Bundesliga 2014/15

Hier kommt alles über Fussball rein, das nicht mit dem FCZ zu tun hat.
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Mogli
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Re: Bundesliga 2014/15

Beitragvon Mogli » 11.05.15 @ 11:12

Schwizermaischter FCZ hat geschrieben:Dortmund reicht Platz 7 ja auch, dazu sollten 3-4 Punkte her. Wird bestimmt eine enge Kiste im Abstiegskampf und eine interessante Konferenzübertragung.


stimmt... dann sollte dies ja eigentlich reichen... ansonsten dürfte es ein heisses Spiel gegen Werder geben in der letzten Runde :)
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Zhyrus
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Re: Bundesliga 2014/15

Beitragvon Zhyrus » 11.05.15 @ 11:18

Charlie Brown hat geschrieben:
Mogli hat geschrieben:Das mit Dortmund ist wohl etwas optimistisch :) Dass Augsburg und Schalke gleich mal alles verlieren was noch ansteht kann ich mir nicht wirklich vorstellen. Denke Dortmund wird die EL nur über das Pokalfinale erreichen können.


Ist Dortmund im Direktvergleich mit Schalke und Augsburg schlechter?

Dortmund ist besser. Sie haben haben eine +5 Bilanz, Schalke +3 und Augsburg -1. Dortmund muss primär nach hinten schauen, halten sie Bremen und Hoffenheim auf Distanz, sind sie in der EL. Entweder über den Pokalsieg oder über den 7. Rang, der bei einem Pokalsieg der Wölfe auch EL berechtigt ist.

Schalke wird es m.E. machen, Sieg gegen Paderborn genügt. Augsburg muss gegen Hannover siegen und hoffen, dass es Gladbach lockerer angeht. Dortmund und Bremen mit dem schwierigsten Programm, die Direktbegegnung wird m.E. über den EL Rang entscheiden. Hoffenheim kriegt hoffentlich gegen Bayer, dann sind sie hinter Dortmund, wenn diese wenigstens einen Punkt holen.

Augsburg
Hannover (H), Gladbach (A)

Schalke
Paderborn (H), HSV (A)

Dortmund
Wolfsburg (A), Bremen (H)

Bremen
Gladbach (H), Dortmund (A)

Hoffenheim
Bayer (A), Hertha (H)

Resultatkosmetik
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Re: Bundesliga 2014/15

Beitragvon Resultatkosmetik » 11.05.15 @ 17:51

Mogli hat geschrieben:Hoffe einfach Freiburg kriegt die Kurve noch... einfach wird es bestimmt nicht. (war eine geile Kiste von Admir am Freitag)


Gegen die Bayern wirds wohl wieder mal nichts. Egal wie das CL-Halbfinale ausgeht, kommen die topmotiviert in den Breisgau. Bleibt zu hoffen dass der Meister zu fest im Höhenrausch ist, oder so richtig tief in die Weichteile getroffen wird, dass der SC keine Klatsche einfängt. Denn für Freiburg ist wichtig, dass das gute Torverhältnis nicht zu fest in Mitleidenschaft gerät. Die Entscheidung fällt aber auf jeden Fall erst gegen Hannover, und da bin ich zuversichtlich.

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Ussersihl
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Re: Bundesliga 2014/15

Beitragvon Ussersihl » 13.05.15 @ 16:08

Schöner Artikel, auf den helvetischen FCB würde der wohl auch zutreffen:

Liebe Bayern-Fans, fühlt Ihr noch irgendwas?

Micky Beisenherz möchte dem FC Bayern zur Meisterschaft gratulieren. Doch er hat das meisterschale Gefühl, unter Triple machen es die Bayern nicht mehr.

Herzlichen Glückwunsch zur Deutschen Meisterschaft, FC Bayern! Die größte Herausforderung an diesen Text wird es sein, es nicht nach Häme klingen zu lassen. Ich denke, ich werde scheitern.

