Tagi: Sa. 9.10.10
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Fussball GC will künftig viele Kinder im Stadion – anders der FCZ.
Von Liliane Minor
Adieu, mein lieber FCZ
Ich habe Fans stets etwas verachtet, die ihrem Club bei der geringsten Krise die Liebe künden. Aber jetzt frage ich mich, ob ich das Sakrileg begehen soll, vom FCZ zu GC zu wechseln.
Denn GC will in Zukunft möglichst im ganzen Stadion vergünstigte Kindertickets anbieten. Dies, nachdem am Derby vom letzten Sonntag die Kinder- und Familientickets ausverkauft waren, obwohl das Stadion halb leer war (siehe TA vom Donnerstag). Anders der FCZ. Der möchte die Kinder nur im Familiensektor haben. Da habe es genug Platz. Wenn Kinder «den Leuten um die Ohren rennen», gebe es Reklamationen, sagt der Ticketingchef. Tags darauf schreibt der Verein auf der Homepage eilends, man habe damit nur den gehobenen Sektor A gemeint.
Was nur ist aus dem Arbeiterclub FCZ geworden, der als Erster in der Schweiz einen Familiensektor einrichtete? Haben GC und FCZ die Rolle getauscht? Das als reicher Schnöselclub verschriene GC ist zum bescheidenen Verein mutiert, der weiss, was er den Fans schuldig ist. Der FCZ hingegen wird zum Club für all jene, die sich etwas leisten können. Sind es diese neuen Cüpli-Fans, die sich von Kindern gestört fühlen? Was für ein Armutszeugnis! Der Letzigrund ist nicht das Opernhaus.
Man hätte ja noch Verständnis, wenn der Letzigrund immer ausverkauft wäre. Ist er aber nicht. GC hat gemerkt: Will der Klub mehr Fans an sich binden, muss er bei den Kleinen anfangen. Die werden später die treuesten Anhänger.
Ich weiss das aus eigener Erfahrung. Als Knirps war ich ZSC-Fan. Später wechselte ich zum SCB (warum, sage ich lieber nicht). Aber die alte Leidenschaft glühte verborgen weiter. Ich freue mich noch heute, wenn der ZSC gewinnt, sofern es nicht gerade gegen Bern ist.
Das bringt mich auf eine Idee: Ich könnte ja YB-Fan werden. Auch YB will möglichst viele Kinder im Stadion. Ein solcher Wechsel wäre wenigstens kein Sakrileg. Und ich könnte mich fortan heimlich freuen, wenn der FCZ gewinnt. Die Fussballer können ja nichts für die Entscheidungen ihrer Clubführung. Und vielleicht ändert der FCZ ja irgendwann seine Politik. Dann hat er mich wieder.