Mirlind erzählt in einem Tagi-Artikel von seiner Corona-Infektion:
FCZ-Fussballer Mirlind Kryeziu:
«Ich machte Tag für Tag 500 Liegestütze»
«Am späten Abend des 7. Juli fühlte ich mich nach unserem Match in Neuenburg nicht besonders wohl. Ein bisschen Schüttelfrost, dazu Gliederschmerzen, die ich aber darauf zurückführte, dass wir auf Kunstrasen gespielt hatten. Diese Unterlage hat mir auch schon Probleme bereitet. Der Physiotherapeut riet mir trotzdem zum Arztbesuch. Am anderen Morgen wurde mir Blut genommen – und ich machte einen Coronatest.
Es war früh am Donnerstag, als ich die Nummer des Arztes auf dem Handy sah. Ich dachte: Nicht jetzt schon, ich rufe zurück. Als er es erneut probierte, wusste ich, dass es dringend sein muss. Ich nahm den Anruf entgegen. Dann sagte er, dass bei mir das Virus nachgewiesen worden sei. Und er wollte mit der frühen Benachrichtigung verhindern, dass ich sorglos aus dem Haus gehe und womöglich andere Leute anstecke.
Ich musste aber raus, um einen zweiten Test zu machen. Ich wartete auf dem Parkplatz und rief den Arzt an. Er kam in Schutzmontur und nahm Abstriche aus Nase und Rachen. Es folgte die Bestätigung: Ich habe Corona. Ich teilte einigen Mitspielern, vor allem Familienvätern, den Befund mit, bevor die Öffentlichkeit davon erfuhr. Ich informierte auch zwei Xamax-Spieler, mit denen ich am 7. Juli beim Aufwärmen geredet hatte.
Schüttelfrost hatte ich bald nicht mehr, die Gliederschmerzen waren weg. Aber die Nachricht war schon ein kleiner Schock, ich hatte Angst, dass sich durch mich meine Eltern, die Geschwister und natürlich auch Teamkollegen infiziert haben könnten. Mit ihnen war ich ja ständig zusammen..
Die Medienabteilung des FCZ schrieb ein Communiqué und fragte mich, ob mein Name genannt werden dürfe. Ich sagte: Ja, wieso nicht? Ich hoffte, dass ich in der Mannschaft der einzige Spieler mit dem Virus bleiben würde. Ich war überrascht, dass es mich getroffen hatte, ich hatte mich an die Regeln gehalten. Darum schoss mir oft durch den Kopf: Wo könnte es passiert sein? Beim Tanken? Ich war weder in einer Bar noch in einem Club mit vielen Leuten. Ich ging mal etwas trinken oder auswärts essen. Aber herausfinden, wo ich mich ansteckte? Keine Chance. Und bin ich Patient null beim FCZ? Keine Ahnung.
Alle in meiner Familie liessen sich testen, zum Glück hatte das Virus sie verschont. Aber sie standen auch unter Quarantäne. Weil ich noch bei meinen Eltern wohne, musste ich mich in meinem Zimmer einsperren. Zehn Tage lang. Meine Mutter kochte, stellte mir das Essen vor die Tür und klopfte.
So muss es sich anfühlen, wenn man im Gefängnis sitzt. Man hat vier Wände um sich, darf nicht raus und schaut viel aus dem Fenster. In dieser Monotonie mass ich einmal das Zimmer aus: 8 Meter lang ist es, 2,30 Meter hoch, 7,30 Meter breit. Oder einmal bat mich meine Mutter telefonisch, meinen Kleiderschrank aufzuräumen. Wie gern ich das machte! Es verging wieder etwas Zeit. Sportlich aktiv war ich, so gut das eben ging. Ich machte täglich 500 Liegestütze über mehrere Stunden verteilt. Oder ich stemmte Gegenstände. Es war mein alternatives Krafttraining.
Am Anfang sah ich im Fernsehen und auf Onlineportalen die Meldung über mich mit einem Bild von mir. Mich störte das nicht gross. Viel mehr zu schaffen machte mir der Geschmacksverlust. Ich würzte das Essen mit Salz nach – aber es schmeckte wie vorher. Das fuhr ein! Ich trank Kaffee ohne Zucker und Rahm, hätte mit geschlossenen Augen allerdings nicht herausgefunden, was ich zu mir nehme. Nie hätte ich es für möglich gehalten, wie unangenehm dieses Gefühl sein kann. Einmal gab es Pizza. Ich schaute sie an und stellte mir vor, wie die Zutaten schmecken. Aber als ich reinbiss, war alles wie Karton. Zum Glück wurde es nach zwei Tagen wieder besser.
Als ich ins Training zurückkehrte, spürte ich noch ein leichtes Brennen in den Bronchien. Ich glaube, dass meine Fitness mir half, schnell wieder gesund zu werden. Wenn ich die Zahlen der Neuansteckungen sehe, denke ich: Es ist sehr wichtig, vorsichtig zu sein. Ich bemühe mich, die Regeln zu befolgen, ohne hysterisch zu werden.»
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