[url]http://www.nzz.ch/nachrichten/sport/fussball/die_akte_eric_hassli_1.7596829.html[url] hat geschrieben:18. September 2010, Neue Zürcher Zeitung
Die Akte Eric Hassli
Die abgebrochenen Transferverhandlungen zwischen FCB und FCZ sind ein besonderer Fall
Flurin Clalüna ⋅ Es war mehr als ein harmloser Flirt. Und die Geschichte könnte wieder aufflammen, auch wenn die Verhandlungsparteien behaupten, das Thema sei vom Tisch. Näher an der Wahrheit ist, dass der in dieser Woche publik gewordene Versuch einer Annäherung des FC Basel an den Zürcher Stürmer Eric Hassli nur auf Eis gelegt ist.
Als der Basler Vizepräsident Bernhard Heusler vor drei Wochen erstmals beim FC Zürich anfragte, ob man über einen Transfer von Eric Hassli verhandeln könne, lehnte der FCZ-Präsident Ancillo Canepa «grundsätzlich» ab. Doch Heusler rief wieder an, es wurde gesprochen, aber keine Einigung erzielt. Der FCB-Sportchef Gregor Heitz sagt: «Wir nehmen keine Verhandlungen mehr auf. Die Bewegung müsste vom FCZ ausgehen.» Und Canepa sagt: «Wenn sich eine Win-win-win-Situation ergibt, muss man sich das überlegen.» Das heisst: Wenn beide Vereine und der Spieler profitieren.
Der FCZ möchte den im nächsten Sommer auslaufenden Vertrag mit Hassli verlängern. Und vermutlich hat sich niemand mehr über die Öffentlichkeit gefreut als Hasslis Berater Walter Fernandez. Seine Verhandlungsposition ist gestärkt worden, weil er jetzt über ein Druckmittel verfügt, sollte sich der FCZ in den Lohngesprächen knausrig zeigen. Davon möchte sich Canepa nicht beirren lassen, den Verhandlungsrahmen lasse er sich nicht aufzwingen.
Aber unabhängig vom Ausgang der Transfergeschichte trägt der Fall besondere Züge. Es geht nicht um Klubtreue. Das ist im Fussball sowieso ein ziemlich ausgehöhlter Wert, aber ihn ausgerechnet von Eric Hassli einzufordern, ist besonders seltsam. Hassli war ein Fussball-Nomade, er spielte in Metz, Southampton, Valenciennes und in der Schweiz schon für Xamax, Servette, St. Gallen. Er ist im FCZ sesshaft geworden, hier spielt er jetzt in der vierten Saison. Im Gegensatz zu früher hat Hassli gelernt, die Abfalleimer nicht mehr überlaufen zu lassen, nun leert er auch den Briefkasten regelmässig, und er findet dort weniger Polizeibussen als noch vor Jahren vor.
Aber dem Vagabundieren hat Hassli gedanklich nie wirklich abgeschworen. Das hat er nie verheimlicht, einen neuerlichen Auslandtransfer hat er sich oft gewünscht, aber irgendwann hat man das nicht mehr hören wollen, weil Hassli einen Teil der FCZ-Kultur mitprägte. Hassli ist beliebt in Zürich, vielleicht auch deshalb, weil er sich die Zuneigung verdienen musste und er in schweren Zeiten nicht fallengelassen wurde. Dass es ihm unangenehm ist, als möglicher Überläufer zum FCB in Verruf zu geraten, zeigt die Tatsache, dass er lieber gar nichts dazu sagt. Ein Wechsel nach Basel ist etwas anderes, als ins Ausland zu verschwinden. Denn Hassli ist noch immer ein sensibler Kindmann, dem so etwas nahegeht. Aber Hassli wird bald dreissigjährig, er macht sich Gedanken um seine Altersvorsorge, möchte nochmals richtig Geld verdienen. Canepa sagt: «Ich kann verstehen, wenn er sich einen Wechsel überlegt.»
Ausserdem ist der Fall deshalb brisant, weil er eine Taktik offenlegt, die man als «Erich-Vogel-Strategie» bezeichnen könnte. Der ehemalige GC-Sportchef hatte nie ein Hehl daraus gemacht, die Konkurrenz mit Abwerbeversuchen bewusst schwächen zu wollen – selbst wenn er einen Spieler gar nicht brauchte. Solches weist der FCB zwar von sich, obwohl auch das legitim wäre. Aber er ist der einzige Schweizer Verein, der renommierte Spieler aus anderen Super-League-Vereinen anlocken kann und es auch tut. Vor Jahren waren es Smiljanic und Petric (GC), zuletzt Yapi (YB). Jedes Mal brachte das den anderen Klub in Verlegenheit. Es ist nicht zuletzt eine Machtdemonstration des FCB, um zu zeigen, wer im Schweizer Fussball das grösste Gewicht hat.
Besondere Sorgen bereitet mir, der von mir Fett markierte Teil. Das hab ich mir nämlich auch schon gedacht, dass die Situation einzig und allein für die Position von Hassli bei den Lohnverhandlungen positiv ist. Im angesicht der bisherigen Leistungen von Hassli in dieser Saison bin ich nämlich ganz und gar nicht der Meinung, dass er eine starke Position bei den Lohnverhandlungen verdient hat...