Super Interview mit Urs Meier, gut zu wissen, dass er die Schwachstellen entdeckt hat - seine Antworten bringen die momentanten Probleme alle auf den Punkt
«Das setzt auch mir zu»
Interview: Thomas Niggl. Aktualisiert vor 9 Minuten
Das beste Rückrundenteam der letzten Saison kommt nicht auf Touren. FCZ-Trainer Urs Meier sagt, weshalb sich seine Spieler benachteiligt fühlen und er deshalb jetzt auch als Psychologe gefordert ist.
Urs Meier, wie sehr macht Ihnen der durchzogene Saisonstart mit nur vier Punkten aus vier Spielen zu schaffen?
Ich bin natürlich überhaupt nicht zufrieden. Das beschäftigt mich schon und setzt auch mir zu.
Was läuft zurzeit schief?
Unser Defensivverhalten ist ungenügend. Es sind hier jedoch alle Spieler in der Pflicht und nicht nur die Defensivspieler und der Torhüter. Trotzdem dürfen wir jetzt nicht den Fehler machen und alles schlecht reden. Wir müssen aus den Fehlern selbstverständlich die Lehren ziehen und diese besprechen und aufarbeiten.
Wie gehen Sie dabei vor?
Wir werden unter anderem Videoanalysen machen. Ich werde zur ganzen Mannschaft sprechen, aber auch Einzelgespräche führen.
Das 1:3 gegen YB war die dritte Niederlage innert acht Tagen. Wieder hielt die Abwehr nicht dicht und war teilweise völlig überfordert. Innenverteidiger Djimsiti liess sich beim ersten Gegentor vom Schweden Gerndt bös überlaufen. Was sagen Sie zu diesem individuellen Fehler?
Es geht mir überhaupt nicht um einzelne Schuldzuweisungen. Das Defensivverhalten ist generell ungenügend. Das ist ein Problem des Kollektivs.
Wie erklären Sie sich das?
Wir sind gedanklich möglicherweise zu offensiv eingestellt. Wir setzen den Gegner sofort unter Druck und praktizieren ein Pressing. In der Rückrunde der letzten Saison ist uns dabei oft das erste Tor gelungen. In der neuen Spielzeit war das bisher in der Meisterschaft nicht der Fall. Und wenn wir in dieser Druckphase nicht in Führung gehen können, verlieren meine Spieler die Geduld und deshalb den Fokus auf das Wesentliche. Dann mangelt es ihnen an Übersicht und Ruhe.
Machen Sie da nicht auch ein psychologisches Problem aus?
Das ist so. Wir haben noch eine sehr junge Mannschaft. Gerade junge Menschen entwickeln einen unglaublichen Gerechtigkeitssinn. Und wenn sie sich beispielsweise durch Schiedsrichterentscheide ungerecht behandelt fühlen, dann können sie sich fast nicht mehr beruhigen. Dann kochen die Emotionen wie gegen YB hoch. Und dann verlieren sie den Fokus.
Sie meinen wohl die Szene, als Buff in der Startphase des Spiels im Strafraum von Vescovac klar gefoult wurde?
Als uns dieser klare Penalty verweigert wurde, konnten das meine Spieler nicht fassen. Sie fühlten sich ungerecht behandelt und benachteiligt. Sie lamentierten und haderten mit dem Schicksal. Ich habe vergeblich versucht, sie zu beruhigen. Im Endeffekt hat ihnen der Fehlentscheid darum unnötig die Energie geraubt.
Damit Ihre junge Mannschaft die Emotionen besser in den Griff bekommt, sind Sie jetzt wohl auch als Psychologe gefragt.
Mit jungen Spielern muss man sehr behutsam umgehen. Ich werde mit ihnen noch einmal thematisieren, dass man Schiedsrichterentscheide akzeptieren können muss. Sie sind Menschen und machen Fehler wie wir alle auch. Doch meine Spieler dürfen deshalb die Balance nicht verlieren. Sie müssen ihre Emotionen auch dann im Griff haben, wenn sie sich wie im Spiel gegen YB extrem aufregen. Das gehört zu einem professionellen Verhalten im Profisport. Ältere Spieler bringen mit ihrer Erfahrung und Routine da weit mehr Gelassenheit mit und lassen sich nicht so schnell aus dem Konzept bringen. Aber wir haben eben noch eine junge Mannschaft, die jetzt allerdings sehr schnell aus den Fehlern lernen muss. Das gehört zum Lernprozess, der in diesem schnelllebigen Geschäft allerdings nicht ewig dauern darf.
tagi