Scheitern. Womit wir wieder zurück bei Euch wären, liebe Münchner Fans. Seid nicht traurig. Gegen den FC Barcelona kann man mal ausscheiden. Auch, wenn viele von Euch - und ich habe unter Euch gesessen gestern - sich noch fünf Minuten vor Schluss so verhalten haben, als sei ein Weiterkommen qua Gesetz unumgänglich. Ein erstaunliches Selbstbewusstsein.

Plötzlich platzen Triple-Träume wie sonst nur Peps Hose. Nehmt es als wichtige Lektion in Demut. Als Kaffeebohne während der nicht enden wollenden Weinprobe, die ihr Alltag nennt. Ihr müsst doch selber gesehen haben, dass das so nicht weiter gehen kann. Wie ihr den 25. Meistertitel "gefeiert" habt...

Nicht wenige haben gehofft, der DFB würde Euch die Trophäe aufgrund akuter Euphorieunterdeckung wieder aberkennen. Gut, dann würde sie an den VfL Wolfsburg gehen - was tatsächlich noch schlimmer wäre.

Liebe Fans, es ist schon klar: Der FC Bayern hat sich sein Geld nicht ergaunert, nein, dieser Erfolg wurde langfristig aufgebaut. Man kann noch nicht mal mehr über die verdammten Duselbayern meckern, die früher in schöner Regelmäßigkeit auch Kackspiele gewonnen haben, weil in Minute 93 plötzlich noch ein Dieter Hoeneß oder ein Luca Toni seine verdammte Birne zum 2:1 hingehalten hatte.

Ihr müsst doch mittlerweile völlig taub sein
Das ist teilweise richtig toller Fußball. Mit einer Mannschaft, deren Kern Spieler bilden, die aus der Region kommen. So etwas sucht man in Hamburg vergebens. Ein Verein, der stets die Möglichkeit hatte, der FC Bayern des Nordens zu werden. Er wurde: Der HSV des Nordens.

Nein, liebe Bayern, das ist toll, da ist verdammt gute Arbeit geleistet worden, und doch: Ihr müsst doch mittlerweile völlig taub sein. Abgestumpft. So wie Abramowitsch, von dem überliefert ist, dass er Rotwein für 5000 Euro direkt aus der Pulle trinkt. Was eine traurige Type.

Und ihr? Es bleibt das meisterschale Gefühl, unter Triple macht ihrs nicht mehr. Wo bei anderen die Empfindungskurve eine schöne Sinuskurve bildet, seh ich bei Euch nur noch ein Hochplateau. Euer Trainer, dieses antiseptische Genie mit einer Aura von Waschzwang. Euer Fußball-verbeamtetes Spektakel. Euer Stadion - ein 75.000-köpfiges Schweigegelübde.

Ihr aus Bochum, Bünde, Bitterfeld...
Und dann der Vorstand. Wie befand mein Kumpel Björn (Schalker) unlängst: "Russland geht genauso schlecht mit Siegen um wie Rummenigge." Will man mit so einem gemeinsam jubeln? Und überhaupt? Ihr, die ihr nicht mal aus dem Lederhosen-Kalifat kommt. Ihr aus Bochum, Bünde, Bitterfeld... warum seid ihr Bayern Fans? Wovor habt ihr eigentlich Angst?

Stellt Euch doch den Härten des Lebens. Traut Euch! Nehmt Euch einen Verein aus Eurer Gegend. Irgendwas Fehlbares. Lasst Niederlagen, lasst das Scheitern zu. Freut Euch über einen Aufstieg. Über den Nichtabstieg. Platz 6. Genießt die Amplitude - anstatt sich panisch das weißblaue "Mia san mia"-Jubelabo zu sichern. Und wenn es der 1. FC Köln ist.

Als Dortmunder weiß ich, was abrupte Erdung bedeutet. Gerade seit dieser Saison. Himmel, was hatten wir plötzlich einen Anspruch. Was wurden ehemalige Highlights plötzlich selbstverständlich. Platz zwei konnte einem bereits das Wochenende versauen. Und was haben wir plötzlich auf die Fresse bekommen... Die Ice Bucket Challenge als Hinrunde.

