Fansicht.ch

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Re: Fansicht.ch

Beitragvon 5:0 » 10.03.12 @ 16:42

youtube verfügt über so eine experimentelle subtitle funktion, die den ton automatisch in untertitel verwandelt, natürlich nicht fehlerfrei und kontextgetreu
Pro Umfülle & Stehplätz oder gsehn ich us wien en langhaarige, ungwäschnä, arbätslosä, lingge, haschischfixer


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dynamo
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Re: Fansicht.ch

Beitragvon dynamo » 13.03.12 @ 17:25

Suchfunktion funktioniert (bei mir) nicht und ich habe keine Ahnung ob schon gepostet. Kein Wunder ist B. Epstein in der Journischule durch die Medienethikprüfung gerasselt!

Privatsphäre / Menschenwürde
(X. c. «Blick»/«Blick.ch»)
Stellungnahme des Presserates 3/2012
vom 8. Februar 2012

I. Sachverhalt
A. Am 3. November 2011 spielte der FC Zürich im Rahmen der Europa-League in Rom
gegen Lazio Rom. Kurz vor Beginn der Partie explodierte im Sektor der Zürcher Fans eine
Knallpetarde in den Händen eines Fans. Dem Mann wurden drei Finger abgerissen, zwei
weitere Personen verletzt.

B. Am 7. November 2011 starteten «Blick», «Blick.ch» und «Blick am Abend» eine Artikel-
Serie über den Verunfallten. Der erste Beitrag erschien unter dem Titel «Entlarvt! Das ist der
Petarden-Trottel von Rom» in «Blick» und «Blick.ch». Benny Epstein schreibt, der 25-jährige
Fan wohne mit zwei Freunden in einer Wohngemeinschaft in Adlikon. Die Leser und
Leserinnen erfahren zudem seinen Vornamen, das Initial des Nachnamens und seinen
Übernamen und sie sehen ein mit einem Balken versehenes Bild von ihm.

C. Am 8. November 2011 berichten Max Kern und Benny Epstein in «Blick» («Petarden-
Trottel. Er arbeitet beim Film») und «Blick.ch» («Er ist nicht da, er ist verunfallt»), der 25-
Jährige, der laut den Behörden in der Zwischenzeit wieder in die Schweiz zurückgekehrt sei
und in einem Zürcher Spital liege – habe bisher beim Film gejobbt. Der Arbeitgeber habe sich
gegenüber «Blick» nicht äussern wollen.

D. Am nächsten Tag fragen «Blick» und «Blick.ch»: «Was für eine Kinderstube hat der
Petarden-Trottel? Sein Vater ist Schulpsychologe!» Der Artikel beschreibt, wie Benny
Epstein vergeblich versucht, die Eltern des Verunfallten vor einem Mehrfamilienhaus in
Adlikon zu einem Statement zu bewegen. Neben dem bereits in den vorherigen Berichten
verwendeten Bild des Verunfallten (mit Balken) zeigt «Blick» das Haus in Adlikon, in dem
die Wohngemeinschaft wohnt.

E. Schliesslich kündigen «Blick» und «Blick.ch» am 10. November an: «Petarden-Trottel
kriegt keine IV». «Blick» habe in Erfahrung gebracht, dass der Verunfallte vor grossen
Problemen stehe. So stecke er noch mitten in der Probezeit, weshalb ihm der Arbeitgeber
kurzfristig kündigen könne. Mit einer Invalidenrente könne er kaum rechnen, dem FC Zürich
müsse er noch eine UEFA-Busse in unbekannter Höhe zurückzahlen und die Arztkosten
wegen Grobfahrlässigkeit wohl teilweise selber übernehmen.

