Sparen mit schlechter LauneDer FC Zürich verbucht ein Defizit und braucht frisches Geld. Von Stephan Ramming
Früher war er auf teures Papier gedruckt, er war dick und farbig, und um die Zahlenkolonnen aufzulockern, gab es bunte Fotos. Darauf war oft der FCZ-Präsident Ancillo Canepa abgebildet. Fröhlich lachte er mit dem Trainer Urs Fischer, die beiden hatten sich gerade etwas Lustiges erzählt. So war das früher mit den Geschäftsberichten des FC Zürich. Heute ist vieles anders.
Statt gemeinsam zu lachen, verhandeln Anwälte zwischen Fischer und Canepa, auch mit Fischers Nachfolger Fringer streitet der FCZ noch immer um einige hunderttausend Franken. Und der Geschäftsbericht 2012, der am Montag an der Generalversammlung vorgestellt wird, ist nicht mehr ein farbiges Zeugnis von stolzen Erträgen wie 2009, als Canepa über 52 Millionen Umsatz ausweisen konnte, sondern ein Papier, das für 2012 nur noch 27,4 Millionen Ertrag bilanziert und einen Verlust von 1,1 Mio. Früher erläuterte Canepa, einst Wirtschaftsprüfer bei Ernst & Young, gerne auch persönlich die FCZ-Zahlen, heute schweigt er. Nur Aktionäre dürfen Einblick ins Zahlenwerk nehmen. Es soll zu Uneinigkeiten mit der Revisionsstelle KPMG gekommen sein. Der Bericht wird nicht mehr publiziert. Werbung für den FCZ dürfte er ohnehin nicht sein.
Wie auch immer die Details des Geschäftsberichtes aussehen, er wird trotz der Geheimnistuerei im Vorfeld wohl von der GV gutgeheissen. Denn nach wie vor ist es Canepa, der in der Hauptsache den FCZ finanziell trägt. Hinter dem Defizit von 1,1 Millionen verbergen sich viel höhere Fehlbeträge, kolportiert werden zwischen 12 und 15 Millionen, die allein der FCZ-Präsident seit seinem Amtsantritt 2006 für den Klub ausgegeben haben soll. Nun aber ist Sparen angesagt, nachdem der Klub im Zuge der Champions-League-Teilnahme 2009/2010 über seine Verhältnisse gelebt hat. Der FCZ braucht frisches Geld und sieht bereits wieder eine Kapitalerhöhung von 2,7 Mio. vor, die zur Hauptsache wiederum Canepa berappen dürfte. Gleichzeitig wird an allen Ecken und Enden zusammengestrichen. Von zwanzig bis dreissig Prozent ist zu hören, um die der im Februar eingesetzte CEO Claudio Ammann das Budget kürzen muss. Für die kommende Saison sollen noch 16 oder 17 Millionen zur Verfügung stehen gegenüber weit über 20 Millionen vor einem Jahr. Ammann bestätigt per E-Mail die Budgetkürzung von «rund 20 Prozent», absolute Zahlen würden «nicht kommuniziert».
Mit den Abgängen von teuren Spielern wie Ludovic Magnin, Andrea Guatelli oder Mathieu Béda, den zu YB gegangenen Trainern Harald Gämperle und Erich Hänzi ist die Lohnliste entlastet. Auch dem im Unterhalt kostspieligen Jorge Teixeira, einst von Canepa als «Champions-League-Verteidiger» bezeichnet, werden keine Steine in den Weg gelegt für einen Wechsel. Geld bringen könnte der Verkauf von Josip Drmic; der fragile Yassine Chikhaoui ist noch immer weit davon entfernt, die Investition auch nur annähernd zu refinanzieren. Als eine Gratiszeitung unlängst meldete, Canepa biete via Berater das halbe Kader zum Verkauf feil, reagierte Canepa ungehalten und drohte in einer offiziellen Mitteilung mit rechtlichen Schritten. Der Präsident ist an vielen Spielern privat beteiligt und hat einen Teil der Rechte an eine Finanzgesellschaft abgetreten. Trotz den Einnahmen aus der Champions League und den 15 Millionen aus den Transfers von Ricardo Rodriguez, Admir Mehmedi, Dusan Djuric oder Adrian Nikci bleibt ein Defizit. Das macht schlechte Laune.
Gute Laune herrscht dagegen rund um die erste Mannschaft. Sie versöhnte unter dem neuen Trainer Urs Meier als zweitbeste Mannschaft der Rückrunde für die Wirren in der Führung. Dort soll nun der Adecco-CEO Michael Agoras als neuer Verwaltungsrat mit seinem Beziehungsnetz frische Geldquellen erschliessen. Marco Bernet, der technische Direktor, hofft auf einen guten Saisonstart, damit wenigstens sportlich Ruhe herrscht. Und vielleicht gelingt ja auch der schwierige Parcours in die Gruppenspiele der Europa League. Dort gäbe es mit etwas Losglück auch wieder etwas Geld zu verdienen, für eine aufgehübschte Bilanz im Geschäftsbericht 2013.
Quelle:
http://webpaper.nzz.ch/2013/06/23/sport ... 905d69e346