Dieter Hoeneß: "Wer nicht mitzieht, kann gehen"
Der Manager über den Schweizer Lucien Favre und die Suche nach neuen Spielern
Von Dirk Banse
Herthas Manager Dieter Hoeneß hat derzeit gut lachen. Das Tauziehen mit dem FC Zürich um Trainer Lucien Favre entschied er für sich
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Die wichtigste Personalie hat Dieter Hoeneß geklärt. Mit dem Schweizer Lucien Favre gelang es dem Manager, den Wunschtrainer zu verpflichten. Nun sucht Hertha noch nach Verstärkungen für die kommende Saison. Die Berliner Morgenpost sprach mit ihm über den Stand der Spielersuche, das Ringen um Favre und die Schwachstellen im Team.
Berliner Morgenpost: Herr Hoeneß, warum war ausgerechnet Lucien Favre Ihr Wunschkandidat?
Dieter Hoeneß: Es war uns wichtig, dass der neue Trainer Deutsch spricht, eine moderne Spielauffassung hat und gut mit jungen Leuten umgehen kann. Das heißt, er sollte schon offensiv spielen lassen und auch mit Spielern unterschiedlicher Nationalität umgehen können. Favre erfüllt alle diese Kriterien und hat dazu noch Erfolge vorzuweisen. Den Pokalsieg und zwei Meistertitel holt man auch in der Schweiz nicht so ohne weiteres. Zudem ist Lucien Favre ein Mann, der langfristige Ziele verfolgt.
Es war aber offenbar nicht leicht, den Top-Kandidaten nach Berlin zu holen. Die Verhandlungen haben sich lange hingezogen...
Das täuscht ein wenig. Wir wollten uns korrekt verhalten und haben deshalb mit einer direkten Kontaktaufnahme gewartet, bis die Saison in der Schweiz beendet war. Keinesfalls wollten wir den Kampf des FC Zürich um die Meisterschaft stören. Nachdem der Klub den Titel geholt hatte, begannen erst die Gespräche. Es hat dann noch eine Woche bis zur Entscheidung gedauert. Nach einem Treffen in Zürich, dann in Berlin und letztlich in Lausanne war dann alles entschieden. Lucien Favre hat es sich nicht leicht gemacht, doch unsere Argumente waren überzeugender.
Gilt das auch für Co-Trainer Harald Gämperle?
Natürlich will ihn Favre mit nach Berlin nehmen, da sie in der Schweiz sehr erfolgreich zusammengearbeitet haben. Wir wollen ihm diesen Wunsch gern erfüllen, aber Herr Gämperle hat in Zürich noch bis 2008 Vertrag. Deshalb kommt Hertha nur eine passive Rolle zu. Ich hatte nach einem Gespräch mit ihm den Eindruck, dass er gern nach Berlin kommen würde. Mal sehen, ob der FC Zürich ihn gehen lässt. Möglich ist auch, dass er dort kündigt.
Hertha sucht noch nach Verstärkungen. Warum wurde bislang nur Torhüter Jaroslav Drobny vom VfL Bochum verpflichtet?
Wir hatten von Anfang an vor, den neuen Trainer in die Spielersuche einzubinden. Es wäre nicht korrekt gewesen, Lucien Favre vor vollendete Tatsachen zu stellen. Wir stimmen jetzt alles ab, suchen gemeinsam nach einen Stürmer, einem Spieler fürs zentrale Mittelfeld und einen Verteidiger. Da der Trainer sich erst einmal persönlich ein Bild von der Mannschaft machen will, werden wir keinen Spieler vor dem Trainingsauftakt am 25. Juni verpflichten.
Was müssen denn die neuen Spieler für Kriterien erfüllen?
Sie müssen in die Mannschaft passen und auf den jeweiligen Positionen wirkliche Verstärkungen sein. Sehr wichtig ist auch, dass sie charakterlich einwandfrei sind. Das schließt ein, dass sie sich voll und ganz mit Hertha identifizieren müssen.
Bei einigen Spielern hatte man diesen Eindruck in der abgelaufenen Saison nicht...
Das stimmt. Deshalb verlangen wir von allen, dass sie sich in der kommenden Spielzeit für den Verein zerreißen werden. Wer das nicht macht, wird mit Konsequenzen rechnen müssen. Das kann auch die Trennung bedeuten.
Meinen Sie damit auch Führungsspieler wie Marko Pantelic und Josip Simunic, die in der letzten Saison für Unruhe sorgten?
Ich glaube bei beiden, dass sie sich ändern wollen. Sie haben mir versichert, wieder eine eingeschworene Truppe werden zu wollen. Und Spieler wie Arne Friedrich, Gilberto, Malik Fathi, Pal Dardai und Mineiro stellen sich sowieso in den Dienst der Mannschaft.
Lucien Favre brauchte in Zürich Anlaufzeit, ehe sich die Erfolge einstellten. Gibt ihm Hertha diese?
Von unserer Seite sowieso. Aber auch die Fans und die Medien haben sehr positiv auf die Verpflichtung reagiert. Lucien Favre hat Kredit. Und man weiß, dass er nach einer gewissen Eingewöhnungszeit Mannschaften zu Erfolgen führen kann.
Aus der Berliner Morgenpost vom 16. Juni 2007