F. Am 10. November 2011 beschwerte sich X. beim Presserat über die Artikelserie
«Petarden-Trottel» im «Blick», «Blick am Abend» und «Blick.ch». Mit den vom 7. bis am 10.
November veröffentlichten Berichten habe die «Blick»-Redaktion gegen die Ziffern 7
(Privatsphäre) und 8 (Menschenwürde/Opferschutz) der «Erklärung der Pflichten und Rechte
der Journalistinnen und Journalisten» verstossen.
Die Art und Weise der Recherche und die Verwendung von zweifelhaften Bildern verletzten
die Privatsphäre des Verunfallten und dessen Eltern. An der Berichterstattung habe kein
öffentliches Interesse bestanden. Der Verunfallte sei allen vorliegenden Informationen gemäss
nicht einmal für das Zünden der Petarde verantwortlich. Und weder die Reaktion seiner Eltern
noch diejenige seines Arbeitgebers seien von öffentlichem Interesse.
Die Vorgehensweise der «Blick»-Redaktion respektiere zudem weder das Leid des
Verunfallten noch dasjenige seiner Eltern. In diesem Zusammenhang sei auch die wiederholte
Verwendung der Bezeichnung des Unfallopfers als «Petarden-Trottel» in Erwägung zu
ziehen.

G. Am 14. Dezember 2011 teilte Blattmacher Urs Helbling im Auftrag von Chefredaktor
Ralph Grosse-Bley mit, «Blick» verzichte auf eine Stellungnahme.
H. Der Presserat wies die Beschwerde der 1. Kammer zu, der Francesca Snider
(Kammerpräsidentin), Pia Horlacher, Francesca Luvini, Sonja Schmidmeister und David
Spinnler (Mitglieder) angehören. Klaus Lange, Redaktor im Newsroom der «Blick»-Gruppe,
trat in den Ausstand.

I. Die 1. Kammer behandelte die Beschwerde an ihrer Sitzung vom 8. Februar 2012 sowie auf
dem Korrespondenzweg.

II. Erwägungen
1. Die nachfolgenden Erwägungen beziehen sich auf die – mit Ausnahme eines Titels –
identischen Berichte von «Blick» und «Blick.ch». Der Beschwerdeführer richtet seine
Beschwerde zwar formell auch gegen «Blick am Abend», hat von diesem aber keine Berichte
eingereicht.

2. a) Gemäss der Ziffer 7 zur «Erklärung» respektieren die Medienschaffenden «die
Privatsphäre der einzelnen Personen, sofern das öffentliche Interesse nicht das Gegenteil
verlangt». Die zugehörige Richtlinie 7.1 bekräftigt, dass jede Person Anspruch auf den Schutz
ihres Privatlebens hat. Deshalb ist jede Belästigung von Personen in ihrem Privatbereich zu
unterlassen (Eindringen in Häuser, Verfolgung, Auflauern, telefonische Belästigung usw.).
Die Richtlinie 7.2 (Identifizierung) verlangt, dass die Medienschaffenden «die beteiligten
Interessen (Recht der Öffentlichkeit auf Information, Schutz der Privatsphäre) sorgfältig»
abwägen. Überwiegt das Interesse am Schutz der Privatsphäre das Interesse der Öffentlichkeit
an einer identifizierenden Berichterstattung, veröffentlichen Journalistinnen und Journalisten
weder Namen noch andere Angaben, welche die Identifikation einer Person durch Dritte
ermöglichen, die nicht zu Familie, sozialem oder beruflichem Umfeld des Betroffenen
gehören, also ausschliesslich durch die Medien informiert werden.

b) Die Berichterstattung über die unerfreulichen Seiten der Fussball-Fankultur, insbesondere
auch über die Vorfälle rund um das Europa-League Spiel des FC Zürich in Rom ist von
öffentlichem Interesse. Dazu musste der Betroffene aber nicht ans Licht der Öffentlichkeit
gezerrt und an den Pranger gestellt werden. Die Beteiligung an dem tragischen Unglücksfall
macht den Verunfallten ungeachtet davon, ob er die verhängnisvolle Petarde selber gezündet
hat, nicht zu einer Person des öffentliches Interesses. Er hat sich nie selber öffentlich zu
seinen Verletzungen geäussert.