Aber jetzt? Wir Dortmunder Fans fühlen wieder was! Spiele gegen Hoffenheim oder Paderborn sind wieder echte Höhepunkte. Wir freuen uns wie die Affen, wenn wir die Europa League erreichen. Oder den DFB-Pokal gewinnen. Den wir allein schon deshalb verdient haben, weil: Im Feiern sind wir Champions League. Mir san Bier. Oder so.

Q: http://www.stern.de/kultur/micky-beisen ... 93692.html
Im Fußball gibt es keine Gesetze, ausser natürlich im Cup, der hat seine eigenen.

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Tschik Cajkovski
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Re: Bundesliga 2014/15

Beitragvon Tschik Cajkovski » 15.05.15 @ 15:40

zeilen über unseren verehrten trainergott lucien favre (aus der neuesten weltwoche):

Der Schollentreue

Lucien Favre wird in Deutschland als geerdetes Gegenmodell zum Tiki-Taka-Guru Pep Guardiola vom ­ FC Bayern gefeiert. Die steile Karriere des Waadtländer Bauernsohns lässt sich bereits aus seinen Anfängen als Trainer der Schülermannschaft von Echallens erklären.

Von Peter Hartmann


Er ist ein Vaudois, ein Bauernsohn. Eine Krawatte trug er ein einziges Mal in seinem Leben, bei seiner Hochzeit mit Chantal. Auch sie kennt er aus dem Dorf, sie machte das Buffet bei einer Chilbi, und das ist nun schon über dreissig ­Jahre her. Ferien brauchen sie keine, sie fahren ­einige Wochen nach CH-1040 Saint-Barthé­lemy, ­zurück zu den Wurzeln, in ein Nest mit 785 Einwohnern zwischen Lausanne und Yverdon, wo fast alle Favre heissen. «Lulu» setzt sich dann ins Gras und atmet die Natur und denkt über das Leben nach, also über Fussball. Saint-Barthélemy hat nicht einmal ein Bistro, ist aber ein erstaunlicher Leuchtpunkt auf der Welt­karte. Hier hat in seinem Labor ein anderer ­Favre, der Lebensmittelingenieur Eric Favre, die Ne­spresso-Maschine erfunden. Hier ist auch Stan Wawrinka, der Tennisspieler, aufgewachsen; sein Vater und Lucien Favre gingen zusammen zur Schule.

Dass er jetzt, mit 57, in Deutschland mit Lobreden und Komplimenten überhäuft wird als geerdetes Gegenmodell des fast schon entzauberten Tiki-Taka-Gurus Guardiola beim FC Bayern (den er im März mit Borussia Mönchengladbach in München 2:0 besiegte), nimmt ­Fa­vre wie der Bauer das Wetter. Seine Karriere ist schon aus den Anfängen erklärbar. Er begann im grösseren Nachbarort Echallens die Schüler zu trainieren, und nach vier Jahren landete er mit der Dorfmannschaft in der ­Nationalliga B. Der nächste Schritt führte ihn einige Kilometer weiter: nach Yverdon, dem Provinzhauptort, und zum Aufstieg in die ­Nationalliga A, mit einem brasilianisch an­mutenden leichtfüssigen Stil, so wie er selber gespielt hatte, ehe ihm Gabet Chapuisat mit ­einer Amok-Attacke das Knie zerstörte.

Sprung aus der Muttersprache

Er dachte schon als Spieler, als Nummer 10, wie ein Trainer. Karl-Heinz Rummenigge, der heutige Vorstandsvorsitzende von Bayern München, war sein Mitspieler bei Servette Genf und Zimmerpartner bei Auswärtsspielen. Favre raubte ihm den Schlaf mit stundenlangen Taktikvorträgen. Vielleicht, nichts ist unmöglich im Fussball, hört er sich Favre eines Tages wieder an – auf der Suche nach einem Nachfolger für Guardiola. Borussia Dortmund wollte ihn bereits für Jürgen Klopp aus Mönchengladbach weglocken, Favre, der Schollentreue, blieb.

