Das lange Warten hat ein Ende…
…aber das war er noch nicht. Was ich meine? Der offizielle Rückrundenstart des FCZ.
Endlich, dachten wohl viele, endlich ist diese unglaublich lange Winterpause vorbei. Eine Winterpause die es sonst länger nur in Skandinavien und in den ehemaligen russischen Staaten anzutreffen ist. In bester schweizerischer Manier, bietet die Superleague einen einzigartigen Spielplan, wie es ihn in dieser Form nirgends gibt. Damit wahrt man auch die hochgelobte Neutralität indem man sich von allen anderen Spielmodi absondert. Aber das sind wir uns ja gewohnt. Bleibt abzuwarten, ob wir nächste Saison noch einen erneuerten Spielmodus kriegen, nun da Traditionsverein Servette Konkurs angemeldet hat und unsere Fussballfunktionäre zu Diskussionen bereit und einmal mehr die Möglichkeiten haben sich mit abstrusen Veränderungen zu profilieren. An dieser Stelle wünsche ich dem kommenden Servette FC viel Glück und auf ein baldiges Wiedersehen.
Los geht's
Da war er also, der Rückrundenstart. Für die Fans beginnt er ungeachtet etwas früher, wenn sie sich schon 90 Minuten vor dem Anpfiff in der Kurve tummeln. Meine Rückrunde begann etwa um 14.45 zu Hause. Wo ist meine Saisonkarte, wo mein Schal. Mein Chaos hat sich einmal mehr durchgesetzt, ich musste Eintritt bezahlen. Da sind sie wieder, die Fans, die Security, die Wurststände, den Köbi, der neue SK-Stand(tisch) und die Megaphone. Diesmal alle geschaltet auf ein einziges Mikrofon welches vom „Musicstar“ Griechen bedient wird: „Hallo? Hört ihr mich? Hallo?“
Entgegen vieler Meinungen empfand ich die Kurve für gut gefüllt. Zu viele Spiele habe ich schon erlebt, als die Leute zwischen den ersten drei Pfosten Platz hatten, in den Tribünen hingegen war offene Leere. Wetter und SAT1-Auswahlverfahren haben ihrerseits was dazu beigetragen. So los geht’s, Spieler auf dem Platz, Schiri pfeift, zweite Sekunde und Fehlpass! Ach ja, ich weiss wieder, FCZ. 45 Sekunden Tor für Schaffhausen, tamminomol. Nein, doch nicht, Handspiel. Na das fängt ja gut an, die erste, offen zugestanden, übereilte Ernüchterung tritt ein. Halbzeit. Die Stimmung konnte nicht aufkommen. Wer war daran Schuld? Der FCZ, das absolut defensive Schaffhausen, die Kälte oder der Winterschlaf?
Wiedersehen macht Freu(n)de
Zumindest alle bekannte in der Kurve freuen sich wieder, man begrüsst sich, fragt nach wie man die Winterpause hinter sich gebracht hat. Viele Gesichter und Geschichten, die Pause ist schnell vorbei. So neues hoffen, auf bessere Zeiten? Da sind sie wieder unsere Lieblinge, einige mehr, andere weniger. Da Keita, wie gewohnt: Schnell, umständlich und treffunsicher. Schön wenn man wieder seinen Emotionen freien Lauf lassen kann. Dort, Iulian: Wenig beweglich, aber immer dort wo er sein muss, mal mit, mal ohne deftigen Körpereinsatz. Hach, wunderbar. Hier, Gygax: Laufstark und doch nur Durchschnitt. Zwiespältigkeit. Schau, Ilie, schön aber weniger Effektiv als auch schon. Hoffen. Hört, …Stille. Wo ist Favre?
Der FCZ spielte zumindest wieder Fussball in der zweiten Hälfte, eine handvoll Grosschanchen innerhalb der ersten Viertelstunde. Einer meint, das darf doch nicht sein. Ich meinte, wenigstens geht was und die Stimmung kommt prompt aus der Winterhöhle. Na endlich. Fussball ist eine einfache Sportart: Ein Fehlentscheid des Schiris, zwei rüde Fouls, eine guter Schuss und das Stadion ist (wieder)belebt.