c) Der Presserat hat in seinen Stellungnahmen mehrfach darauf hingewiesen, dass öffentliches
Interesse nicht mit öffentlicher Neugier zu verwechseln ist (Stellungnahme 52/2006). Denn
die angebliche Entlarvung des jungen Mannes, der den Behörden bekannt ist, dient
keineswegs dazu, zur Aufklärung einer möglichen Straftat beizutragen. Der Verunfallte ist
laut den Berichten der Polizei bekannt und wurde von dieser ins Spital gebracht. Die
«Entlarvung» dient in diesem Fall einzig dazu, den Betroffenen und seine Angehörigen an
den Pranger zu stellen. Dies lässt sich im Lichte von Ziffer 7 der «Erklärung» selbst dann
nicht rechtfertigen, wenn Bilder mit schwarzen Balken abgedeckt und der Name des
Betroffenen nicht vollständig genannt werden. Zwar mag es zutreffen, dass bei separater
Betrachtung der vier vom 7. bis am 10. November 2011 aufeinanderfolgend veröffentlichten
Berichte nicht jeder einzelne davon eine Identifizierung zulässt. Insbesondere der Artikel vom
9. November («Was für eine Kinderstube hat der Petarden-Trottel? Sein Vater ist
Schulpsychologe!») enthält mit der Angabe von Vornamen und dem Initial des Nachnamens,
dem mit einem schwarzen Balken abgedeckten Bild des Verunfallten, dem Wohnort
(Adlikon), dem Bild des Hauses, in dem die Wohngemeinschaft wohnt sowie dem Beruf des
Vaters (Schulpychologe), der Angabe des Vornamens des Vaters und dem Hinweis, dass
dieser an zwei Sekundarschulen im Kanton Zürich arbeitet, eine Vielzahl von
Identifikationsmerkmalen, die eine Identifikation ausserhalb desjenigen Kreises von Personen
als wahrscheinlich erscheinen lässt, die im Sinne der Richtlinie 7.2 ausschliesslich durch die
Medien informiert werden.

d) Über die eine Identifizierung ermöglichende Berichterstattung hinaus erscheinen zudem
die Recherchemethoden von «Blick» problematisch. Zwar ist es den Medien im Rahmen des
öffentlichen Interesses nicht verwehrt, über die Hintergründe eines Unfalls zu recherchieren.
Und ein einzelner Telefonanruf – sofern er nicht zur Unzeit erfolgt – stellt noch keine
unzulässige Belästigung im Sinne der Richtlinie 7.1 dar (Stellungnahme 8/2007). Hingegen
erscheint die Art und Weise, in der «Blick» systematisch das private Umfeld des Verunfallten
durchleuchtet, WG-Kollegen, Arbeitgeber und Eltern kontaktiert hat, in der Summe als
unverhältnismässig und übersteigt deshalb nach Auffassung des Presserats das berufsethisch
Zulässige. Zumal die Publikation des mageren Rechercheergebnisses wie oben ausgeführt
nicht im öffentlichen Interesse lag, sondern bloss die öffentliche Neugier befriedigte und dazu
diente, den Verunfallten und seine Angehörigen an den Pranger zu stellen. Entsprechend wäre
«Blick» zumindest verpflichtet gewesen, vor der Veröffentlichung der Informationen über das
private Umfeld des Verunfallten nochmals sorgfältig zwischen Schutz der Privatsphäre der
Betroffenen und dem öffentlichen Interesse an der Berichterstattung abzuwägen.

3. a) Der Beschwerdeführer sieht darüber hinaus auch die Ziffer 8 der «Erklärung»
(Menschenwürde, Opferschutz) verletzt. «Blick» respektiere mit seiner Vorgehensweise und
der wiederholten Verwendung der Bezeichnung «Petarden-Trottel» weder das Leid des
Verunfallten noch dasjenige seiner Angehörigen.

b) Der Presserat weist in seinen Stellungnahmen zum Diskriminierungsverbot und zur
Menschenwürde (vgl. zuletzt die Stellungnahme 47/2011 mit weiteren Hinweisen) konstant
darauf hin, dass die abwertende Äusserung gegen eine Gruppe oder ein Individuum eine
Mindestintensität erreichen muss, um als herabwürdigend oder diskriminierend zu gelten. Nur
dann verletzt sie Ziffer 8 der «Erklärung».