Vor zwölf Jahren lenkte Sven Hotz, der langjährige Präsident des FC Zürich, seine Schicksalskugel. Hotz erinnert sich: «Ich war mit Jogi Löw in allen Punkten einig. Wir sassen in meinem Büro, er hätte nur noch unterschreiben müssen. Aber er zögerte und zögerte. Ich hatte noch einen weiteren Kandidaten, und als ich ihn im Training beobachtete, war mir klar: Das ist unser Mann.» Löw wurde Assistent des kurzzeitigen deutschen Bundestrainers Jürgen Klinsmann und dann selber Nationaltrainer und letztes Jahr Weltmeister. Lucien Favre aber, der zuvor mit dem FC Servette Genf den Schweizer Cup gewonnen hatte, wagte erstmals den Sprung aus der Muttersprache heraus in eine fremde Arbeitswelt und brachte den FCZ mit den Meistertiteln 2006 und 2007 in die Erfolgsspur zurück.

In Berlin, mit Hertha, stiess er nochmals in ­eine neue Dimension vor. Vierter Platz in der Bundesliga auf Anhieb, danach die Entlassung und 2011 der Job als Nothelfer in Mönchengladbach im Ruhrgebiet, 250 000 Einwohner und eine Legendenvergangenheit mit Trainern wie Weisweiler und Lattek und Spielern wie Netzer, Bonhof, Stielike, Heynckes. Favre rettete den Klub.

In der Bundesliga wird die Offensive zur höchsten Tugend verklärt, je mehr Tore, desto glücklicher Publikum, Reporter und Fern­sehen. Favre wurde anfänglich als Ideologe des «Konzeptfussballs» gebrandmarkt, das Schimpfwort für taktische Vorsicht und Defensive. Er selber sagt, sein Schlüsselerlebnis seien die zwei Wochen im Jahr 1993 als Hospitant bei Johan Cruyff in Barcelona gewesen, dem Propheten der Barça-Schule, die Barça gerade überwindet. Favre lässt längst einen bis ins letzte Detail geschliffenen Fussball spielen (Hitzfeld, halb bewundernd: «Alles einstudiert»), auf Abnützung des Gegners und messerscharfe Konter ausgerichtet wie einst in den sechziger Jahren Inter Mailand unter dem «Magier» Helenio Herrera. Nur statt Catenaccio ein engmaschiges, unerbittliches Pressing.

Zum grossen, bewundernswerten Trainer macht Favre die Gabe, Spieler zu verbessern, ihnen Selbstvertrauen einzuflössen. Sind sie Könner geworden wie Reus und Neustädter oder jetzt Kruse und Kramer, werden sie verkauft. Er findet neue Balltalente. Wie den Brasilianer Raffael Caetano mit dem melancholischen Clownsgesicht, den er in Chiasso als 18-jährigen Desperado entdeckt hatte – sein Star beim FC Zürich, den er mitnahm nach Berlin und später nach Gladbach holte. Raffael schoss die beiden Tore gegen Bayern. Er ist sein Talisman.
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Tschik Cajkovski
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Re: Bundesliga 2014/15

Beitragvon Tschik Cajkovski » 15.05.15 @ 15:44

...und ein interview mit lucien (aus der weltwoche):

Die Koffer stets griffbereit»

Lucien Favre ist der erfolgreichste Schweizer Fussballtrainer der Gegenwart. Als er 2011 Borussia Möchengladbach übernahm, war der traditionsreiche Klub am Ende. Heute gehören seine Fohlen zu Europas Spitze. Ein Gespräch über seine Anfänge, seine Vorbilder und das Leben nach der Bundesliga.


Von Thomas Renggli

Herr Favre, Sie sind im Waadtländer Dörfchen Saint-Barthélemy auf einem Bauernhof aufgewachsen. Wie sehr prägte Sie Ihre Herkunft?

Die Herkunft prägt jeden Menschen – und ich habe fantastische Erinnerungen an ­meine Kindheit. Ich bin in einfachen Verhältnissen gross geworden und bin sehr ­naturverbunden. Der Sport spielte schon damals eine zentrale Rolle. Ich erinnere mich, wie wir im Dorf Ski gelaufen sind und auf den gefrorenen Weihern und Flüssen Eishockey gespielt haben. Und natürlich war da der Fussball: Mit meinen Schulfreunden habe ich jede freie Minute auf der Strasse gekickt. Das war ein ganz anderes Leben, in einer ganz anderen Zeit – vor fast einem halben Jahrhundert.

