Nach dem frisch-fröhlichen Austeigen aus dem Zug wird neben mir ein Mensch von mehreren Leuten, wahrscheinlich Hooligans, brutal auf den Boden geprügelt. Ich kann dann nicht auf räumliche Distanz gehen, ich muss und soll auch stehen bleiben. Ich interveniere dann mit Worten und Gesten, nur gebe ich dabei dem aus-der-Masse-Dosen-Werfenden die benötige Masse.
Ca 3 Minuten später - nachdem ich kurz zwei Bier kaufen war - stehe inmitten eines Krieges. Einer, zu diesem Zeitpunkt absolut einseitigen, äussert brutalen, Hetzjagd der Polizei gegen jeglichen nicht-Polizisten.
Links und Rechts, direkt neben mir, werden einzelne Fans, einmal ein sehr guter und äusserst gutmütigen Freunde, von mehreren Polizisten aus der Masse rausgeprügelt bzw die Masse wird rundherum weggeprügelt. Während dieser Treibjagd wurde mir bewusst dass sie uns immer wieder zusammentrieben, um dann wieder Einzelne rauszuprügeln. Spätestens dann kommt der Selbstverteidgungstrieb ins Spiel.
Während der Treibjagd beruhigte ich FCZ Fans (man darf das nich falsch verstehen, ich beschwichtige ihre Empörung, bis zu Verzweiflung, über die Brutalität der Polizei und nicht im Entferntesten eine Gewaltbereitschaft!). Dabei wurde mir wurde hinten (No tiene cochones, bastardo) eins auf Gesäss geschlagen. Nun ja, irgendwann läuft jedes Fass über: Ich hasse die dänische Polizei, zum Glück muss ich nie wieder dorthin. Wenn ich mir vorstelle, dass dies hier zu Hause auch möglich ist, dann kann ich die Radikalisierung nachvollziehen.
Natürlich versucht man auch Gutes aus so einem Erlebniss zu ziehen. So war es beeindruckend wie einige wenige FCZ-ler die Masse vom Durchbrechen des Kessel (was anfangs an der Spitze durchaus ohne Gewalt möglich war), abhalten und zum Hinsetzen bewegen konnten. Dies wäre wohl Wasser ins Öl gewesen.
Anmerken möchte ich die auffallende Unprofessionallität der Politi, ich wurde nicht gefilzt, hatte so zB mein Gurt die ganze Zeit dabei. Ein Zellenbruder hatte keine ID, Polaroid wurde nicht geschossen, keine Rückfragen nichts. Also offensichtlich ging keinerlei Bedrohung von uns aus, trotzdem neun Stunden im Knast!
Für mich ist die Sache noch nicht abgeschlossen: Mir wurde während 9 Stunden Essen, gedämpftes Licht, Wolldecken, Telefonanruf und Anwalt untersagt. (Einem Mitinsassen der zu Panikattacken neigt wurde ca 1h lang warten gelassen und schliesslich mit einer minimalen Medikamentation zurückgeschickt).
Mir ist emotional eine Entschuldigung seitens der dänischen Behörden sehr wichtig.
Rational möchte ich auf Verletzung von Menschenrechten klagen, kann es mir aber nicht leisten.