c) Auch wenn die «Blick»-Kampagne in ungerechtfertigter Weise Privates an die
Öffentlichzeit zerrt, verletzt sie damit nicht automatisch auch die Menschenwürde des
Verunfallten und seiner Angehörigen. Die Bezeichnung «Petarden-Trottel» ist zwar für den
Betroffenen hart, sie bewegt sich aber innerhalb der Kommentarfreiheit, der ein grosser
Freiraum zuzugestehen ist. Der Verunfallte wird weder durch diese Bezeichnung noch durch
den Hinweis auf die möglicherweise drastischen wirtschaftlichen und sozialen Folgen seines
Verhaltens in seinem Menschsein herabgesetzt. Und ebenso wenig hat «Blick» in
sensationalistischer Weise Bilder veröffentlicht, welche im Sinne der Richtlinien 8.3 und 8.5
zur «Erklärung» die Menschenwürde des Opfers und seiner Angehörigen missachten.

III. Feststellungen

1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen.

2. «Blick» und «Blick.ch» haben mit der vom 7. bis am 10. November 2010 erfolgten
Veröffentlichung der Artikelserie über einen Unfall, bei dem eine Knallpetarde in den Händen
eines Fans explodierte, die Ziffer 7 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der
Journalistinnen und Journalisten» (Privatsphäre; Identifizierung) verletzt.

3. «Blick» und «Blick.ch» haben die Ziffer 8 der «Erklärung» (Menschenwürde, Opferschutz)
nicht verletzt.

parmigiana
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Re: Fansicht.ch

Beitragvon parmigiana » 29.03.12 @ 12:08

Interessanter Artikel aus der aktuellen Nummer (2/2012) der Zeitschrift Plädoyer - Magazin für Recht und Politik

Vorschneller Einsatz von Kommissar InternetVera Beutler

Persönlichkeitsschutz · In der Strafprozessordnung ist die ­Fahndung übers Internet kaum geregelt. Polizei und Staatsanwaltschaft bestimmen den Einsatz selbst. Dabei übersehen sie eine Besonderheit im Web: Die weltweite und zeitlich unbeschränkte Verbreitung.


Polizei und Staatsanwaltschaften fahnden immer öfter mit Hilfe des Internets. Im Kanton Basel-Stadt ­wurde das Internet laut Kriminalkommissär Peter Gill zur Identifizierung mehrerer Hooligans ­sowie in zwei weiteren Fällen eingesetzt. Bern arbeitet gemäss Staatsanwalt und Informationsbeauftragtem der Staatsanwaltschaft Christof Scheurer «nur in vereinzelten Fällen» mit dem Instrument der Internetfahndung, «beispielsweise beim Cupfinal». Auch Luzern setzte die Internetfahndung laut Staatsanwaltschaft schon mehrfach ein - so 2007 als erster Kanton zur Identifizierung von Hooligans. Hanspeter Krüsi von der Kantonspolizei St. Gallen beziffert die Zahl der bis heute durchgeführten Internetfahndungen auf vier. Zürich hat gemäss Caroline Bouvard von der Oberstaatsanwaltschaft allein seit Anfang 2011 drei Internetfahndungen durchgeführt.

Welche Bilder zur Identifikation eines Tatverdächtigen ins Internet gestellt werden, ist von Kanton zu Kanton verschieden. In St. Gallen werden laut Staatsanwalt Thomas Hansjakob keine ganzen Filmsequenzen von Delikten publiziert - im Unterschied etwa zu Basel. Immerhin müssen dort laut Kriminalkommissär Gill «die Opfer beziehungsweise deren Angehörige und unbeteiligte Dritte der Massnahme zustimmen oder diese Personen durch Verpixelung unkenntlich gemacht werden».