Kann man die Arbeit auf einem Bauernhof mit derjenigen in einem Fussballklub vergleichen?

(Lacht) Das ist ein ganz schwieriger Vergleich. An beiden Orten muss man früh aufstehen und hart arbeiten. Ohne Leidenschaft und Hingabe geht nichts. Der Beruf ist an beiden Orten eine Berufung. Aber wo muss man heute nicht hart arbeiten? Der Konkurrenzkampf ist in jedem Job gross. Überall muss man sich weiterentwickeln und stetig verbessern wollen. Wer keinen Spass an der Weiterentwicklung und keine Freude an der Arbeit hat, bleibt stehen.

Die Zeit beschrieb Sie als «Fohlenflüsterer» – in Anlehnung an den Spitznamen Mönchengladbachs: die «Fohlenelf». Ehrt Sie das?

Es zeigt mir, dass ich mit dem Klub identifiziert werde – und wie schnell die Zeit vergeht. Ich habe meine Arbeit in Mönchengladbach im Februar 2011 angetreten, stehe also in meinem fünften Jahr. Als ich den Klub übernahm, lagen wir am Tabellen­ende, waren mit nur 16 Punkten nach 22 Spielen quasi klinisch tot. Die Rettung in der Rückrunde war ein Schlüsselerlebnis. Sie besass schon fast die Bedeutung eines Titelgewinns und löste ­eine wahre Euphorie aus. In der folgenden Saison übertrafen wir mit dem vierten Platz alle Erwartungen. Der Erfolg hatte die Konsequenz, dass wir auf dem Transfermarkt viele Spieler ver­loren und zu einem Neuaufbau gezwungen wurden. Dank der hervorragenden Nachwuchsabteilung und einer klugen Transferstrategie können wir uns in der Spitzengruppe halten. Jetzt geht es darum, die Mannschaft auf hohem Niveau zu stabilisieren und zu konsolidieren.

Der Schatten der Vergangenheit ist in Mönchengladbach lang. Fünf Meisterschaften in den siebziger Jahren, die Uefa-Pokal­siege 1975 und 1979, das sagenumwobene 7:1 ­gegen Inter Mailand 1971 im annullierten «Büchsenwurfspiel» und drei deutsche ­Pokalsiege, der letzte 1995. Sie spielen auch gegen die alten Erfolge. Stört Sie das?

So ist der Fussball – das gehört zum Wesen dieses Sports. Die Fans träumen ­gerne von der erfolgreichen Vergangenheit, ja verklären sie. Das war in Zürich nicht anders. Was haben die Fans nicht immer von den alten Helden Köbi Kuhn, Fritz Künzli oder Karl Grob geschwärmt! Daraus nahmen sie ihre Hoffnung auf bessere Zeiten. Als wir 2006 Schweizer Meister wurden, lag der letzte ­Gewinn des nationalen Championats 25 Jahre zurück. Bei allen Träumereien ist es aber entscheidend, dass der Trainer und die Spieler auf dem Boden der Realität bleiben.

Die temporeiche und offensive Spielweise von Borussia Mönchengladbach erinnert tatsächlich an die siebziger Jahre . . .

. . . ohne zu kämpfen, kann man in der Bundesliga nicht gewinnen. Uns fällt das Siegen nie leicht, dafür ist die Leistungsdichte zu gross. Bayern München steht über allem – mit ganz anderen finanziellen Möglichkeiten als wir. Aber auch Klubs wie Dortmund, Leverkusen, Wolfsburg oder Schalke kämpfen mit längeren Spiessen. Doch gerade die Hinrunde von Borussia Dortmund macht deutlich, wie schmal der Grat ist, auf dem man sich in dieser Liga bewegt.

Bayern München spielt mit einem Budget von zirka 530 Millionen Euro finanziell in einer eigenen Liga. In Mönchengladbach würde der Betrag für ungefähr vier Saisons reichen. Ist diese unterschiedliche Ausgangslage gelegentlich frustrierend?

