11. September 2004, 02:29, Neue Zürcher Zeitung
Fehlende EM-Spiele wirken sich dramatisch aus
Zürich entgehen über 50 Millionen Franken
mbm. Die Wahrscheinlichkeit, dass in Zürich an der Fussball-Europameisterschaft 2008 Spiele stattfinden werden, ist nur mehr verschwindend klein. Seit die Credit Suisse bekannt gegeben hat, dass sie als Bauherrin wegen der Rechtsunsicherheit vor Bundesgericht geht und das neue Fussballstadion nicht rechtzeitig fertig wird, ist der Traum der EM-Stadt Zürich geplatzt (NZZ 9. 9. 04). Die vom Zürcher Stadtrat lancierte «Hoffnungsvariante», den Neubau des Letzigrunds vorzuziehen, steht schon heftig in der Kritik und hat kaum Aussichten auf Erfolg.
Die Stadt Zürich verliert aber nicht nur die drei geplanten Vorrundenspiele der EM, sondern ihr entgehen auch mehr als 50 Millionen Franken. Diese Summe würden die drei Spiele im 30 000-plätzigen Stadion an Wertschöpfung bringen, hat Zürich Tourismus hochgerechnet. Wie Marketingleiter Maurus Lauber auf Anfrage sagt, trifft der Ausfall vor allem Hotels, Gastronomie- und Transportunternehmen sowie Geschäfte. Man könne davon ausgehen, dass rund zwei Drittel der Zuschauer ausländischer Provenienz wären und in der Stadt oder ihrer näheren Umgebung übernachten würden. Zudem kämen viele Leute ohne Billett nach Zürich, um einfach die EM- Stimmung zu geniessen. Nicht zu vergessen seien die Tagestouristen aus der Schweiz und dem nahen Ausland. Ohne EM-Spiele gebe es weniger Begleitveranstaltungen und Partys.
Zürich Tourismus hätte mit Packages auch versucht, dass Fussballfans in Zürich genächtigt und von hier aus als Tagesausflug Spiele in Bern und Basel besucht hätten. Nebst den finanziellen Einbussen bedauert Lauber auch den Imageverlust Zürichs im Ausland. Die Bemühungen, die Stadt als lebendig, innovativ und sportlich zu präsentieren, hätten einen Rückschlag erlitten. Stattdessen werde im Ausland das Bankenimage zementiert. Gemäss der Einschätzung von Robert Blancpain, Wirtschaftsförderer der Stadt Zürich, ist die Hochrechnung von Zürich Tourismus durchaus realistisch, was die erwähnten Branchen anbelangt. Wenn man aber die ganze hiesige Volkswirtschaft mit einbeziehe, liege die fehlende Wertschöpfung mit Sicherheit noch um einiges höher als bei den 50 Millionen Franken. Ein Ereignis von der Grössenordnung der Fussball-Europameisterschaft kurble den lokalen Umsatz ganz generell an.