Beitragvon Battle Axe » 10.06.04 @ 3:25
BaZ 10.06.2004
Nach Stadionstreit wird es für die Verbandsbeschwerde eng
Die Verbandsbeschwerde der Umwelt- und Heimatschutzverbände steht seit geraumer Zeit unter politischem Druck. Das Debakel um das Fussballstadion Zürich liefert nun den Gegnern dieses Rechts weitere Munition. Die Rechtskommission des Ständerates will noch in diesem Sommer eine Vorlage mit einem reduzierten Beschwerderecht vorlegen.
Basel. Der Streit um das Verbandsbeschwerderecht schwelt schon lange. Aber erst das Projekt für das Fussballstadion Zürich, das an der Europameisterschaften 2008 fertig gebaut sein soll, hat die Auseinandersetzung um Grossprojekte und die Macht der Umweltverbände zu einem Thema gemacht, das breitere Kreise interessiert (vgl. Seite 7).
Von Christof Wamister
Im Falle des Stadions Zürich geht es mittlerweile nicht mehr um die Verbandsbeschwerde, weil nicht anzunehmen ist, dass der VCS Schweiz seiner Zürcher Sektion noch die Legitimation für den Rekurs an das Verwaltungsgericht nachreichen wird. Allerdings liegt der Entscheid der VCS-internen Rekurskommission über die Rechtmässigkeit des Vorgehens noch nicht vor. Es wurde in dieser Sache schon so viel Porzellan zerschlagen, dass nichts mehr ausgeschlossen ist. Vermutlich hat das kompromisslose Vorgehen des VCS Zürich der Sache des Verbandsbeschwerderechts einen Bärendienst erwiesen. Der VCS Schweiz sah sich gezwungen, seine Konflikte in der Öffentlichkeit auszutragen, denn er war schon vor den letzten Eskalationen der Stadionaffäre wegen Zahlungsusanzen bei Beschwerdeverfahren unter Druck geraten.
Erfolg im Ständerat
Das im Natur- und Heimatschutzgesetz sowie im Umweltschutzgesetz enthaltene Beschwerderecht für Verbände ist der bauwilligen Wirtschaft und den mit ihr verbündeten Parlamentsvertretern seit langem ein Dorn im Auge. Vorstösse zu seiner Abschaffung oder Redimensionierung wurden in Serie eingereicht und abgelehnt. Erfolg hatte dagegen der Zürcher Ständerat Hans Hoffmann (SVP) mit seinem parlamentarischen Vorstoss für die «Vereinfachung der Umweltverträglichkeitsprüfung sowie Verhinderung von Missbräuchen durch eine Präzisierung des Verbandsbeschwerderechts», der bereits 2002 eingereicht wurde - also noch vor den jüngsten Wirrnissen und Kampagnen. Gemäss Hoffmann sollen Beschwerden den Baubeginn und den Baufortgang nur so weit behindern, «als der Ausgang des Verfahrens die Bauausführung nachweislich beeinflusst».
Diese Formulierung lässt allerdings Fragen offen, und die Rechtskommission des Ständerats, an die die Initiative überwiesen wurde, hat sich des Themas angenommen. Sie ist daran, eine Vorlage auszuarbeiten, wie ihr Präsident, Ständerat Rolf Schweiger (FDP, ZG), auf Anfrage bestätigte. Zuvor waren die interessierten Verbände und Stellen angehört worden. Noch heute Morgen vor der Session will die Kommission über ein Szenario beschliessen, das es möglich machen würde, die Vorlage noch in der Herbstsession zu behandeln. Da es sich um eine Gesetzesänderung handelt, wird das Geschäft in eine Kurzvernehmlassung gehen, begleitet von einem Bericht des Bundesrates. Laut Schweiger setzt dieses Szenario aber voraus, dass es in der Kommission zu einer raschen Einigung kommt. Allerdings hätten die Entwicklungen der letzten Monate dazu geführt, dass neue Elemente in die Kommissionsdiskussion eingebracht wurden. Schweiger nannte als Beispiel die Forderung nach grösserer Transparenz bei den Umweltverbänden - eine direkte Folge des Streits um die Bezahlung von Prozesskosten und vereinbarte Konventionalstrafen (vgl. BaZ vom 14. Mai).
Kern von Hofmanns Vorschlägen ist der Verzicht auf die aufschiebende Wirkung bei Einsprachen, wie er auch beim Rekurs gegen das Zürcher Stadion ins Spiel gebracht wurde. Rolf Schweiger warnt davor, dieses Instrument zu überschätzen. Wenn es beim Streit um ein Bauvorhaben zu viele Unbekannte gebe, sei es nicht geeignet. Denn irgendwann muss entschieden werden, was gebaut und wie viele Parkplätze erstellt werden können.
Landschaftsschutz besorgt
Ebenfalls heute will der Nationalrat eine Erklärung abgeben, in der die Bedeutung der Fussball-EM 2008 unterstrichen wird. Der Antrag auf eine Debatte war vom Büro des Nationalrats abgelehnt worden. Die (beschwerdeberechtigte) Stiftung für Landschaftsschutz (SL) warnte diese Woche vor einer Affekthandlung und mahnt zur Sachlichkeit. «Es wäre unfair und sachlich nicht nachvollziehbar, wenn die Fraktionserklärung zur Stadion-Frage zu einer Breitseite gegen das Verbandsbeschwerderecht und den Umweltschutz in der Schweiz verkäme», schreibt SL-Geschäftsführer Raimund Rodewald und verweist auch auf die Arbeit der ständerätlichen Rechtskommission. Die Umweltverbände fürchten den Stadion-Effekt wohl zu Recht.
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