Beitragvon Shorunmu » 14.04.11 @ 11:57
11 Freunde mit einem aktuellen Bericht über Wayne Rooney. Bitte mit 30ig nochmals zu Everton ;-)
Wayne Rooney hat sich neu erfunden
Die Verwandlung
Wayne Rooney war mal einer der besten Stürmer der Welt. Bis er sich neu erfand. Im Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Chelsea hat Wayne Rooney nun bewiesen: Er ist noch besser, als alle dachten.
Den 19. Oktober 2002 haben sie alle nicht vergessen. Jenen Tag, an dem ein neuer Stern am englischen Fußball-Himmel aufstieg und das Inselvolk ins gleißende Licht der Vorfreude tauchte: Ein junger Mann mit dem Körper eines Zuchtbullen und dem Gesicht eines dicken Schuljungen hatte für den FC Everton sein erstes Tor erzielt. Nicht irgendein Tor: Aus 20 Metern Höhe war der Ball so butterweich auf den Füßen dieses Kerls gelandet, als sei dem soeben kein Fußball, sondern eine reife Pflaume auf die Fußspitze getropft. Eine schnelle Drehung, 25 Meter vor dem Tor von Arsenal-Keeper David Seaman, ein kurzer Blick und ein gewaltiger Schuss mit der Innenseite. So schnell! So platziert! – den großen Seaman zu einem hilflosen Flugobjekt degradierend – Unterlatte, Tor, das 2:1 in der letzten Spielminute. »Remember the name: Wayne Rooney!«, kreischte damals der TV-Kommentator in die Ohren jener, die die Geburt ihres neuen Helden vor dem Bildschirm miterleben durften. Wayne Rooney, merkt euch diesen Namen!
Seit jenem spektakulären Debüttor sind fast neun Jahre vergangen und noch immer ist Wayne Rooney erst 25 Jahre alt. Da starten andere erst ihre Karriere, Wayne Rooney aber, der Frühstarter, hat sich gerade neu erfunden. Mit zwei sagenhaften Auftritten im Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Chelsea hat auch das Festland-Europa feststellen dürfen, dass dieser Mann seinen Zenit noch lange nicht erreicht hat. Im Gegenteil. Wayne Rooney, über den der »Guardian« nach dem Hinspiel schrieb, er habe sein Gehirn in den Füßen, hat seinen Horizont noch einmal erweitert.
Presschläge mit den Londoner Türstehern
Längst ist Rooney nicht mehr das, wofür er einst verehrt wurde: Der Hans-Dampf auf der Mittelstürmer-Position, festgeklebt an der offensiven Speerspitze, schnell genug für flinke Verteidiger, mutig und stark genug, es mit jedem defensiven Türsteher aufzunehmen. Gegen Chelsea, jene Mannschaft mit dem höchsten Anteil an potentiellen Türstehern, besetzte Rooney ganz einfach jede Position in der gegnerischen Hälfte. Drosch einer seiner Verteidiger einen langen Ball nach vorne, wartete dort: Mittelstürmer Wayne Rooney. Suchte Flügelpapst Ryan Giggs einen Anspielpartner für den gepflegten Doppelpass, dann wartete auf ihn: Außenstürmer Wayne Rooney. Drohten Uniteds Offensivaktionen in einem Wust durchtrainierter Chelsea-Hünen zu verklumpen, spielte den intelligenten Pass auf die andere Seite des Spielfelds: Mittelfeldregisseur Wayne Rooney. Und wagte ein Londoner den krachenden Pressschlag an der Mittellinie, wer warf sich dann ohne Rücksicht auf eigene Verluste ins Getümmel und schüchterte die ohnehin zaghaften Gegner zusätzlich noch ein? Wayne Rooney, remember the name.
