Die Demontage eines schwachen Rekordmeisters
Die hoffnungsvoll in die Meisterschaft gestarteten Grasshopper fanden im Stadtklub den (Zürcher-) Meister. Der FCZ gewann klar und deutlich das Derby mit 4 zu 2. Die Grasshoppers hingegen verloren nicht nur das Spiel, sondern auch die Nerven: Zwei rote Karten rundeten die Niederlage ab.
In den meisten Ligen ist der Saisonstart immer eine schwierige Sache, Favoriten müssen meist unten durch bis sie endlich ihr Potenzial ausschöpfen. Auch in der Schweiz haben wir des Öfteren schwache Starts von Meistern gesehen, bei den Zürchern Klubs sind die ersten Spiele ebenso wenig aussagekräftig, bis auf die Ausnahme Derby. Spätestens am Derby muss alles stimmen: Wer die Derbies gewinnt, hat das Kräfteverhältnis bekannt gegeben und ist am Ende häufig besser platziert.
Dezimierte Kader
Sowohl GC und FCZ versuchen in dieser Saison mit reduzierten Budgets ihre jahrelange Defiziteserie abzuwenden. Neben der auffällig langen Verletztenliste bereits vor Saisonstart, muss dies als Hauptgrund genant werden, dass beide Klubs nur auf 13 Feldspieler zurückgreifen konnten. Das Kader auffüllen mussten junge Spieler aus der 2. Mannschaft.
Beim FCZ kamen in der Innenverteidigung wie gegen St.Gallen der 22-jährige Steve Von Bergen und der um zwei Jahre jüngere Florian Stahel zum Einsatz. Sie liessen nur selten den erfahrenen und zurzeit verletzten Abwehrchef Filipescu missen. Hinter Stürmer Keita stand erstmals das neuverpflichtete brasilianische Stürmertalent Rafael in der Aufstellung, der die letzten zwei Jahre erfolgreich beim FC Chiasso seine Tore schoss, ebenfalls erst zwanzig Jahre jung. Er übernahm Margairaz’ Position, der diesmal defensiver agieren und den gesperrten Dzemaili ersetzen musste
GC hingegen musste gleich auf drei Offensivkräfte verzichten: Muff, Leandro und Eduardo. Letzterer kam trotz Muskelbeschwerden, mangels Alternativen, in der zweiten Hälfte zum Einsatz. Bei GC waren gleich vier auf diese Saison verpflichtete Spieler im Einsatz. Coltorti und Renggli kamen vom starken Thun, Dos Santos von Schaffhausen und Pavlovic von St.Gallen.
Über 18 Tausend Zuschauer wollten dieses Derby sehen und mussten nicht lange auf Spektakel warten, denn beide Mannschaften begannen stark. Der FCZ gefiel vor allem im Mittelfeld besser und zeigte schöne Kombinationen, ein erster Schuss von Di Jorio fand ohne Umwege in Coltorti’s Arme, ein zweiter von Rafael flog neben das Ziel. Nach einem Freistoss kam Ex-FCZler Chihab zum Kopfball, der Ball segelte am Pfosten vorbei. Dann war es Nef, der nach Ballstaffetten, eine schöne Flanke in den Strafraum zirkelte und in Rafael einen Abnehmer fand, welcher per Hechtkopfball das Torereigen eröffnete. Die GC-Abwehr hinterliess einen traurigen Eindruck, speziell Torhüter Coltortis Aufmerksamkeit, die man wohl in der Kabine suchen musste.
