Beitragvon Friedrich » 09.06.06 @ 16:15
16:00 -- Tages-Anzeiger Online
Hooligan-Datenbank angeblich verfassungswidrig
Die Datenschutzbeauftragten der Schweiz sind der Ansicht, dass es für das geplante Hooligan-Gesetz keine ausreichende verfassungsmässige Grundlage gebe. Besondere Sicherheitsmassnahmen bei Grossanlässen seien angebracht, sie dürften aber keine Grundrechte verletzen.
Fussball und Gewalt
Die geplante Hooligan-Datenbank ist nach Ansicht der Schweizerischen Datenschutzbeauftragten verfassungswidrig. Sie forderten an ihrem Frühjahrsplenum in Delsberg, die Grundrechte auch an der Euro 08 zu gewährleisten. Die Errichtung und der Betrieb einer solchen Datenbank sei gemäss Bundesverfassung eingeschränkt, sagte Markus Schefer, Professor an der Universität Basel, laut Communiqué vor den Datenschutzbeauftragten. Erlaubt sei dies nur, wenn es um Ereignisse ginge, die die Sicherheit des Bundes insgesamt gefährdeten oder untrennbar aussenpolitische Interessen berührten.
Die mit dem Bundesgesetz über die Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) eingeführte Hooligan-Datenbank sprenge aber diesen Rahmen. Auch sei sie nur schwer mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar, da private Informationen aufgenommen würden, ohne dass für deren Richtigkeit die nötige Gewähr herrsche. Die Bearbeitung besonders schützenswerter Personendaten sei gesetzlich nur unzureichend geregelt. Problematisch sei auch die Weitergabe der Daten an Private. Die Zwecksetzung im BWIS sei zudem so weit gefasst, dass sich keine wirksame Schranke für die Verwendung der Daten ergebe.
Eine weiteres Fragezeichen setzen die Datenschützer hinter die Regelung der Aufbewahrungsdauer. Zentrale Fragen des Rechtsschutzes seien ebenfalls ungelöst. Auch für die im Gesetz vorgesehenen Rayonverbote, die Meldeauflagen und die Polizeigewahrsam bestünden keine verfassungsrechtlichen Grundlagen, sagte Schefer weiter.
Fussball setzt Recht ausser Kraft
Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz in Kiel, zog einen Vergleich mit der Fussball-WM in Deutschland. Er kam dabei zum Schluss, dass der Fussball das geltende Recht ausser Kraft setze. Bei einem solchen Grossereignis müssten zweifellos besondere Sicherheitsmassnahmen getroffen werden. Dabei dürften aber nicht die bewährten rechtsstaatlichen Garantien über Bord geworfen werden. Die Fussball-WM habe ein sicherheitspolitisches Feuerwerk ausgelöst.
Die Vereinigung der Schweizerischen Datenschutzbeauftragten sei sich im Hinblick auf die Euro 08 bewusst, dass zusätzliche Sicherheitsmassnahmen notwendig seien, heisst es weiter. Soweit diese in die Grundrechte eingriffen, müsse man sich aber an die rechtsstaatlichen Grundsätze halten. Die Datenschutzbeauftragten hofften deshalb, dass bei der Umsetzung bereits beschlossener Massnahmen verhältnismässig vorgegangen werde. Sie stellten sich den Behörden zur Verfügung, um die rechtmässige Ausgestaltung solcher Massnahmen zu unterstützen. (sbm/sda)
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