Zürcher Südkurve verurteilt unverhältnismässigen Polizeieinsatz aufs Schärfste
Die Zürcher Südkurve verurteilt den gestrigen Polizeieinsatz und die damit verbundene Fichierung von 750 FCZ-Fans aufs Schärfste. Mit ihrem aggressiven und unverhältnismässigen Vorgehen nahm die Polizei stundenlange Verkehrsbehinderungen und Ausschreitungen mutwillig in Kauf.
Rund 750 FCZ-Fans wurden auf ihrem Weg zum Stadion ohne Vorwarnung von einer Hundertschaft von Polizisten eingekesselt. Ein Entkommen aus dem Kessel war weder für Unbeteiligte, noch für Frauen oder Kinder möglich. Per schwer verständlicher Megaphondurchsage wurden die eingekesselten Fans aufgefordert, sich einzeln ausweisen und fichieren zu lassen. Dieser unverhältnismässigen Forderung wollten sie jedoch nicht nachkommen. Sie beschlossen, friedlich im Polizeikessel auszuharren, in der Hoffnung dass sich die Polizei zurückzieht. Stattdessen kamen aber immer mehr Polizeifahrzeuge zum Kessel und die Fans wurden immer dichter zusammengedrängt. Eingepfercht zwischen Hauswänden, Büschen und aggressiven Polizisten drohte die Stimmung zu kippen. Je länger die Einkesselung dauerte, desto stärker fühlten sich die Fans ungerecht und unmenschlich behandelt: Wer aufs WC musste, wurde von den Polizisten genötigt an die umliegenden Hauswände zu urinieren. Einzelne Personen wurden willkürlich aus der Masse gepickt und fichiert. Einige Fans drohten in Panik auszubrechen. Es kam zu ersten Auseinandersetzungen, wobei sämtliche Eingekesselte unterschiedslos Übergriffen der Polizei ausgesetzt waren. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt wurden Wasserwerfer eingesetzt, Tränengas und Pfefferspray versprüht sowie mit Gummischrot auf Kopfhöhe gezielt. Nach mehreren Stunden wurden sämtliche 750 Fans von der Polizei fichiert. Dabei wurden ihre Personalien aufgenommen und jede Person einzeln fotografiert.
Absehbar war auch, dass sich die nicht eingekesselten Fans mit den Eingekesselten solidarisieren würden. Berichte über Schikanen durch die Polizei drangen nach aussen. Zudem wurde mit der Zeit klar, dass 750 Personen – die meisten von ihnen mit Tickets ausgestattet - im Regen und eingekesselt von der Polizei, auf das erste Derby in diesem Jahr verzichten müssen. Dass man auf einen derart unverhältnismässigen und unterschiedslosen Polizeieinsatz mit Gegengewalt reagiert, ist nachvollziehbar – umso mehr, weil auch die Gründe für den Polizeieinsatz rätselhaft sind.
Die Stadtpolizei begründet die Einkesselung nämlich mit dem „massiven Zünden von Feuerwerkskörper und Leuchtpetarden“. Diese Argumentation ist fadenscheinig. Der Pyroeinsatz bewegte sich im Vergleich zu anderen Fanmärschen im Rahmen. Der gemeinsame Gang der FCZ Fans von der Fritschiwiese zum Stadion wurde von der Polizei in den letzten Jahren wiederholt geduldet – auch nachdem ein Marsch im Mai 2013 unter massivem Gummischroteinsatz mit mehreren Verletzten kurzzeitig gestoppt wurde. Auch für Fussballfans gilt zudem das so genannte Störerprinzip, wonach sich Polizeieinsätze gegen fehlbare Einzelne, aber nicht gegen eine ganze Gruppe zu richten haben. Die Taktik der Einkesselung mit anschliessender kollektiver Fichierung scheint eine Spezialität der Stadtpolizei Zürich zu sein, wird sie von ihr doch immer wieder angewandt. Dass diese rechtsstaatlich höchst fragwürdige Praxis auch unter dem neuen Polizeivorstand Richard Wolff fort besteht, ist vor dessen persönlichen und politischen Hintergrund umso bedenklicher.
Es muss davon ausgegangen werden, dass die Aktion von langer Hand geplant war und nicht wie angegeben durch das Zünden von Feuerwerk ausgelöst wurde. Im strategischen Plan der Stadtpolizei Zürich für 2014-2018 wird erwähnt, dass sich die Polizei für einen „markanten Rückgang“ von Pyro einsetzen will. Dafür scheint ihr nun offensichtlich jedes Mittel Recht – auch die vorübergehende Freiheitsberaubung Unschuldiger. Während den StimmbürgerInnen im Jahr 2013 mit der Einführung des Konkordats versprochen wurde, dass Gewalt rund um Fussballspiele endlich der Vergangenheit angehören, wird diese nun von der Polizei bewusst provoziert.
Ohne Einkesselung hätte es keine mehrstündigen Ausschreitungen und Verkehrsbehinderungen gegeben, das Derby wäre im gewohnten Rahmen über die Bühne gegangen. Dass wir unsere Mannschaft in diesem wichtigen Derby nicht unterstützen konnten, schmerzt die Südkurve übrigens am meisten.
Was mit den Daten der Fans nun passiert, ist unklar. Die Zürcher Südkurve wird das weitere Vorgehen der Stadtpolizei auf jeden Fall juristisch und anwaltlich begleiten.