Nein, eher motivierend. Wie gesagt: Geld ist nicht alles. Würden allein die finan­ziellen Möglichkeiten entscheiden, wäre Bayern München als Meister jedes Jahr ­gesetzt. Doch 2009 gewann Wolfsburg den Titel, 2011 und 2012 siegte ­Borussia Dortmund. Fussball ist eine Rechnung mit vielen Unbekannten.

Trotzdem werden die Grossen immer grös­ser und reicher – und die Top-Ligen in ganz Europa mehr und mehr zu Zweiklassen­gesellschaften. Wie kann dieser Trend ­gestoppt werden?

Diese Entwicklung ist auf die Champions League zurückzuführen, in der die grössten Geldsummen zu gewinnen sind. Letztlich sind es oft die gleichen Klubs, die diese Prämien unter sich ausmachen. Deshalb wäre es für uns ein ganz wichtiger Schritt, wenn wir uns für die Champions League qualifizieren könnten. Der Einzug in die Königsklasse würde uns sportlich und wirtschaftlich auf ein neues Niveau heben.

Wie kann ein Klub wie Borussia Mönchen­gladbach angesichts der wirtschaftlichen Übermacht der Bayern konkurrenzfähig bleiben?

Ausbildung und Talent-Scouting sind unsere einzigen Möglichkeiten, mit den wirtschaftlich potentesten Klubs mitzuhalten. Eigentlich möchte ich noch konsequenter auf eigene Junioren setzen, als wir das eh schon tun. Das muss unser Weg sein – und er wird es sein. Und dann geht es darum, die Mannschaft zusammenzuhalten. Aber ­natürlich ist das sehr schwierig. Denn mit ­jedem Erfolg wachsen die Begehrlichkeiten und Einflüsse von aussen. Aber auch in dieser Beziehung würde uns die Champions-League-Teilnahme in die Karten spielen. Wir hätten quasi ­einen neuen Trumpf in der Hand.

Gisela Weisweiler – die Witwe des unvergesslichen Hennes Weisweiler – hat in ­einem Zeitungsinterview unlängst gesagt: «In Lucien Favre erkenne ich meinen Mann wieder.» Was sagen Sie dazu?

Ich bedanke mich für dieses Kompliment. Ich kann mich gut an Herrn Weisweiler aus ­seiner Zeit bei den Grasshoppers erinnern. Ich spielte damals bei Servette. GC zelebrierte ­einen schönen, attraktiven Fussball. Weisweiler stand für das kreative und intelligente Spiel. Er schlug mich für die Wahl zum Fussballer des Jahres 1983 vor. Das behalte ich immer in bester Erinnerung. (Schmunzelt)

Gibt es für Sie Vorbilder im Trainergeschäft?

Weisweiler ist definitiv ein Vorbild. Mit seiner Art, Fussball spielen zu lassen, war er der Zeit voraus. In Mönchengladbach ist er Teil der Klubgeschichte und des öffentlichen Kulturguts. An ihm kommt niemand vorbei.

Sie blieben in den ersten achtzehn Spielen dieser Saison ungeschlagen und knackten damit einen Uralt-Rekord aus der Weisweiler-Ära (1970/71). Was bedeutet Ihnen das?

Es bestätigt mir, dass wir auf gutem Weg sind, dass wir schon eine erstaunliche Konstanz erreicht haben, in einer Liga notabene, in der der Konkurrenzkampf sehr gross ist. Wenn Klubs wie der Hamburger SV oder der VfB Stuttgart – beides ehemalige Meister – in den Abstiegskampf involviert sind, sagt das alles über die Leistungsdichte.

Wie wichtig ist es für Sie, schönen Fussball zu zeigen?

Selbstverständlich zählt am Schluss in erster Linie der Erfolg. Der Weg dorthin ist wie das Zusammensetzen eines komplizierten Puzzles. Die defensive Basis muss solid sein, die Laufwege der Spieler müssen abgestimmt sein. Um schönen Fussball zu ­zeigen, braucht es Solidarität und mannschaftliche Geschlossenheit bei individueller Klasse auf jeder Position. Der Schlüssel dazu liegt in einem kontinuierlichen Aufbau und einem nachhaltigen Entwicklungsprozess. Nur wenn die Mannschaft eine gewisse Zeit zusammenbleibt, ist dieser schöne Fussball möglich. In Zürich war das der Fall.

