Beitragvon hubi.muench » 21.03.12 @ 23:59
«Hitzfeld war auf dem Platz ein ziemliches Weichei»
Der langjährige FCZ-Verteidiger Hubert Münch erinnert sich an die Duelle mit dem Nationalcoach – und er hält Urs Fischers Entlassung für einen Fehler
VON PETER BÜHLER
Drei Ereignisse prägten die Fussballwoche in der Schweiz: der Tod von Timo Konietzka,
die Freistellung von Trainer Urs Fischer durch den FC Zürich und Basels 0:7 in der Champions League gegen die Bayern.
Der frühere FCZ-Verteidiger Hubert Münch,70, spielte viele Jahre unter Konietzka, er kennt die Verhältnisse im Zürcher Club gut – und er denkt mit Vergnügen zurück an die früheren Siege mit dem FCZ gegen den Erzrivalen aus Basel.
Wie behalten Sie Timo Konietzka in Erinnerung?
Timo sprach gern von Maloche, Zucht und Disziplin. Aber er hatte auch eine weiche, sehr menschliche Seite – nur mochte er sie nicht zeigen. Vier Wochen vor seinem Tod liess er mir über einen gemeinsamen Freund eine alte Autogrammkarte zukommen. In zittrigen Buchstaben stand geschrieben: «Lieber Hubi, das waren noch Zeiten … Alles Gute,Timo.» Er hatte auch einen guten Humor. Als er beim FCZ Spieler-Trainer war, schrie ihn Köbi Kuhn einmal an: «Geh vom Platz, wir wollen doch gewinnen.» Timo nahm ihm das nicht übel – und liess sich auswechseln.
Was halten Sie von Fischers Entlassung beim FCZ?
Nichts, vor allem der Zeitpunkt war falsch. Ich hätte den Trainer weiterarbeiten lassen. Und wenn sich Geldgeber in sportliche Belange einmischen, wie das beim FCZ offenbar geschah, dann kommt es nie gut.
Wie und wo erlebten Sie Basels Desaster von München?
Daheim vor dem Fernseher. Ich weiss nicht, was sich Heiko Vogel überlegt hat. Ich konnte bei den Baslern kein taktisches Konzept erkennen. Sie hätten defensiver und auf Konter spielen sollen.
Nächste Woche könnte der FC Winterthur, bei dem Sie die Fussballer-Karriere beendeten, ein Thema werden. Winterthur empfängt im Cup-Viertelfinal St. Gallen.
Winterthur ist schon längst keine Fussballstadt mehr. Aber vielleicht gewinnen die Winterthurer den Cup ja doch noch irgendwann. Ich war bei ihrem letzten Cupfinal 1975 gegen Basel dabei. Ich war schon 34 und kurz zuvor vom FCZ abgeschoben worden. Walter Balmer war mein Gegner auf der rechten Seite, er machte keinen Stich – und erzielte in der Verlängerung doch das 2:1-Siegestor für die Basler. Ottmar Hitzfeld und ich gerieten im Final aneinander. Er war schnell und ein guter Techniker, aber hartes Einsteigen fürchtete er. Er war auf dem Platz ein Jammeri, ein ziemliches Weichei.
Sie galten als Eisenfuss.
Ich war auch hart gegen mich selbst, spielte einmal ein paar Wochen mit einem gebrochenen Wadenbein und einer gebrochenen Zehe. Aber ich war nie unfair. Vom Platz gestellt wurde ich nie.
Ihr beste Zeit als Spieler hatten Sie beim FCZ.
Drei Meistertitel und vier Cupsiege in zehn Jahren sind nicht schlecht! Und drei Cupfinals gewannen wir gegen Basel, das war immer besonders schön.
Wie kamen Sie überhaupt zum FCZ?
Zufällig. Ich arbeitete als Elektromechaniker bei Standard Radio & Telefon in der Roten Fabrik in Wollishofen und spielte mit meinen Arbeitskollegen an einem Grümpelturnier in Wädenswil. Dort sah mich einer vom FCZ, wenig später wurde ich zu einem Probetraining eingeladen.
Sie galten beim FCZ als Linker und Intellektueller.
Ich interessierte mich für Politik, setzte mich für die Rechte der Spieler ein und handelte für die Mannschaft zusammen mit Köbi Kuhn die Prämien aus. Ich stand zu meiner Meinung. Und ich gründete mit anderen Eltern einen freien Kindergarten.
Sie sagten, dass Sie vom FCZ nach Winterthur abgeschoben wurden. Wie lief das damals ab?
Es geschah im Training im Sommer 1974: Edi Naegeli (Anm.: früherer FCZ-Präsident) kam auf mich zu und sagte: «Hubert, Sie haben keinen Vertrag mehr mit uns.» Ich hatte geglaubt, mein Vertrag verlängere sich jeweils automatisch um ein Jahr, falls mir der Verein nicht drei Monate im Voraus kündigte ... Es war kein schöner Abgang. Ich spielte noch drei Jahre in Winterthur, mit 36 hörte ich auf.
Was taten Sie nach der Karriere als Fussballer?
Ich wurde Trainer und restaurierte im Zürcher Seefeld als Antik-Schreiner alte Möbel. Und ich bildete mich weiter. Als in Zürich der Platzspitz geschlossen wurde, begann ich in einer Notschlafstelle für Drogenabhängige zu arbeiten. Es war eine belastende, aber auch sehr bereichernde Zeit. Die letzten zehn Jahre wirkte ich als Sozialpädagoge bei der Stadt Zürich, mit 63 ging ich in Pension. Von einem Tag auf den anderen. Ich stand am Morgen auf, fuhr ins Büro und sagte zu meinem Chef:«So, das wars. Tschüss.»
Q: SZ - 18.3.2012