Beitragvon Brad_Pete » 31.05.07 @ 8:34
laut Tagi ist es gar nicht sicher, dass Lucien beim FCZ bleibt:
Hertha-Vertrag für Favre bereit
Die Berliner wollen den Zürcher Meistertrainer unbedingt verpflichten. Der FC Zürich tut alles, um ihn zu halten. Am Donnerstag soll der Entscheid fallen.
Von Peter Bühler
Ein Interviewtermin mit Meistertrainer Lucien Favre am vergangenen Freitagnachmittag in seinem Heim in Weiningen, 15 Stunden nach dem Triumph im Hardturm: Nach kurzem Schlaf ist er völlig übernächtigt, wirkt ein wenig unruhig, nervös. Am Morgen ist er in der Stadt Zürich verabredet gewesen, «ein geschäftlicher Termin». Auf die nicht ganz ernst gemeinte Frage, ob er sich bereits mit Vertretern von einem anderen Klub getroffen habe, antwortet er mit einem verlegenen Lächeln.
Inzwischen hat sich herausgestellt, dass sich Lucien Favre an besagtem Freitagmorgen mit Dieter Hoeness und Michael Preetz traf, dem Manager und dem Leiter der Lizenzspielerabteilung von Hertha BSC Berlin. Es fand eine erste Annäherung statt. Auf den folgenden Dienstag wurde ein weiteres Meeting vereinbart. Favre flog also am Dienstagmorgen mit einem Mitarbeiter der Baarer Marketingagentur 4sports & Entertainment nach Berlin und besprach sich erneut mit der Führung von Hertha. Die Vertragsverhandlungen wurden bis zur Unterschriftsreife konkretisiert. Favre erbat sich Bedenkzeit und kehrte gegen Abend in die Schweiz zurück.
Dies alles hätte geheim bleiben sollen, sickerte aber nach und nach durch – und mittlerweile sind die Fakten von verschiedenen Quellen bestätigt. Hertha äussert sich zwar weiter nicht zur Trainersuche. Klar bleibt aber, dass Favre der absolute Wunschkandidat des Berliner Grossklubs mit einem Jahresetat von 63 Millionen Euro ist. Offenbar müsste er nur noch Ja sagen und zupacken.
Favre aber mag sich überhaupt nicht äussern. Er verschanzt sich in seinem Haus im Waadtländer Dorf Saint-Barthélemy. Er geht nicht ans Telefon, erreichbar ist nur für seine engsten Vertrauten wie René Strittmatter, den Delegierten des FCZ-Verwaltungsrates. Der Trainer ringt um eine Entscheidung, obwohl er in Berlin eine Million Euro verdienen könnte, also viermal mehr als in Zürich. Mindestens so wichtig wie viel Geld sind ihm optimale Arbeitsbedingungen, ein intaktes Umfeld und das Vertrauen seiner Vorgesetzten. Favre braucht Nestwärme. Er bekommt sie in Zürich.
Zudem soll er von der Qualität des Hertha-Spielerkaders nicht restlos überzeugt sein. Deshalb verzichtete er bisher auf eine Zusage. Und vielleicht kämpft er auch deshalb mit sich, weil für ihn ein Job in der Bundesliga nie das primäre Ziel war. Eine Möglichkeit wie in Berlin bietet sich einem Schweizer Trainer indes selten. Aber Favre ist nicht der Typ des Abenteurers, der sich ohne langes Überlegen in das «Haifischbecken Bundesliga» stürzt. Dafür ist ein zu vorsichtiger, jedes Detail abwiegender Vernunftmensch.
Viel Frust und eine Frist bis heute
Beim FCZ tun sie alles, um ihren Meistertrainer zu behalten. Strittmatter bearbeitet ihn und ist überzeugt: «Er geht nicht zu Hertha – und falls er es doch tun würde, wäre ich extrem enttäuscht.» Sportchef Fredy Bickel ist in die Ferien abgereist, ziemlich verärgert, dass Favre mit Hertha Verhandlungen aufgenommen hat, ohne ihn vorher zu informieren. Präsident Ancillo Canepa gibt sich gelassen: «Favre ist ein erwachsener Mensch, der tun und lassen kann, was er will.» Allerdings will er die Ungewissheit nicht mehr lange dulden. Am Donnerstag erwartet er von seinem Trainer «ein klares Bekenntnis für den FCZ». Und bis am Abend will auch Hertha von Favre definitiven Bescheid. Am Freitag wollen die Berliner den neuen Trainer präsentieren, ob er nun Favre heisst oder nicht. Sie halten sich den Norweger Trond Sollied und den bisherigen Interimstrainer Karsten Heine als weitere Optionen offen.
Canepa und Strittmatter warteten heute Mittwoch auf einen Anruf der Hertha-Führung. Er blieb aus. Strittmatter spricht «von schlechtem Stil und mangelndem Respekt» der Berliner: «Schliesslich hat Favre beim FCZ einen Vertrag bis 2008.» Canepa seinerseits erklärt, er habe sich mit Favre vor drei Wochen zu einem langen Gespräch getroffen. Der Präsident versicherte damals dem Trainer, dass ihn der FCZ bei einem «wirklich grossen Angebot» freigeben würde. Nun liegt diese Offerte vor. Und Favre muss machen, womit er sich seit jeher schwer tut: Eine Entscheidung fällen.