Was bedeuten Ihnen Zuneigung und ­Akzeptanz der Fans?

Sie sind sehr wichtig, weil sie Wertschätzung und Respekt ausdrücken. Letztlich ist die öffentliche Begeisterung auch ein Nährboden des Erfolgs. In Zürich konnten wir die Publikumszahlen kontinuierlich steigern, bis in den fünfstelligen Bereich. In Mönchengladbach befinden wir uns in ­einer ganz anderen Ausgangslage – mit ­einem fantastischen Stadion und einem Durchschnitt von über 50 000 Zuschauern. Unglaublich! Mönchengladbach hat sich in den letzten Jahren wieder zu einer sehr ­guten Adresse entwickelt – mit einer Ausstrahlung über die Landesgrenzen hinaus. Man spricht wieder mit Respekt von der ­Borussia als internationaler Marke. Das macht mich stolz.

Als Fussballer waren Sie ein Künstler, der vor allem von seinen technischen Fähigkeiten lebte. Als Trainer gelten Sie als akribischer Schaffer, der am Morgen als Erster auf dem Trainingsplatz ist – und am Abend als Letzter geht. Ist dies kein Widerspruch?

Was Sie sagen, ist nicht die ganze Wahrheit. Ich trug als Fussballer zwar die Nummer 10 und war technisch gut. Aber gleichzeitig bin ich viel gelaufen und habe konsequent an meiner Physis gearbeitet. Ohne Konditions- und Krafttraining hätte ich kaum dieses Niveau erreicht. Im Zentrum stand und steht für mich aber immer der Ball. Wenn mir ein Ball über den Weg rollt, kann ich nicht anders, als ihn zu kicken.

Minutiös sind Sie auch Ihre Trainerkarriere angegangen. Sie begannen in Echallens in der ersten Liga. Dann ging es Schritt für Schritt aufwärts – Yverdon (Aufstieg in die Nationalliga A), Servette (Cup-Sieg), FC Zürich (zweimal Meister/Cup-Sieger), Hertha, Borussia Mönchengladbach. Lässt sich eine Trainerkarriere planen?

Jein. Ich wusste am Anfang nicht, ob ich wirklich Trainer werden wollte, und habe mich kontinuierlich an die Aufgabe herangetastet. In Echallens begann ich 1991 als Assistent der C-Junioren, um den Verein von Grund auf kennenzulernen. In der damaligen Mannschaft stand übrigens ein Jüngling namens Ludovic Magnin. Dann übernahm ich zunächst die A-Junioren und schliesslich die erste Mannschaft, mit der ich in die Natio­nalliga B aufstieg. Über den Posten als Sportchef für den Nachwuchs von ­Xamax Neuenburg führte mein Weg nach Yverdon. Mit dem Aufstieg in die Nationalliga A eröffneten sich mir neue Möglichkeiten. Der Beruf des Trainers ist ein stetiger Lernprozess.

Es heisst, ein Trainer sei erst dann ein richtiger Trainer, wenn er einmal entlassen wurde. Sie wurden bei Hertha entlassen. Wie einschneidend war diese Erfahrung?

Es war definitiv keine schöne Erfahrung. Aber als Trainer muss man immer mit allem rechnen und die Koffer stets griffbereit ­haben. Wenn du zwanzig Jahre als Trainer arbeitest, wirst du bestimmt zweimal entlassen.

Wie denken Sie generell über die Position der Trainer? Sind Trainer letztlich immer das schwächste Glied in der Kette?

Ich denke positiv und schaue immer nach vorn. Ich pro­biere mich täglich zu verbessern und neue Wege einzuschlagen – neue Übungen zu entwickeln, neue Methoden zu testen. Von zentraler Bedeutung im Trainer­alltag ist die Kommunikation – die Kommunikation mit den Spielern und den Assistenten, diejenige mit dem Sportchef, dem Präsidenten, dem Verband, den Schiedsrichtern oder mit dem Medienchef. Der moderne Trainer muss auch ein Kommunikations­profi sein.

