Beitragvon Battle Axe » 09.06.04 @ 9:20
Zwar von gestern aber trotzdem sehr informativ
8. Juni 2004, 02:26, Neue Zürcher Zeitung
Keine Willkür bei der Berechnung der Parkplatzzahlen
Stadtverwaltung verteidigt das Fahrtenmodell des Stadions Zürich
Im Streit um das neue Fussballstadion auf dem Hardturmareal stehen neben der Grösse des Bauvolumens die Anzahl Parkplätze im Mittelpunkt. Die Stadtverwaltung betont, dass die von ihr berechneten Zahlen nicht einseitig die Anliegen der Investoren berücksichtigen, sondern auch dem Umweltschutz Genüge tun.
mju. Der Verkehr stellt neben dem Schattenwurf den grössten Stolperstein auf dem Weg zur Realisierung des geplanten Fussballstadions auf dem Hardturmareal dar. Grundlage für die Berechnung der Parkplatzzahlen ist laut Andy Fellmann, Verkehrsplaner beim Tiefbauamt der Stadt Zürich, die städtische Parkplatzverordnung. Sie wurde vom Gemeinderat 1996 beschlossen. Die Verordnung legt fest, wie viele Parkplätze bei Neubauten erstellt werden dürfen, damit der Verkehr im Quartier nicht zusammenbricht. Dazu wird eine Zahl von minimal erforderlichen und maximal zulässigen Abstellplätzen berechnet. Zudem sind auf Stadtgebiet verschiedene Reduktionsgebiete ausgeschieden - Gegenden, die besonders stark vom Verkehrschaos bedroht sind oder in denen die Luftqualität den Grenzwerten nicht genügt. Im Reduktionsgebiet A, der Zürcher Altstadt, dürfen nur 10 Prozent der eigentlich gemäss Parkplatzverordnung möglichen Abstellplätze erstellt werden. Im Gebiet D, in welchem das Planungsgebiet des Stadions liegt, müssen minimal 60 Prozent der Parkplätze gebaut werden; maximal dürfen 95 Prozent der Parkplatzzahl bereitgestellt werden.
Welches Reduktionsgebiet?
Der VCS Zürich kritisiert, dass das Stadion dieser Zone D zugeteilt ist: Eigentlich müsste der Bau mindestens in der Zone C liegen, in der minimal 40 und maximal 75 Prozent der Parkplatzzahl erstellt werden darf. Die neuen Tram- und Buslinien, so der VCS, sorgen für eine viel bessere Erschliessung als bisher - also sollten logischerweise weniger Parkplätze zugestanden werden. Die Argumentation des VCS stützt sich auf einen Passus aus der Beurteilung der Stadtverwaltung über die Umweltverträglichkeit des Gestaltungsplanes. Zwar ist dieser Passus dahingehend interpretierbar, wie Karl Tschanz, Leiter Umweltschutzfachstelle beim Umwelt- und Gesundheitsschutz Zürich, einräumt. Die Überlegung des VCS stimme so aber nicht: Als die Reduktionsgebiete festgelegt wurden, seien alle künftig möglichen Erschliessungen schon berücksichtigt worden, inklusive des Trams 18 in Zürich West. Man bewillige heute bereits sehr restriktiv - nämlich so, als wäre die Erschliessung mit öffentlichem Verkehr so gut, wie sie der Richtplan und die darauf basierende Parkplatzverordnung für die Zukunft theoretisch vorsehen. Der Bau neuer Tram- oder Buslinien habe darum auf die Einteilung der Reduktionsgebiete keinen Einfluss mehr.
Fahrtenmodell und Fahrtenzahlen
Umstritten ist auch das Fahrtenmodell, dem die Zürcher Stimmberechtigten mit dem Ja zum Gestaltungsplan für das Stadion zugestimmt haben. Die Parkplätze, so die Überlegung der Stadt, sollen nicht spezifischen Nutzungen zugeteilt werden - dem Hotel, den Büros oder dem Stadion -, sondern allen zur Verfügung stehen. Damit der Autoverkehr nicht ausufert, werden die Autos, die ins Parkhaus einfahren, gezählt. Sind es mehr als die von der Stadt zugestandene Fahrtenzahl, müssen die Investoren Gegenmassnahmen ergreifen.
Der Regierungsrat hat in seinem Entscheid vom April bestimmt, dass für das Fahrtenmodell nicht sämtliche 1250 Parkplätze benutzt werden dürfen, welche im Stadion gebaut werden sollen, sondern nur jene 816, die theoretisch zur Mantelnutzung gehören. Die restlichen Stellplätze müssen abgesperrt bleiben, wenn im Stadion keine Veranstaltungen laufen. Der Regierungsrat hat sich damit dagegen gewehrt, dass das Fahrtenmodell für die Parkplätze des Stadions und der Mantelnutzung gilt - eine Entscheidung, die das von der Stadt vorgeschlagene Parkplatzkonzept aber nicht grundsätzlich in Frage stellt.
Ebenso hatte der Regierungsrat die Anzahl erlaubter Fahrten von 2,5 auf 2,2 Millionen korrigiert. Wie erklärt es sich aber, dass der Kanton, die Stadt, die Anwohner und der VCS zu so unterschiedlichen Fahrtenzahlen kommen? Grundsätzlich kann man diese Zahlen auf verschiedenste Weise ermitteln. Die Stadtverwaltung nahm bei ihrer Berechnung das Reduktionsgebiet D der städtischen Parkplatzverordnung als Basis und kam auf 1,6 bis 2,6 Millionen Fahrten; sie gestand dem Stadion schliesslich 2,5 Millionen Fahrten zu. Hätte die Stadt die kantonale Wegleitung zugrunde gelegt, würden sich gar 2,4 bis 3,3 Millionen Fahrten für das Stadionprojekt ergeben: Die Richtlinien des Kantons sind weniger streng als die Parkplatzverordnung der Stadt, wie Tschanz betont. Der VCS Zürich hingegen geht bei seinen Berechnungen davon aus, dass das Reduktionsgebiet C als Grundlage gelten muss - fälschlicherweise, wie die Stadt überzeugt ist. Der VCS kommt darum auf eine Zahl von 1,2 bis 2 Millionen möglicher Fahrten und verlangt kompromisslos das Minimum.
Die Stadtverwaltung wehrt sich gegen den Vorwurf, bei der Berechnung der Fahrtenzahlen willkürlich gehandelt zu haben. Mit der jetzt geltenden Fahrten- und Parkplatzzahl sei auch den Ansprüchen an den Umweltschutz Genüge getan, zeigen sich Tschanz und Fellmann überzeugt.