"Die Meistermacher"
bir. Für den BSC Young Boys ist die Saison noch nicht ganz beendet. Die Berner erfahren erst am Pfingstmontag, ob sie sich für den Uefa-Cup qualifizieren. Gewinnt Basel den Cup-Final gegen Luzern, rutscht YB als Vierter der Super League in den Uefa-Cup nach, weil die Basler als Meisterschaftszweite den aus dem Schweizer Cup hervorgehenden Europacup-Platz erhalten. Das ist nur beim ersten Durchlesen etwas kompliziert. Aber die Berner können rechnen und - vor allem - sich verändernde Ausgangslagen blitzschnell erfassen. Am Donnerstag in Basel hinterliessen sie nie den Eindruck, gewinnen zu wollen. Spielt doch keine Rolle, wenn der FC Sion jetzt noch vorbeizieht und Dritter wird! Der FCB gewinnt den Cup sowieso!
Den Gipfel schossen die Young Boys jedoch fünf Tage zuvor im Stade de Suisse ab. Sie boten gegen den FCZ zwar ein Spektakel und spielten lange Zeit auf Sieg. Doch nur bis zur 89. Minute. In diesem Moment erzielte der völlig freistehenden Abdi das 3:2 für den FCZ. Es war der Zürcher Meisterball. Was nun geschah, bezeichnen Beobachter wahlweise als «bizarr» oder «eigenartig». Die Berner waren nach dem 2:3 offenbar «zufrieden». Den Zürchern der Titel, den Baslern der Cup, den Bernern durch die Hintertüre der sichere Uefa-Cup? Auf Fragen nach der ungewöhnlichen Arithmetik reagierte der YB-Trainer Martin Andermatt nach dem Spiel gegen den FCZ gereizt. Von der Bank aus sei keine Order erfolgt, versichert er. Wie auch immer, die Spieler liessen in der «Berner Zeitung» ein paar ungewöhnliche Zitate folgen. Mario Raimondi: «Im Nachhinein ist es gut, haben wir das Tor noch erhalten.» Carlos Varela: «Wir haben sicher nicht absichtlich verloren. Aber wir können auch rechnen. Ein 2:3 ist besser für uns als ein 2:2.» Dumm wäre für YB nur, sollte der FCB den Cup verlieren. Vielleicht sogar absichtlich. Um es YB heimzuzahlen. Denn was ist schon der Cup nach der verlorenen Meisterschaft?"
NZZ 26.5.07