geld verzichtet.Ja.
Dass Sie Geld verlieren, ist Ihnen gleichgültig?Grundsätzlich nein, in diesem konkreten Fall ja.
Angenommen, Sie finden keine Lösung und die Spieler müssen im FCZ bleiben. Ist das juristisch nicht heikel?Nein. Im Vertrag ist vorgesehen, dass ein Spieler auch in der zweiten Mannschaft trainieren kann, sofern professionelle Trainingsbedingungen herrschen. Das ist beim FCZ der Fall. Sie trainieren zwei Mal pro Tag, ein Mal in einer separaten Trainingsgruppe, ein Mal in der U-21-Mannschaft. Aber es ist sicher auch im Interesse der Spieler, dass sie auf die Rückrunde hin wieder bei einem anderen Verein spielen können.
Wie realistisch ist das?Wir haben für alle drei Anfragen. Ich denke, alle drei werden auf die Rückrunde hin einen neuen Klub finden. Und sonst spielen sie in der U 21 mit.
Verlangen Sie eine Ablösesumme?Verschenken werden wir sie nicht. Aber wir werden entgegenkommend sein.
http://www.nzz.ch/sport/fussball/wie-in-der-rekrutenschule-1.18682128