Trainer Lucien FavreSo bastle ich an der Meister-HerthaLulu hat vor der zweiten Saison in Berlin ein "gutes Gefühl"Aus dem Trainingslager berichtet Andreas Baingo
Stegersbach - Lucien Favre (50) ist so locker wie noch nie. Vor seinem zweiten Jahr als Trainer von Hertha BSC sprüht der Schweizer vor Eifer und Zuversicht. Für die kommende Spielzeit hat er "ein gutes Gefühl". Im KURIER-Interview spricht Favre über seine neuen Ziele und Pläne und darüber, wie er die Meister-Hertha bastelt.
?Wann werden Sie mit Hertha Meister, Herr Favre?
!Das kann ich so nicht sagen. Ich habe Vertrag über drei Jahre, das Ziel ist klar. Mein Wunsch ist es, im UEFA-Cup zu spielen und Schritt für Schritt eine Mannschaft aufzubauen, die um den Titel mitspielt.
?Was macht Sie da so sicher?
!Ich habe Vertrauen in mich und in alle anderen. Ich kenne jetzt alles viel besser als vor einem Jahr. Ich bin in Berlin angekommen.
?Die Konkurrenz schläft nicht.
!Von Bayern bis zu Stuttgart, dazwischen Schalke, Bremen, Hamburg und viele andere wollen das auch. Wolfsburg hat schon wieder für 25 Millionen Euro eingekauft, Dortmund für 12. Trotzdem bin ich voller Vertrauen.
?Obwohl Hertha noch immer ziemlich stark holpert?
!Das macht mir keine Angst. Die Situation war für mich überall schwierig. Überall habe ich defensiv spielen lassen, überall habe ich unattraktiv spielen lassen. Das ist mir egal. Ich weiß, dass das nicht jedem gefällt, ich bin ja nicht dumm. Aber ich arbeite so, als ob ich zehn Jahre im Verein bleibe und etwas aufbaue.
?Zehn Jahre auf einen Titel zu warten, das wird in Berlin nicht klappen.
!Völlig klar. Bisher war jeder Verein schwierig, doch Hertha ist was besonderes. In einer Hauptstadt gibt es immer eine spezielle Erwartung. Berlin ist was in Europa und in der Welt – und will es auch im Fußball werden.
?Berlin baut aber auch einen speziellen Druck auf. Ist der nicht manches Mal unerträglich?
!Druck ist immer da. Er ist in der Schweiz nicht kleiner als in Deutschland, glauben Sie mir. Ich habe keinen speziellen Druck, ich habe mehr Angst vor einer Krankheit als vor dem Druck im Fußball.
?Sie haben gleich vier 17- und 18-jährige Spieler aus Herthas A-Jugend geholt. Wird der Druck da nicht noch größer?
!Im Gegenteil. Wir müssen in dieser Richtung weitermachen. Das bringt Hertha ein gutes Image, das bringt auch mir ein gutes Image.
?Bringt es aber auch Erfolg?
!Vor allem braucht Hertha eine Seele aus Berlin, eine Seele aus deutschen Spielern oder solchen, die bei uns ausgebildet wurden. Das schafft Identifikation. Wir machen keine Geschenke, wir nehmen die Spieler nicht, weil sie Berliner, sondern weil sie gut sind und uns weiterbringen. Punkt!
Hertha-Trainer Lucien Favre bei der Arbeit.
City-PressBerliner Kurier, 14.07.2008