Im Gesetz wird das Internet nicht erwähnt

Die Staatsanwaltschaften stützen sich für die Internetfahndungen auf die Artikel 74 und 211 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO). Diese Artikel regeln die Fahndung mit Hilfe der ­Öffentlichkeit (siehe Kasten auf Seite 12). Das Internet wird im Gesetz allerdings nicht erwähnt. Den Strafrechtsprofessoren Niklaus Ruckstuhl und Christian Schwarzenegger genügt Artikel 74 StPO aber trotzdem als gesetzliche Grundlage für die Internetfahndung.

Der Basler Staatsrechtsprofessor Markus Schefer würde sich aus grundrechtsdogmatischer Sicht eine präzisere Umschreibung der möglichen Fahndungsmethoden wünschen. Er weist aber darauf hin, dass der Wortlaut der Strafprozessordnung eine Internet­fahndung zulasse, «insbesondere weil das Bundesgericht hier an die Klarheit und die Bestimmtheit keine hohen Anforderungen stellt».

Gesetzliche Grundlage genügt nicht allen Experten


Anderer Ansicht ist Rainer J. Schweizer, Staatsrechtsprofessor in St. Gallen. Artikel 74 der Strafprozessordnung genüge nicht als gesetzliche Grundlage, sagt er. Denn: Internetfahndungen seien immer auch Mitteilungen ins Ausland. «Diese Informationen gehen namentlich auch in Staaten, wo die betroffenen Personen keinen ausreichenden Daten- und Gerichtsschutz haben», gibt Schweizer zu bedenken. Das sei datenschutzrechtlich heikel: «Kriminaldaten sind besonders schützenswerte Personendaten. Ihre Mitteilung in ausländische Staaten müssten den Voraussetzungen der grenzüberschreitenden Bekanntgabe gemäss Datenschutzgesetz genügen.» Das sei, so Schweizer, bei Internetpublikationen nie der Fall.

Die gesetzliche Grundlage erweist sich damit als dünn. Die angefragten Behörden erklären denn auch durchwegs, dass sie nur bei «schwerwiegenden Delikten» mit der Internetfahndung arbeiten würden. Unklar ist jedoch, was sie darunter verstehen. In der Praxis sind sich nämlich die Staatsanwaltschaften nicht einig, was als Bagatelle zu qualifizieren ist.

Mal so, mal anders bei Bancomatbetrügereien

Ein Beispiel dafür sind Bancomatbetrügereien: Der St. Galler Staatsanwalt Hansjakob lehnt es mit dem Hinweis auf die Geringfügigkeit des Delikts ab, hier das Internet als Fahndungs­instrument einzusetzen. Simon Kopp, Leiter der ­Medienstelle der Staatsanwaltschaft Luzern, sagt demgegenüber: «Vereinzelt haben wir auch schon Bilder von Tatverdächtigen publiziert, die Bankkarten gestohlen hatten und sie an Bancomaten einsetzen wollten.»

Beispiel Hooligans: Die Staatsanwaltschaften stufen Hooliganismus unisono in die Kategorie «schwerwiegende Straftat» ein. Die Zürcher Rechtsanwältin Manuela Schiller kritisiert: «Die Gerichtspraxis betrachtet einen Schaden von über 10 000 Franken bereits als grossen Schaden. Der ist bei Ausschreitungen schnell erreicht.» Anzufügen wäre: Das Gleiche gilt auch für fast jeden Autounfall.

Rainer Schweizer sieht deshalb eindeutig Handlungsbedarf: «Es braucht eine gesetzliche Grundlage für die Kriterien, bei welchen schweren Delikten die Internetfahndung gerechtfertigt ist.» Für seinen Basler Kollegen Niklaus Ruckstuhl ist ein Deliktskatalog unnötig: «Es gilt das Verhältnismässigkeitsprinzip. Wegen einer Bagatelle darf man nicht öffentlich zur Fahndung aufrufen.»

