Der Grieche hat geschrieben:Dani, erstmals danke für deine Komplimente für die früheren, deiner Meinung nach leidenschaftlicheren Choreos. Tut gut zu hören, dass sich Leute noch positiv an unsere ersten amateurhaften Choreobastelkünste in der Südkurve erinnern.
Bitte glorifizier aber die Vergangenheit nicht allzu sehr. Die Kurve konnte einem schon damals gewaltig auf die Nerven gehen. Wie Schurwald Richy weiter vorne richtig sagte, mussten wir den Leuten immer und wieder beibringen, dass es wichtig ist die Choreoblätter nicht zum Flieger zu falten, sobald sie verteilt worden sind, sondern damit zu warten bis das Signal zum Hochstemmen der Blätter da ist, wir die Choreo gemacht haben und dann kann man Flieger basteln. Absperrbänder wurden durchgerissen, weil man sich gerade ein Bier holen wollte. Die Überkopffahne kam nie sehr weit, weil sie immer jemand runter riss, da seine Sicht versperrt war. Zu guter Letzt gab es auch regelmässige Beschimpfungen im Stile von "was meint ihr denn wer ihr seid, dass ihr mir sagt was ich tun soll" usw. Ganz besonders schmerzhaft waren diese Mühen, weil wir damals noch Schüler/Lehrlinge waren, die sich das Geld für die Choreos mühsam zusammensparten. Meistens reichte es dann doch nie für etwas Gescheites, weshalb wir uns anderweitig organisieren mussten (Ausschusspapier besorgen, Wäschesäcke im Spital "ausleihen"). Am billigsten und einfachsten waren Pyros. 5 Fackeln à 20 Franken und die Sache war organisiert. Ohne lange Sessionen im Do It Yourself der Migros, der ewigen Suche nach Material und den Basteleien auf dem Letzi-Parkplatz, in der Tiefgarage des Brunauparks usw. Ausserdem machten die Leute bei Pyros am wenigsten Stress. Die Südkurve war damals sowieso halb leer, man konnte gut ein paar Fackeln ausweichen. Doch Pyros reichten unseren Ansprüchen nicht. Wir wollten aufwendige Choreos bringen wie unsere Vorbilder in Italien, wie Roter Stern Belgrad. Ja, wir träumten von Choreos wie derjenigen, die letzten Sonntag im Letzi über die Bühne ging. Wie denjenigen, die in den letzten Saisons im HT und im Letzi über die Bühne gingen und die von Leuten gebastelt wurden die mindestens soviel Leidenschaft und noch viel mehr Talent in die Choreos stecken. Dass die Südkurvenbesucher jemals eine Choreo über die Bühne bringen, wo Blätter auf Kommando gewendet werden um neue komplizierte Motive zu erschaffen - das konnten wir uns nicht mal in unseren kühnsten Träumen vorstellen. Es mag dich überraschen, aber wir träumten auch von einem Fanshop in der City, doch dies schien uns bei unserer dilettanten Führung unmöglich. Mehr als einen Zapfhahnen für Bier und zwei Wurststände für die Südkurve? Auch das waren verwegene Gedanken, damals vor 12 Jahren. Du magst dich sicher erinnern.
Fazit: Wenn ich die Südkurve heute sehe, ihre Gesänge, die Entwicklung der Gruppierungen, ihr Gewicht in den Medien, dann bin ich verdammt stolz. Verdammt stolz auf die Leute, die in stundenlangen Sitzungen daran arbeiten die Südkurve am Leben zu erhalten, stolz auf das ganze Publikum, das plötzlich kommt, auf das Gedränge. Ich geniesse es auch, dass sich Fremde in Diskussionen als FCZ-Fans outen ohne dass man selber mit dem Thema anfängt. Klar hängt dies auch mit dem Erfolg zusammen. Mit der Kurve ging es aber schon vor Favre aufwärts. Klar bin ich nicht so verblendet, um gewisse negative Tendenzen nicht zu erfassen, die da ablaufen. Aber wie schon oben erwähnt, die Kurve konnte einen schon immer nerven - ich würde aber die heutige Situation nicht gegen diejenige vor 12 oder 15 Jahren tauschen wollen.
Die kuschligen Zeiten als man noch kontrollieren konnte, ob denn alle heute gekommen sind, mögen ja schön gewesen sein. Aber es wird auch mal Zeit eine Entwicklung zu machen. Man kann nicht ewig in der Vergangenheit schwelgen.
Vielen Dank für dein Posting!