Das Chaos ist tiefgründigDer FC St. Gallen befindet sich sportlich auf dem Höhenflug, doch abseits des grünen Rasens steht der aktuelle Vorstand und Verwaltungsrat sprichwörtlich im Abseits. Finanziell ist weiter vieles unklar und sportlich scheint nicht alles wirklich koordiniert abzulaufen. 20 Minuten Online listet auf.Michael Hüppi, der neue starke Mann des FC St.Gallen, ist nicht zu beneiden. War er sich im klaren, wie gross der Sumpf aus Vetternwirtschaft, persönlichen Begehrlichkeiten des früheren Veraltungsrates und der sportlichen Führungslosigkeit wirklich war? Zumindest jetzt sind Zweifel angebracht, denn immer wieder beisst sich Hüppi die Zähne aus.
Altlasten von vier MillionenDen Abstieg und seine wirtschaftlichen Folgen bezifferte Hüppi auf vier Millionen. Hierin eingerechnet sind auch die «fröhlichen» Zusatzkosten für Trainerstab und Neuverpflichtungen. Inzwischen habe man durch teilweise grausame Sparmassnahmen diesen Schuldenberg auf 1,5 Millionen reduzieren können. Zweifel an diesen Zahlen sind jedoch angebracht, da 2,5 Millionen an Einsparungen in der Challenge League nur schwer möglich sind, zumal alle Spielergehälter unverändert geblieben sind. Und weitere Löcher drohen (20 Minuten Online berichtete).
Eintrittsgelder versickern in der AFG ArenaDie unglaublichsten News kommen jedoch aus dem neuen Stadion und der Betreibergesellschaft. Dort existieren Verträge, die zunächst einmal alle Zuschauereinnahmen unmittelbar der Betreibergesellschaft AFG Arena zufliessen. Bei einem Schnitt von 11500 Zuschauern und 15 Heimspielen ergäbe dies bei durchschnittlich nur 30 Franken Eintritt eine Summe von über 5 Millionen Franken, ohne die weiteren Einnahmen aus Bewirtung und VIP-Leistungen einzurechnen. Bislang hat der FC St. Gallen für die laufenden Saison vier Millionen Franken erhalten: 2,2 Millionen als vertragliche Basis und weitere 1,8 Millionen als Nachschlag dank diverser Sofortmassnahmen. Eine Kalkulation, erstellt auf der Basis von 8000 Zuschauern pro Schnitt.
Pro durchschnittlich 1000 Fans mehr gäbe es weitere 200.000 als Nachschlag, doch erst am Saisonende. Damit hätte Hüppi auch gerne gerechnet, «aber», wendet Stadion-CEO Bill Mistura ein, «die Rechnung geht so nicht auf: Einerseits wurden aufgrund der drei Heimspiele weniger in der Challenge League insgesamt 21.000 Gratis-Tickets abgegeben, was den Schnitt um 1400 pro Spiel senkt. Andererseits geht unsere interne Rechnung hinten und vorne nicht auf, weil für den Kalkulationsmix mehr der teureren Business-Seats veranschlagt waren. Insgesamt entsprächen die Zuschauereinnahmen etwa der Zahl von 8300». Droht Hüppi am Saisonende trotz anderslautender Verträge nunmehr leer auszugehen? Dann würden weitere 600.000 Franken fehlen – weggerechnet von den Stadionbetreibern.
Sportliche Begehrlichkeiten ohne klare LinieIm sportlichen Bereich gibt es viele Begehrlichkeiten aber auch hier fehlt die klare Linie. Trainer Uli Forte fordert einzig eine echte Verstärkung auf der Position des Spielmachers. «Einer, der das Spiel der Mannschaft lenken kann und die jungen Spieler auf und neben dem Platz anleitet», wünscht sich der Coach der Espen. Stattdessen sickerte durch, dass in den kommenden Tagen Yago Bellon verpflichtet werden soll. Der 19-jährige Mittelfeldspieler ist seit drei Wochen im Probetraining bei den Espen. Bei Aston Villa wurde sein Ausbildungsvertrag im Sommer nicht mehr verlängert. In Aarau wurde Bellon gewogen und als «zu leicht» befunden, woraufhin sich das arbeitslose Talent nunmehr beim FC St.Gallen um einen Vertrag bemüht.
Problematisch ist aber, dass auf dessen Position im rechten Mittelfeld mit Winter und Ciccone bereits zwei Spieler unter Vertrag stehen – und auch Zé Vitor dort schon mehrfach aufgeboten wurde. Dabei ist Zé Vitor ein zentraler Mittelfeldspieler, also genau so etwas, wie Forte gerne in seinem Team hätte. Reicht das Geld, um nun noch einen Führungsspieler, Verantwortungsträger und Spielmacher in einer Person zu kaufen? Solche Spieler sind jedenfalls rar und teuer; ohne Frage!
Erfreulich ist hingegen, dass Sportchef Strasser mit seinem Torhüter Daniel Lopar demnächst den Vertrag verlängern wird. Damit wird dem Eigengewächs der Rücken gestärkt und ihm im Verein eine langfristige Perspektive geboten.
20 Minutenhttp://www.20min.ch