Man konnte in diesen 180 Minuten eindrucksvoller Rooney-Präsentation nur staunen, wie viele Kraftreserven in diesem immer noch ein wenig pummelig wirkenden Jungen stecken. Kurz vor dem Abpfiff des gestrigen Rückspiels zeigte die Statistik zwar knapp zehn Kilometer Laufleistung von Chelseas Spielgestalter Frank Lampard an, doch hatte der sich die vielen Meter durch zielloses Traben im Mittelkreis erschlichen. Rooney hingegen klebte bei jedem Schritt mindestens ein Gegenspieler an den Hacken, und Rooney trabte auch nicht – er raste beständig von Zweikampf zu Zweikampf, als verfolge ihn ein Rudel tollwütiger Hunde. Die Statistik lügt nicht. Aber eigentlich hätte man jeden abgerissenen Kilometer von Wayne Rooney doppelt zählen müssen.
Der Spielgestalter, formerly known as Mittelstürmer
Und dann noch diese Technik! Es sind keine Übersteiger oder Hackentricks, die Rooney zu einem der besten Fußballer der Welt machen. Aber hat man gegen Chelsea, diese Meister der Raumverkleinerung, eine misslungene Annahme, einen krummen Pass, eine verzogene Flanke von Wayne Rooney gesehen? Einmal spielte er den Ball von der Mitte auf die linke Seite. Mit dem Außenrist. Nicht weil das so locker-lässig ausschaut, sondern weil es in diesem Fall der schnellere Weg war, den Ball zum Mitspieler zu bewegen. Sky-Kommentator Kai Dittmann sprach allen Liebhabern schnörkellosen Fußballspiels aus der Seele, als er nach dem x-ten Seitenwechsel Rooneys ins Mikrophon hauchte: »Ach, solche Dinger liebe ich ja!« Wie ein Marionettenspieler seine Puppen an für den Beobachter unsichtbaren Fäden über die Bühne hüpfen lässt, zog der Spielgestalter a.k.a. der Mittelstürmer Rooney das Spiel Manchesters auf, mal mit den von Dittmann heiß und innig geliebten 50-Meter-Pässen von einer Seitenlinie zur anderen, mal mit kurzen harten Steilpässen. Gegen den FC Chelsea spielte Wayne Rooney so brutal richtig, wie ein aufgepimpter Playstation-Charakter.
Geht heute Abend nicht die königsblaue Welt unter, dann wird Manchester United im Halbfinale auf Schalke 04 treffen. Das wird ein interessantes Duell, in vielerlei Hinsicht. Welche taktische Zange lässt sich der als Tüftler nun auch in Europa anerkannte Schalke-Trainer Ralf Rangnick einfallen, um den Gestaltungsspielraum von Uniteds Mehrweg-Fußballer einzudämmen? Und: Wie funktioniert die Rooneysche Geschwindigkeitstheorie gegen den deutschen Bundesligisten, der das Spiel deutlich träger und langsamer interpretiert? Gegen den FC Chelsea, einen Premier-League-Konkurrenten, der das englische Volldampf-Spiel ebenso auslebt wie Manchester United war der Kraftprotz Rooney die beste Waffe. Wenn es aber nun Schalke gelingt, die Intensität des Spiels zu verschleppen, wie viel Geduld steckt dann in einem Fußballer wie Wayne Rooney, der gegen Chelsea ausgelassen wie ein junger Hund über den Rasen sauste?
Ein geduldiger Rooney? Armes Gelsenkirchen...
Wahrscheinlich hat Wayne Rooney, dem der Kopf früher nach Fehlpässen der Kollegen oder vergebenen Torchancen rot vor Zorn glühte, auch das gelernt in seinem Selbstfindungsprozess: Geduld. Wenn dem tatsächlich so ist, dann hat Schalke 04 ein echtes Problem. Manchmal scheint es für einen Fußballer gar nicht so schlecht zu sein, sein Gehirn in den Füßen zu haben.
gelbeseite hat geschrieben:Wem unfertiger Wein schmeckt (mit allem Respekt, aber pfui) soll sonst mal das Poulet 20min zu früh aus dem Ofen nehmen oder die Kartoffeln 15 Minuten zu früh aus dem Wasser. Etwa das selbe Erlebnis und nicht mal teurer als das fertige Produkt.