Beitragvon Sandman » 13.05.13 @ 17:16
Passend zum Thema aus der sonntäglichen NZZ. Finanziell sieht es nachwievor zappenduster aus. Ohne Canepa's wärs wohl vorbei....
Im teuren Kreislauf gefangen
Während der FC Basel Rekordumsätze meldet, erdauert der Konkurrent FC Zürich gröbere Sparübungen. Viel bleibt am Klubpräsidenten und Geldgeber Ancillo Canepa hängen. Von Peter B. Birrer
Der FC Zürich kämpft am Sonntag gegen GC und will den 5. Platz verteidigen. Vielleicht reicht's am Ende sogar für den 4. Platz, dank dem in der Europa League eine mühsame Qualifikationsrunde weniger zu überspringen wäre. Die Europa League würde Geld bringen - zumindest ab der Gruppenphase. Im FCZ ist alles willkommen, was Geld bringt. Die Lage ist ernst und nichts vor dem Rotstift sicher. Das interne Fernsehen und das PR-Magazin werden eingestellt. Das Fernsehen kostete 200 000 Franken, vielleicht sind bewegte Bilder, die man einkauft, etwas billiger zu haben. Wenn die Assistenztrainer Gämperle und Hänzi zu YB wechseln, fallen weitere Kosten weg. Und nicht jede Sitzung muss im Gasthof Leuen in Uitikon Waldegg stattfinden, wo sich der FCZ gerne trifft.
Spekulationen mit Drmic
Einige Entscheidungsträger würden am liebsten Spieler verkaufen: teure wie Chermiti, Chikhaoui oder Chiumiento, Transfererlöse versprechende wie Drmic (Vertrag bis 2015) oder Benito (2016). Der üppige Spielervertrag Magnins, der im August 2012 zurücktrat und Nachwuchstrainer ist, endet erst jetzt. Auch das ist ein dankbarer Sparbeitrag. Als der FCZ 2009 die Champions League erreichte, sprach man mehr von An- und weniger von Verkauf. Die Kasse war prall gefüllt, allein die Uefa-Prämien steuerten 16 Millionen Franken bei. In solchen Momenten wird man grosszügig - mit Verträgen, Verpflichtungen, Versprechungen, Innovationen. Auch im Kleinen.
Schnell floss Geld in ein FCZ-Buch, in die Frauenabteilung oder ins FCZ-Museum. Dieses wäre von der Sparrunde bedroht, wenn dessen Beitrag für die Marke FCZ nicht als wesentlich beurteilt würde. Der FCZ verschliss seit 2010 die Trainer Bernard Challandes, Urs Fischer und Rolf Fringer. Das kostete. Und kostet. 2012 schlitterte er in die ökonomische Falle, nachdem er 2011 30 Millionen umgesetzt hatte. Ohne Europa-League-Gruppenspiele fehlen schnell 2 bis 4 Millionen. Wenn im Sponsoring zudem ein siebenstelliger Betrag wegbricht, aktiviert das die Kostenbremse, weil nur drei Optionen bleiben: Aufwand senken, Spieler verkaufen, Geld einschiessen.
Im FCZ steht im Juni die nächste Aktienkapitalerhöhung bevor. Die wird von Präsident Ancillo Canepa getragen, der 2012 Forderungsverzichte leistete. Er dürfte bis jetzt 12 bis 15 Millionen aufgeworfen haben. Auch wenn er sich im Gegenzug Transferrechte an Spielern gesichert hat und der Verkauf von Drmic auch ihm einschenken würde, summiert sich viel mehr, als er sich bei Amtsantritt 2006 im schlimmsten Fall ausgemalt hat. Einer, der immer noch im Boot sitzt, ist der frühere Präsident Sven Hotz. Ob er die neue Kapitalerhöhung mitträgt? «Dazu äussere ich mich nicht», sagt Hotz, «Canepa kann mich anrufen und tut das auch. Er wird das Problem lösen.» Immer mehr bleibt an Canepa hängen, wobei nicht deklariert ist, inwiefern seine vermögende Frau und frühere Nobel-Biocare-Managerin Heliane verlinkt ist.