Altbekannter Sarkasmus und Witz
Vor der Pause und der Wiederbelebung, schneite es für einige Minuten stark genug um in der Kurve ein herzerwärmendes Kinderlied anzustimmen. „Es schneielet, es beielet….“, sang die Kurve, die sich niemals zu schade ist, sich selbst zu unterhalten. Und nach der Bekanntgabe der mickrigen Zuschauerzahl (4800), wurde sofort mit einem lauten „Letzigrund“ gekontert. Ja ich bin ein FCZ-Fan und solche Begebenheiten untermalen meine Gefühle. Später wurden auch die Tribünengäste mitgefordert: „Stönd uuf, au wenn er wenig sind!“.
Es waren schon 70 Minuten um, und einige hatten schon die grausame Vorahnung einer miesen 0-1 Niederlage oder eines blassen Unentschiedens, obwohl markanter Feldüberlegenheit. Vielleicht war es dieser Sarkasmus den die Fussballer nicht mehr tolerieren wollten, als sie sich endlich entschlossen produktiv zu werden. Pancho kam für Keita, der Argentinier blieb aber weit hinter den Spitzen, etwas zu weit für meinen Geschmack. Nach etlichen Chancen von Keita, Ilie, Tarone, Margairaz hatte letzterer ein einsehen als er eine Hereingabe Gygax’ direkt und gekonnt verwertete. Tor!
Jetzt musste Schaffhausen endlich die 9-Mann Verteidigung auflösen und verwendete das ganze Auswechselkontingent um noch das Spiels zu wenden. Zu spät für Schaffhausen und sehr wahrscheinlich auch für die Zürcher Fans, den wenigstens wurde in den letzten Minuten noch Fussball gespielt. Erwartungsgemäss gab's noch einige Konter(versuche), den letzten schloss wieder Margairaz ab, nachdem er über das ganze Mittelfeld den Ball getragen und ihn nach administrativen Umwegen (Rizzo) ins Tor gelegt hatte. Da waren 90 Minuten gespielt und die drei Punkte gesichert. Trotz des Sieges, wissen wir alle: Die Wintergeister sind noch nicht völlig verbannt worden.
Spielerbewertung
Taini: 4
Man getraut sich fast keine Wertung abzugeben, so wenig hatte er zu tun. Abstosstraining nötig.
Nef: 4
Durchschnitt in allen Lagen, angesichts der seltenen Angriffe der Schaffhauser, war mehr nicht nötig.
Filipescu: 5
Dirigiert vorbildlich und sichert ab. Nach kurzem Disput mit Yasar, hatte er ihn vollständig abgemeldet.
Schneider: 4.5
Für seine Verhältnisse unauffällig aber gut.
Cesar: 4
Von ihm sind wir uns kleine defensive Schnitzer gewohnt, erwartet aber offensiv etwas mehr.
Gygax: 4
Einsatz war gut, sowie die Laufstärke. Jetzt muss er sich noch spielerisch steigern.
Dzemaili: 4
Trat selten in Erscheinung, war nicht auf der Höhe, wenig Impulse.
Tarone: 4.5
Gutes Spiel, vor allem in der Defensive. Offensiv eher blass.
Margairaz: 5
Seine Note bringt er durch die zwei Tore zustande. Ansonst war ebenso erfolglos wie Gygax. Langsamer als Di Jorio.
Ilie: 4.5
Kreativkopf im Sturm, viele schöne Zuspiele und wenige aber schöne Abschlüsse. Etwas Zweikampfschwach.
Keita: 4
Wirbelte gegen die dicht gestaffelte Abwehr vergebens. Nach wie vor fehlende Spielintelligenz. Braucht mehr Platz.
Guerrero, Di Jorio, Abdi: keine Wertung.
Taktische Aufstellung:
Die Schaffhauser verstanden es sehr gut das sonst gefährliche Flügelspiel des FCZ zu unterbinden. Mindestens 3 Spieler machten jeweils auf den Flügeln die Räume eng und zwangen den FCZ über die Mitte zu spielen, in welchen die Schwächen des Zürcher Spiels liegen. Favre hatte zurecht zwei Stürmer aufgeboten, dafür kam das Mittelfeld schlecht zu Geltung auch weil Stratege Tarache fehlte und Tarone sowie Dzemaili kaum offensive Stärken offenbarten. Viele einfallslose Anstürme. Defensiv gab's nur in den ersten Minuten kleine Unsicherheiten, danach hatten die Männer um Filipescu alles klar im Griff.
Danke an Liquid und Mad About Zürich.