Was würden Sie heute tun, wenn Sie nicht Trainer auf Top-Niveau geworden wären?

Ich wäre wohl trotzdem im Fussball engagiert – vermutlich im Ausbildungsbereich. Wenn ich dereinst in die Schweiz zurückkehre, strebe ich eine Rolle im Management, Vorstand oder eben Ausbildungsbereich ­eines Klubs an.

Zur Schweizer Liga: Basel spielt in der Champions League seit Jahren eine wichtige Rolle. Der FC Zürich trotzte Mönchengladbach ein Unentschieden ab und gewann ­sogar gegen Villarreal. Welche Rolle würden die besten Schweizer Teams in der ­Bundesliga spielen?

Ich nehme immer den FC Zürich in den ­Jahren 2006 und 2007 als Vergleichswert, als wir zweimal Meister wurden. Die damalige Mannschaft hätte in der Bundesliga keine schlechte Figur abgegeben. Oder der FC Basel: Wer Manchester United und Liverpool aus der Champions League wirft oder in der Europa League ins Halbfinale vorstösst, könnte auch in Deutschland mithalten. Wir leisten in der Schweiz im Nachwuchs und in der Trainerausbildung hervorragende ­Arbeit, entsprechend ist die Leistungsdichte deutlich gewachsen. Es ist kein Zufall, dass auch Klubs wie St. Gallen, Thun oder die Young Boys in den letzten Jahren auf europäischem Rasen ihre Spuren hinterlassen haben. Ich würde das Niveau der Super League mit den Top-­Ligen in Holland, ­Dänemark oder Schweden vergleichen.

Seit Sie in Mönchengladbach Trainer sind, ist die Borussia gerade für junge Schweizer Profis eine interessante Adresse geworden. Sind Marco Schönbächler und Fabian Schär schon auf dem Weg in den Borussia-Park?

Schönbächler ist ein hervorragender Spieler für die Aussenbahnen oder als hängende Spitze. Aber auf dieser Position sind wir in Mönchengladbach derzeit ausgezeichnet ­besetzt. Solange das so bleibt, werden wir nicht aktiv. Wir müssen unser Budget einhalten. Auch Schär ist aktuell kein Thema. Grundsätzlich gibt es in der Schweiz viele interessante junge Fussballer. Ich denke an Breel Embolo vom FC Basel – ein heraus­ragendes Talent. Wenn sich aber finanziell potentere Klubs so heftig um ihn bemühen, können wir nicht mithalten.

Sie sind seit 2011 in Gladbach tätig – und ­damit neben Jürgen Klopp der dienstälteste Bundesligatrainer. Ihr Vertrag läuft bis 2017. Denken Sie mit 57 Jahren über diesen Termin hinaus?

Nein. Der Vertrag mit Borussia gibt mir eine gewisse Sicherheit. Eine wirklich langfristige Planung ist als Trainer aber nie möglich. ­Momentan plane ich für die kommende ­Saison und hoffe, dass wir die Mannschaft ­zusammenhalten können.

Aber wenn der Posten des Schweizer Nationaltrainers das nächste Mal frei wird, gehört Lucien Favre bestimmt zu den Kandidaten . . .

Es ist fast schon logisch, dass mein Name dann zum Thema wird – schliesslich hatte ich in der Schweiz Erfolg und konnte mich nun auch in der Bundesliga durchsetzen. Ich bin bei Borussia Mönchengladbach aber wunschlos glücklich und konzentriere mich zu hundert Prozent auf unsere nächsten ­Herausforderungen.
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Resultatkosmetik
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Re: Bundesliga 2014/15

Beitragvon Resultatkosmetik » 16.05.15 @ 22:34

gool hat geschrieben:Gegen die Bayern wirds wohl wieder mal nichts.

wieder mal eine top-prognose. als pessimist hat man halt entweder recht oder ist positiv überrascht... admir mit einem hammertreffer zum freiburger ausgleich. am schluss ist der sieg sicher glücklich, aber nicht unverdient. das zählt jedoch alles nichts ohne ein positives resultat nächsten samstag.


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