Mit dem Bauunternehmer Hotz lebte der FCZ während Jahrzehnten im Königreich. Der Verwaltungsrat war Staffage. Als Canepa Chef wurde, tat er dies zuerst mit dem in der Finanzbranche tätigen René Strittmatter. Die Zeit des Politisierens brach an. «Während der eine nach links lief, bewegte sich der andere nach rechts», sagt ein FCZ-Mitglied, das die Zeit im Verwaltungsrat nahe miterlebte. Strittmatter schied 2011 aus, aber seine Linie führte Gregor Greber weiter. Dieser blieb kritisch und hinterfragte steigende Ausgaben schon in den florierenden Zeiten. Mit ihm geisterte auch das Wort Hedge-Fund herum. Der FCZ generierte Kapital, indem er Spielerrechte an einen britischen Fund auslagerte und künftige Einnahmen verpfändete. Als Greber und Mitstreiter Ende 2012 den Machtkampf verloren, besserte sich das Klima. Der Verwaltungsrat, zu dem Heliane Canepa als Beisitzerin gehört, funktioniert seither mehr im Kollektiv. Aber der Preis für Canepa ist hoch. Nun schultert er materiell noch mehr.
Geld einnehmen oder Geld geben
Vor dem Hintergrund ist seine Aussage vor dem verlorenen Cup-Halbfinal gegen GC im April gegenüber der «Sportinformation» zu sehen. Er stufte den Match so wichtig ein wie den europäischen Vergleich gegen Standard Lüttich 2011, der dem FCZ das Champions-League-Play-off und die Europa-League-Gruppenspiele gesichert hatte. Das gab ein paar Millionen. Die gäben auch der Schweizer Cup-Final und Europa-League-Aussichten 2013. Je weniger reinkommt oder gespart wird, desto mehr muss jemand geben.
Seit den Zäsuren Ende 2012 (Trainer Fringer, Verwaltungsrat Greber und Sportchef Bickel weg) hat sich der FCZ auch ökonomisch bedingt neu aufgestellt. Der Trainer Urs Meier, der Technische Direktor Marco Bernet und der Teammanager Massimo Rizzo sind interne und keine kostspieligen Lösungen. Künftig soll mehr Personal aus dem Nachwuchs rekrutiert werden. Bis jetzt geht die Rechnung auf. Mit der demütigen Zielsetzung «Ligaerhalt» ist der neu orientierte FCZ in der Rückrunde erfolgreich. Das stabilisiert und erhöht den Wert des Personals.
Canepa hat sich zurückgezogen, teilweise aus eigenem Antrieb wegen zu starker Belastung. Es gab Zeiten, da trauten sich weder der Finanz- noch der Marketingchef, Pieps zu sagen. Man solle sich an den Präsidenten wenden, beantworteten sie banalste Anfragen. Teilweise wurde Canepa, der im unruhigen November 2012 vom «Blick» hart attackiert worden war, das Abtauchen nahegelegt. Wie's ihm dabei ergeht, wird unterschiedlich beurteilt. Wertungen im FCZ gehen von «er ist stärker geworden» bis zu «er bereitet den Abgang vor». Canepa, der dem öffentlichen Auftritt bis 2012 nicht abgeneigt war, bleibt Medienkonferenzen fern und äussert sich spärlich und nur in ausgewählten Medien. Gegenüber der «NZZ am Sonntag» schweigt er. Wie der CEO und frühere Sony-Manager Claudio Ammann, der die Unruhe bringende Sparübung durchzieht. Die Medienstelle des Klubs schreibt von «umsichtiger Planung» und betont, der FCZ habe die Lizenz für die Saison 2013/2014 «in erster Instanz» erhalten.
In der Öffentlichkeit wurde der FCZ bis 2012 über das Duo Canepa und Fredy Bickel wahrgenommen. Der Präsident und der frühere Sportchef wuchsen immer enger zusammen, verbandelten sich freundschaftlich und verstrickten sich in Abhängigkeiten. Mit Bickel seien zwar reichlich Fachwissen und Beziehungen verloren gegangen, «aber die Diskussionen haben sich versachlicht», sagt ein Insider. Das ändert nichts daran, dass die ökonomische Last im FCZ wieder zunehmend so gelagert ist, wie sie es mit dem Mäzen Sven Hotz schon einmal war: Sie ist auf eine Person reduziert. Oder auf ein Ehepaar. Hotz weiss, wie schwierig es ist, diesem Kreislauf zu entrinnen. Er zahlt heute noch mit.
"Das grösste Geheimnis der Engländer ist, warum sie nicht auswandern." (E. Kishon)