Aufgezeigt
Daraufhin spielte nur der FCZ und kombinierte sicher, fast zu sicher. Sodass Cesar zu überheblich den Ball abnahm und diesen gleich wieder verlor, GC konterte mit dem schnellen Touré, sein Abschluss haarscharf an Taini und Pfosten vorbei. Das war’s auch schon, mit den Offensivbemühungen der Grasshoppers, einzig über Standardsituationen wurde es noch gefährlich. Ansonsten hatte die Verteidigung des Stadtklubs alles im Griff. Die Offensivabteilung des FCZ wollte dem nichts nachstehen und kombinierte munter weiter, zeitweise wurde GC wie in einem Powerplay in die Defensive gedrückt. Die Abschlüsse konnten nicht verwertet werden, obwohl Coltorti oft nur in nachfassen den Ball halten konnte. Bis in die 41. Minute als für einmal schnell in die Spitze gespielt wurde und Keita mit Übersicht den mitgelaufenen Nef anspielte, der wie zu seinen besten Stürmer-Jugendzeiten den Ball in die Maschen drosch. Wieder standen die GC-Verteidiger bei Nef’s Ballannahme meterweit weg. Aus dem sicheren und verdienten 2-0 Pausenvorsprung wurde doch nichts, einen verzweifelten Schuss von Dos Santos wurde abgelenkt, Tainis kehrtwende zu langsam, 2-1.
Reagiert
Nach der Pause kam dann Eduardo und mit ihm neuer Mut für GC, die nun wieder Fussball spielten. Vor allem Touré war jetzt in Spiellaune und brach in den Strafraum, spielte Pavlovic an, dieser konnte aus sechs Metern nicht das Tor treffen. Aber Keita und Rafael waren eine Klasse für sich und sorgten für Favres Ruhe, als sie in weniger wie zwei Minuten 2 Tore produzierten. Erst legte der kleine Keita dem Brasilianer den Ball auf, der mit viel Geschick aus spitzen Winkel Coltorti überlistete. Nach zwei Toren revanchierte sich Rafael als er den Afrikaner in den Strafraum schickte und dieser mit einem Solo die GC Verteidiger zu Zuschauer degradierte. Di Jorio hätte gar noch erhöhen können, aber in jedem seiner Schüsse fehlte die nötige Präzision.
Kontrolliert
Nach einer Stunde hatten die Stadtzürcher wohl genug und standen mehrheitlich in der Defensive, GC konnte nach wie vor nur mit ruhenden Bällen Aufsehen erregen. Eduardo versuchte es mit einem Weitschuss, neben das Tor. Als der etwas untergegange Rogerio am Strafraum angespielt wurde, hatte Tarache wohl seine Aufmerksamkeit neben die von Coltorti gelegt, denn sein unmotiviertes und dummes Foul provozierte den Strafstoss, der vom GC-Captain Cabanas in der 77. Minute verwandelt wurde. Taini, der letzte Woche gegen St.Gallen einen Penalty hielt, war auch an diesem dran, konnte aber nur ungenügend ablenken.
Vorgeführt
Die Schlussminuten sind schnell erzählt, der FCZ schiebte sich überheblich die Bälle zu, bis Eduardo sich mit dem Linienrichter auf portugiesisch anlegte. Zu seinen Ungunsten verstand der Linesman seinen Kraftausdruck und Eduardo musste vom Platz. Kurz danach konnte und wollte Chihab dem Treiben nicht mehr zuschauen und säbelte den Mann des Spiels Rafael brutal um. GC musste zu neunt die Partie beenden und die Häme über sich ergehen lassen. Sie hatten nicht nur ein Derby deutlich verloren, sondern vielmehr die Beherrschung in jeglicher Form.
Der FCZ hat zwar eine sehr gute Leistung geboten, ob sie auf andere Teams treffen, die Ihnen die Aufgabe so leicht gestalten werden, ist abzuwarten.
Zürich: Taini; Nef, Stahel, Von Bergen, Schneider; Margairaz, Tararache; Di Jorio (81. Rapisarda), Rafael (91. Stucki), Cesar; Keita (91. Akhalaia).
Grasshoppers: Coltorti; Chihab, Salatic (80. Roland Schwegler), Mitreski, Jaggy; Renggli; Pavlovic (80. Hürlimann), Cabanas, Dos Santos; Touré (46. Eduardo), Rogerio.