30. Mai 2007, 22:16 Uhr
Favre und Hertha sind sich einig
Interimscoach Karsten Heine hat bereits die Koffer gepackt. Umstimmen kann ihn nur die Nachricht, dass er auch in der kommenden Saison die Profis betreuen wird. Danach sieht es aber nicht aus. Top-Kandidat ist der Schweizer Favre. Herthas Vereinsführung will ihn noch in dieser Woche als neuen Trainer vorstellen.
Karsten Heine (52) packte am Mittwoch Abend seine Koffer. Der bisherige Interimscoach von Hertha BSC will Berlin verlassen, um an der Ostsee einige Tage auszuspannen. Umstimmen könnte ihn nur die Nachricht, dass er auch in der kommenden Saison die Profis trainieren werde. Danach sieht es aber nicht aus. Offiziell zählt der ehemalige Amateur-Coach zwar noch zu den Anwärtern auf den Cheftrainer-Posten, Top-Kandidat ist aber der Schweizer Lucien Favre (49). Während Heine im Auto in Richtung Norden unterwegs sein wird, befindet sich sein Nachfolger voraussichtlich schon auf dem Weg in die Hauptstadt. Herthas Vereinsführung will Favre noch in dieser Woche als neuen Trainer vorstellen. Der bisherige Coach des Schweizer Meisters FC Zürich hat nach tagelangem Schweigen für heute angekündigt, sich zu seiner Zukunft äußern zu wollen. Favre, so ist man zumindest bei Hertha BSC überzeugt, wird den Fußball-Bundesligisten in den kommenden Jahren trainieren.
Am Dienstag war Favre zu Geheimverhandlungen in Berlin, um letzte Details zu klären. Am Nachmittag hatte er die Stadt bereits wieder verlassen, war von Schönefeld nach Basel zurückgeflogen. An der Gala-Nacht des Schweizer Fußballs im Berner Kursaal hatte er allerdings nicht teilgenommen, obwohl er dort zum Trainer des Jahres gekürt wurde. Sein Assistent Harry Gämperle nahm für ihn die Trophäe entgegen. Favre, so war zu hören, soll in seinen Geburtsort Saint-Barthélemy nahe Lausanne gefahren sein. Der Präsident des FC Zürich, Ancillo Canepa, hatte den Meistertrainer allerdings mit den Worten entschuldigt: „Favre macht Urlaub in der Toskana.“ Gestern stellte er klar, dass diese Bemerkung nur ein Scherz gewesen sei. Canepa bestätigte inzwischen, dass sich Favre in Berlin aufgehalten habe. Allerdings war die Leitung des FC nicht eingeweiht, Sportchef Fredy Bickel ist deshalb verärgert. Gestern unternahm die Klubleitung einen letzten Versuch, Favre umzustimmen.
Hertah bleibt gelassen
Bei Hertha blieb man gelassen. Die Zuversicht ist groß, dass sich der ehemalige Schweizer Nationalspieler für Berlin entscheiden werde. Der Einstieg in die Bundesliga wäre für Favre ein Karrieresprung, der trotz seines bis Juni 2008 laufenden Vertrages möglich ist. Der Kontrakt enthält eine Ausstiegsklausel für das Ausland, die Ablösesumme beträgt umgerechnet etwa 200000 Euro. FC-Präsident Canepa hatte immer wieder betont, Favre keine Steine in den Weg legen zu wollen, falls er ein interessantes Angebot aus dem Ausland erhalten sollte. Und nach zwei Meistertiteln in Folge mit dem FC Zürich wäre für den Trainer ein Absprung sinnvoll. Dass der FC die Qualifikation für die Champions League spielt, erschwert zwar die Entscheidung, doch letztendlich ist Hertha die größere Herausforderung. Davon werden ihn Manager Dieter Hoeneß und Michael Preetz, Leiter der Lizenzspielerabteilung, in den Gesprächen überzeugt haben. Beim FC Zürich heißt es jedoch, Favre grüble noch. Er sei ein Mensch, der sich sehr viel Zeit nehme, ehe er Entscheidungen treffe. Noch sei alles offen, verlautete gestern aus dem Umfeld des Trainers.
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Die Argumente für oder wider Hertha werden derzeit auch von den Fans beider Klubs diskutiert. Die Schweizer raten mehrheitlich ihrem „Lulu“, wie sie ihn liebevoll nennen, sich nicht in das Abenteuer Bundesliga zu stürzen. Sie fürchten, dass er dort nicht die Zeit bekäme, um in Ruhe etwas aufzubauen. Die Hertha-Fans würden zwar eine Verpflichtung von Favre grundsätzlich begrüßen, haben aber Vorbehalte. „Die Schweizer Liga ist – bei allem Respekt – nicht mit der Bundesliga zu vergleichen. Anderer Druck, andere Medien, andere Erwartungen“, schreibt beispielsweise ein Hertha-Anhänger im Forum. Journalisten aus Zürich berichten zudem, dass Favre, vorsichtig formuliert, kein Entertainer sei.
Falls Favre sich wider Erwarten doch gegen Hertha entscheiden sollte, stände wohl Trond Sollied (47) bereit. Der beim griechischen Meister Olympiakos Piräus gefeuerte Norweger war ebenfalls zu Gesprächen in Berlin. Karsten Heine ist dagegen nur noch eine Notlösung.
http://www.welt.de/berlin/article907846 ... inig_.html