Trotz all der Unklarheiten haben die Kantone nur teilweise Ausführungsbestimmungen zu der Internetfahndung erlassen, so beispielsweise Luzern, Basel-Stadt und indirekt auch Bern über ihre «Hooliganismus-Richtlinie». Schaffhausen, Zürich und St. Gallen verzichteten auf eine weitergehende Regelung. «Alle Internetfahndungen im Kanton werden von mir bewilligt. Damit ist eine einheitliche Handhabung sichergestellt», sagt der Erste St. Galler Staatsanwalt Hansjakob.

Massiver Eingriff in die Selbstbestimmung

Die Besonderheiten des Internets sind bei den Strafverfolgungsbehörden kein Thema - etwa die weltweite und jederzeitige Abrufbarkeit der Internetbilder. Sie berufen sich darauf, dass sie von der Internetfahndung nur als ultima ratio Gebrauch machen. Staatsrechtsprofessor Schefer aber gibt zu bedenken: «Die Internetfahndung greift massiv in die informationelle Selbstbestimmung ein.» Die Fahndungsbilder können im Netz einfach kopiert und so auch nach einer Löschung auf der behördlichen Seite auf weiteren Plattformen verbreitet werden. Das ist denn auch für den Zürcher Strafrechtsprofessor Chri­stian Schwarzenegger problematisch: «Die Web­publikation sollte derart erfolgen, dass die Videos oder Bilder nicht kopiert und auf anderen Websites veröffentlicht werden können.»

In Zürich wurde laut Marco Cortesi von der Stadtpolizei die Möglichkeit einer Kopiersperre geprüft. Aber auch für ihn ist klar: «Ein Printscreen bleibt immer möglich.» Die Zürcher Polizei verwendet laut Cortesi deshalb konsequent Bilder von schlechter Qualität, die kaum vergrösserbar seien.

Suchmaschinen werden das Bild immer finden

René Huber, Datenschutzbeauftragter des Kantons Zug, weist auf ein weiteres gravierendes Problem hin: Fotos müssten vor dem ewigen Zugriff von Suchmaschinen geschützt werden: «Die Seiten könnten entsprechend programmiert werden. Oder es können Mechanismen eingesetzt werden, die das Auffinden der Bilder durch Maschinen erschweren», sagt Huber. Für den St. Galler Staatsanwalt Hansjakob ist die Möglichkeit der Weiterverbreitung kein Problem: «Wenn der Gesetzgeber in Artikel 74 StPO die Öffentlichkeitsfahndung erlaubt, nimmt er auch diese Konsequenz in Kauf.»

Die Internetfahndung wirkt als öffentlicher Pranger, bevor ein Gericht über Schuld oder Unschuld entschieden hat. Der Zuger Datenschützer René Huber verlangt deswegen, dass auch bei Internetfahndungen ausdrücklich auf die Unschuldsvermutung hingewiesen wird.

Eine Forderung, die mit dem jüngst erfolgten Freispruch eines angeblich gewalttätigen Fussballfans durch das Bezirksgericht ­Zürich an Gewicht gewinnen dürfte. Während sich die Zürcher Staatsanwaltschaft sicher war, dass der Angeklagte auf den im Internet veröffentlichten Bildsequenzen Teil einer gewalttätigen Auseinandersetzung gewesen sei, interpretierte das Gericht die Bilder anders und sprach den Angeklagten frei. Auch in Basel war schon mal der Falsche im Visier. Ein vermeintlicher Hooligan wurde per Internet gesucht. Nur war der Mann zum betreffenden Zeitpunkt gar nicht im Stadion. Seine Stelle verlor er trotzdem.


