Schlechte Flanken
Vor dem Spiel: Die 11 FCZ-Spieler, welche das Spiel gegen die Insekten beginnen werden, üben einen einfachen Spielzug: Steilpass entweder auf der linken oder rechten Seite Richtung Eckfahne zu einem Flügelspieler, der dem Ball nachsprintet und ihn mit dem äusseren Fuss flankt. Im Strafraum bewegen sich ein oder zwei Spieler ungefähr zwischen Penaltypunkt und Fünferlinie zum hereingegebenen Ball und versuchen mit einem direkten Schuss oder Kopfball, ein Tor zu erzielen. Torhüter Leoni steht auf der Linie und versucht, das Tor zu verhindern. Resultat: ungefähr jeder fünfte Ball erreicht den Adressaten präzis und auf einer verwertbaren Höhe, jeder 6. bis 7. Ball würde das Tor treffen, wenn der Torwart nicht dort stehen würde, zwei Bälle von ca. 28 landen im Tor. Keiner der Spieler wird bei der Flanke oder beim Abschluss gestört oder bedrängt. Die Übung dient u.a. dazu, Sicherheit zu gewinnen aber auch mutig zu sein. Ich sehe das und denke mir, 3. Liga-Kicker hätten eine bedeutend bessere Trefferquote.
Im Spiel: Die ersten drei Flanken von uns landen im Niemandsland. Danach ist Toko an der Reihe. Flanke von rechts, Tor. 0:1. Ausgerechnet Mustafi. Kurze Zeit später flankt ein anderer von links in unsern Strafraum. Fast ein Tor durch Feltscher. Ich denke mir, unsere Mannschaft spiele wirklich in der falschen Liga. Aber es wird doch noch lustig: Missglückte Flanke von Ph. Koch - Tor! 1:1 Zum Glück gilt die alte Abseitsregel nicht mehr.
In der Pause beschäftigt mich mit Verzögerung vor allem der laute Knall des Böllers, der ganz knapp neben einem Balljungen fünf Meter hinter dem gegnerischen Tor explodiert ist. Ich denke dabei an Georg Koch, den ehemaligen Torwart von Rapid Wien, dessen Leben nach einem solchen Böllerwurf von einer Sekunde auf die andere eine dramatische Wendung genommen hat.
Ich denke aber auch, es könnte doch noch etwas werden, wenn sich ein paar Insekten nach Grätschen selber verletzen würden wie Toko oder mit gelb/rot ausgeschlossen werden würden, wenn sie weiterhin mit solchem Einsatz kämpfen würden. Und ich denke auch, dass man schlechter nicht spielen und flanken könne als der FCZ in der 1. Hälfte.
Nun, es kommt doch noch schlimmer. Ich meine nicht die zwei schlechten Flanken durch Ph. Koch bei unseren beiden besten Angriffen in der 2. Hälfte oder die drei weiteren Grosschancen der Insekten und das 1:2. Nein, viel schlimmer: Zum ersten Mal seit über 40 Jahren verlasse ich ein Fussballspiel meines über alles geliebten FCZ vorzeitig und in der 75. Minute, weil ich ahne, was sich anbahnen könnte auf den Rängen. Ich will das nicht mitansehen, miterleben müssen. Es könnte mein Bild vom Fussball als Lebensschule nachhaltig stören, den Glauben an eine bessere Welt, weil Menschen eine Leidenschaft entwickeln können für dieses wunderbaren Sport. Ich will es mir nicht antun. Eine Sicherheitsangestellte muss mir sogar noch das Tor öffnen. Ich gehe zu Fuss zum Albisriederplatz und erfahre von einem Freund per SMS die nicht mehr unerwartete Nachricht, dass wir nun auch soweit gekommen sind. Die schlechten Flanken sind seit gestern für längere Zeit zur Nebensache geworden. Ich wünschte mir, diese wären das Problem!