noch ein artikel, aus "die welt"
Kompetenzgerangel auf der Bank
Das ungleiche Trainerduo Trapattoni und Matthäus soll Red Bull Salzburg an die Weltspitze führen. Beide Männer haben nicht gerade den besten Ruf.
Von Sven Flohr
Salzburg - Das Fill Metallbau Stadion des SV Josko Fenster Ried ist keine große Fußballbühne. Gerade einmal 7600 Zuschauer passen hinein, beinahe die Hälfte von ihnen muß stehen. Wer sich heute das erste Saisonspiel ansehen will, sowieso. Obwohl der Verein zwei Euro Topzuschlag verlangt, sind die 4300 Sitzplätze ausverkauft - das liegt auch am Trainergespann der Gästemannschaft. Um 19.30 Uhr geben Giovanni Trapattoni und Lothar Matthäus ihre Premiere auf der Bank von Red Bull Salzburg. Die Weltstars sind angetreten, den Klub in der Champions League zu etablieren.
Eingekauft wurden sie von Dietrich Mateschitz, der mit dem Energiedrink "Red Bull" Milliarden verdient. Teile dieses Vermögens steckt der Österreicher in den Sport. Anfangs war er eher von Extremsportarten angetan, zuletzt legte er sich aber auch zwei Fußballvereine zu - Austria Salzburg vor einem Jahr, die New York Metrostars vor wenigen Monaten - und einen Eishockeyklub. Über das Vehikel des Sportsponsorings sollen noch mehr Dosen verkauft werden.
Weltweite Aufmerksamkeit ist Mateschitz und seinem Sportberater Franz Beckenbauer seit der spektakulären Verpflichtung der beiden Trainer sicher. Die Nachricht sorgte für ähnlich großen medialen Niederschlag wie das Gerücht, Mateschitz wolle für seine New Yorker Fußball-Filiale Ronaldo verpflichten. Anfangs gab es zwar einige Komplikationen, sowohl Trapattoni als auch sein ehemaliger Spieler Matthäus beanspruchten die Chefrolle, mittlerweile sind die Fronten zumindest geklärt. Matthäus ist für die praktische Arbeit auf dem Platz zuständige. Er macht beim Training die Übungen vor, Trapattoni beobachtet aus der Distanz.
Der Italiener hingegen bestimmt die Strategie und hat das letzte Wort. Gerüchten, das interne Kompetenzgerangel hätte längst begonnnen, widersprechen die Trainer eifrig. Sie würden schließlich nicht umsonst "Trapatthäus" gerufen. "Das ist ein guter Begriff, da wir ein perfektes Team sein wollen", sagt Trapattoni. Und Lothar Matthäus zitiert die Grundsätze einer guten Ehe: "Ich würde nicht behaupten, daß wir beide Egos sind. Wichtig ist, daß wir offen miteinander sprechen."
Selbst wenn sich die beiden tatsächlich nicht wie die Opas aus der Muppetshow triezen, bleibt die Frage, zu was sie gemeinsam in der Lage sind. Matthäus hat als Trainer wenig erreicht. Seinen letzten Job beim brasilianischen Klub Atletico Paranense gab er im März nach nur zwei Monaten Amtszeit wegen Heimwehs auf. Auch in Österreich ist sein Ruf angekratzt - unter Matthäus strandete Rapid Wien 2002 auf Rang acht, der schlechtesten Plazierung seit Klubgründung.
Auch Trapattonis Ruf hat nach dem mißlungenen und im Februar beendeten Engagement beim VfB Stuttgart gelitten. Die Fußball-Auffassung des 67jährigen galt Verantwortlichen, Fans und Spielern als unmodern. In Salzburg verspricht er: "Wenn die Spieler einen gewissen Stolz entwickeln und hart an sich arbeiten, dann können wir an die Weltspitze marschieren."
Zweifel sind angebracht. Zwar ist der Kader stark genug, um die nationalen Gegner mit den lustigen Sponsorennamen wie FC Superfund, Cashpoint Altach oder Puntigamer Graz zu beherrschen. International - Red Bull startet nächste Woche Donnerstag in die Champions-League-Qualifikation gegen den FC Zürich - dürfte es noch nicht zum Durchbruch reichen.
Zwar sollen noch zwei Neue kommen, die Namen der zwölf bisherigen Einkäufe halten aber mit denen ihrer Trainer nicht mit. So unterzogen sich Mittelfeldspieler Niko Kovac (34/Hertha BSC), Stürmer Jorge Vargas (30/AS Livorno) oder Christian Tiffert (24/VfB Stuttgart) dem Ganzkörper-Check im firmeneigenen Diagnostikzentrum. Neben den Gesundheitstests läßt Mateschitz dort die Gehirne seiner Profis untersuchen und unterzieht die Sportler einem Persönlichkeitstest, der einige hundert Fragen wie zum Beispiel die nach der Einstellung zur Todesstrafe beinhaltet.
Über die fußballerischen Erfolgsaussichten seines Personals schien der Fragenkatalog zumindest im letzten Jahr wenig auszusagen. Neben Trainer Kurt Jara fehlen heute im Fill Metallbau Stadion elf Spieler aus der Vorsaison. Aussortiert, Red Bull wurde nur Zweiter. Das darf "Trapatthäus" nicht passieren.