Vom Buhmann zum MachwinnerDer FC Zürich hat seit Mitte August in der Axpo Super League keinen Punkt mehr abgegeben und dabei in sechs Partien 23 Treffer erzielt. Im Zentrum des erfolgreichen FCZ-Angriffs steht Eric Hassli.

Minuten vor Schluss durfte sich Eric Hassli den verdienten Extra-Applaus abholen. Stehend verabschiedeten die knapp 9000 Zuschauer im Letzigrund den besten Spieler auf dem Platz. Der Franzose hatte 85 Minuten lang seine ganze Klasse gezeigt und seine technische Brillanz mit Effizienz gepaart, was ihm letzte Saison so gut wie nie gelungen war. In Abwesenheit von Almen Abdi war er am frühen Samstagabend gegen Aarau der Dreh- und Angelpunkt des Zürcher Spiels. Fast alles, was er tat, hatte Hand und Fuss.
Der Eric Hassli von letzter Saison, der über jeden Schiedsrichter-Entscheid klagte und öfters die Hände verwarf, als dass er zum Schuss ansetzte, scheint Vergangenheit. «Ich bin physisch besser drauf. Das liegt daran, dass ich jetzt regelmässig zum Einsatz komme», erklärt Hassli seinen Wandel. «Aber vor allem zahlt sich die Trainingsarbeit aus. Die ganze Mannschaft spielt gut zusammen.» Nach dem zögerlichen und wenig spektakulären Start zur Saison steigerte sich der FC Zürich nicht zuletzt dank seinem französischen Stürmer.
Gegen Aarau ermöglichte ein von Ivan Benito ungenügend abgewehrter Weitschuss Hasslis Alexandre Alphonse das 1:0. Zum Schaulaufen setzten die Stürmer aber erst in der zweiten Halbzeit an. Hassli erzielte zunächst mit einem Schlenzer (49.) den zweiten Treffer und legte danach nochmals zweimal genial für Alphonse auf, zuerst mit einem perfekt getimten Flankenball (55.) und keine zehn Minuten später nach einem Dribbling im Strafraum mit einem intelligenten Rückpass.
Mehr genial als wahnsinnigDer in der letzten Saison oft als Fehltransfer abgestempelte Hassli ist endlich in Zürich angekommen: «Ich fühle mich hier sehr wohl. Die Stimmung in der Mannschaft ist exzellent, das ist für mich wahrscheinlich wichtiger als für andere Spieler.» Selbst mit dem Deutsch geht es vorwärts. «Ich lerne mit meinen Mitspielern. Allerdings vor allem 'böse Worte'.» Auf böse Worte musste er am Samstag nicht zurückgreifen. Es war für den grossgewachsenen Stürmer ein perfekter Abend.
Den Respekt der Fans hat Hassli längst zurückgewonnen. Zwar fehlt es ihm weiterhin an der Kaltblütigkeit vor dem gegnerischen Tor und in gewissen Momenten an Einsatzwille in der Defensive, doch sein genialen Momente überwiegen die wahnsinnigen mittlerweile. Den Zuschauern stockt bei Ballberührungen des früheren St. Gallen-, Xamax- und Servette-Spielers nicht mehr der Atem, weil sie einen Fehlpass antizipieren, sondern einen entscheidenden Impuls.
«Ich kann verstehen, dass mich die Fans letzte Saison ausgepfiffen haben. Ich bin ja nicht als Tourist hier. Und es gehört zum Job, dass es mal Pfiffe, mal Applaus gibt», blickt Hassli auf seine ersten zwölf, enttäuschenden Monate an der Limmat zurück. Nach den Leistungen der letzten Saison genoss er nicht mehr viel Kredit. «Im Sommer konnte ich die ganze Vorbereitung mitmachen. Das hat mit geholfen, mich zu steigern und so zu spielen, wie ich es momentan tue.»
13 Skorerpunkte in 12 RundenIn der derzeitigen Form ist Hassli für den FCZ als spielende Sturmspitze Gold wert. Das beweisen auch die Zahlen. Mit sieben Torvorlagen ist er der beste Assistgeber der Liga und auch seiner Torausbeute (6) - letzte Saison traf er dreimal - lässt sich sehen. Zusammen mit Alphonse, der den Saisonstart wegen einer Verletzung verpasst hatte, bildet er das einflussreichste Sturmduo der Meisterschaft (25 Skorerpunkte). Hassli: «Es ist einfach, mit Alphonse zu spielen. Er bewegt sich sehr viel und ist fast immer anspielbar.»
Rechnet man die Ausbeute von Djuric und Abdi zu jener des französischen Duos dazu, hat der FCZ ein Quartett, das in den letzten sechs Spielen 18 von 23 Zürcher Treffern erzielt hat. Mit diesen in den letzten zwei Monaten gefundenen Offensivqualitäten ist Zürich mehr als nur ein Aussenseiter auf den Meistertitel. «Ich glaube, wir haben bewiesen, dass wir nicht umsonst Leader sind», äusserte sich Trainer Bernard Challandes nach dem Aarau-Spiel.
Die grossen Bewährungsproben stehen allerdings noch an. Die letzten Gegner hiessen Sion (3:1), Bellinzona (3:0), Vaduz (7:1), Xamax (3:0), Luzern (3:0) und Aarau (4:0). Es folgen nun ein Auswärtsspiel gegen die Young Boys, das Derby gegen GC und das Duell gegen den FC Basel, der dem FC Zürich Mitte August die letzte Niederlage (1:4) zugefügt hat.