Bruchstückhafte Regelung in der StPO

Die Staatsanwaltschaften stützen sich für ihre Internetfahndungen auf die Artikel 74 und Artikel 211 der StPO. Darin werden Staatsanwaltschaft und die Gerichte sowie mit deren Einverständnis die Polizei ermächtigt, die Öffentlichkeit über ­hängige Verfahren zu ­orientieren, damit die Bevölkerung bei der Aufklärung von Straftaten oder bei der Fahndung nach Verdäch­tigen mitwirkt. Der Begriff Internet wird im Gesetz nicht erwähnt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die öffentliche Fahndung:
- Die Bedeutung der ­Straftat muss die Zwangs­massnahme rechtfertigen (Artikel 197 Absatz 1 Buchstabe d StPO)
- Ein hinreichender Tat­verdacht muss vorliegen (Artikel 197 Absatz 1 Buchstabe a)
- Die Massnahme muss ­verhältnismässig sein (Artikel 74 Absatz 1 StPO und Artikel 197 Absatz 1 Buchstabe c StPO)
- Die Unschuldsvermutung und die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen müssen beachtet werden (Artikel 74 Absatz 3 StPO)

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Re: Fansicht.ch

Beitragvon 5:0 » 04.04.12 @ 21:56

auch interessant wie die deutschen ihre "gewalttäter" sport datenbank pflegen:

http://www.heise.de/newsticker/meldung/ ... 00597.html
Pro Umfülle & Stehplätz oder gsehn ich us wien en langhaarige, ungwäschnä, arbätslosä, lingge, haschischfixer

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Re: Fansicht.ch

Beitragvon parmigiana » 05.07.12 @ 11:26

Die Grüne Partei des Kantons Zürich lädt zu einer interessanten Podiumsdiskussion ein:

Podiumsveranstaltung «Hooligankonkordat

Wann Mo, 9. Juli, 18:15 – 20:30

Wo CEVI Zentrum Glockenhof, Raum Geneva, Sihlstrasse 33, 8001 Zürich (Karte)

Beschreibung

Der Zürcher Regierungsrat beantragt eine Verschärfung des seit zwei Jahren bestehenden «Konkordats über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstalt​ungen» (Hooligan-Konko​rdat), das zum Beispiel die Einführung einer flächendeckende​n Bewilligungspfl​icht in den obersten Spielklassen vorsieht.
Wir wollen dieses Thema in einer parteiinternen Veranstatlung diskutieren. Auf unserem Podium zum Thema diskutieren:
Bruno Keller, Chef Sicherheitspoli​zei
Luca Maggi, Präsident Junge Grüne
Stefan Schötzau, Chef der Fachstelle Sport
Markus Bischoff, Kantonsrat Alternative Liste

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Re: Fansicht.ch

Beitragvon Tsüri » 05.07.12 @ 11:35

parmigiana hat geschrieben:Die Grüne Partei des Kantons Zürich lädt zu einer interessanten Podiumsdiskussion ein:

Podiumsveranstaltung «Hooligankonkordat

Wann Mo, 9. Juli, 18:15 – 20:30

Wo CEVI Zentrum Glockenhof, Raum Geneva, Sihlstrasse 33, 8001 Zürich (Karte)

Beschreibung

Der Zürcher Regierungsrat beantragt eine Verschärfung des seit zwei Jahren bestehenden «Konkordats über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstalt​ungen» (Hooligan-Konko​rdat), das zum Beispiel die Einführung einer flächendeckende​n Bewilligungspfl​icht in den obersten Spielklassen vorsieht.
Wir wollen dieses Thema in einer parteiinternen Veranstatlung diskutieren. Auf unserem Podium zum Thema diskutieren:
Bruno Keller, Chef Sicherheitspoli​zei
Luca Maggi, Präsident Junge Grüne
Stefan Schötzau, Chef der Fachstelle Sport
Markus Bischoff, Kantonsrat Alternative Liste


Und wer vertritt die Fans in dieser Runde? Der Bischoff wohl kaum...
Alan Greenspan hat geschrieben:Ich weiss, dass Sie meinen, dass Sie verstanden hätten, was ich gesagt habe, aber ich bin mir nicht sicher, dass Sie wirklich realisieren, was Sie gehört haben, ist nicht das, was ich wirklich gemeint habe.

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Re: Fansicht.ch

Beitragvon riot666 » 07.07.12 @ 7:47

@tsüri
es steht ja, dass es eine parteiinterne veranstaltung ist...
Burt hat geschrieben:Ich bin so schlecht da gibts gar kein stöhnen :)


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