Beitragvon Ludachris » 10.06.05 @ 16:31
Ohne Worte...
Der SV Salzburg bald mit Flügeln?
Didi Mateschitz auch im Fussball mit hohen Ambitionen
w. p. Graz, 9. Juni
Bisher kannte man im österreichischen Fussballgeschäft nur den sogenannten «StronachFaktor». Bekundete etwa der «Stronach-Klub» Austria Wien an einem Fussballspieler Interesse, so schnellten die Summen automatisch über das marktübliche Mass in die Höhe. Der austro-kanadische Mäzen Frank Stronach unterstützt den Wiener Grossklub schon seit mehreren Jahren mit einer Leidenschaft und exzessiven Grosszügigkeit, wie sie in Österreich unbekannt war. Neuerdings kümmert sich Stronach auch höchstpersönlich um Spielerverpflichtungen. Es seien in der Vergangenheit auch bei der Austria zu viele Berater involviert gewesen, die alle «mitschneiden», also Provisionen kassieren, wollen, verkündete er unlängst. Auf die bescheidenen Renditen, ein Titel und zwei Cup-Siege in fünf Jahren, seines beträchtlichen Fussball-Investments angesprochen, ist der Selfmademan nie um ein Bonmot verlegen. «Ich verstehe nicht, warum sich plötzlich andere Leute um mein Geld sorgen», oder «wenn ich heute einige Millionen ausgebe, bin ich danach auch nicht ärmer». Immerhin verdankt die Austria ihrem Förderer den Fortbestand des Vereins und zudem ein vorbildhaftes Nachwuchsmodell, eine Fussball-Akademie in Hollabrunn.
Doch Stronach dürfte nicht das einzige Paradoxon im Austria-Fussball bleiben. Bedenkt man, dass die Vermarktungsmöglichkeiten für Fussball bei knapp acht Millionen Einwohnern begrenzt sind, erscheinen die gegenwärtigen Aktivitäten in den Bundesligaklubs geradezu unglaublich. Der Grazer AK (GAK) wurde von der Sportagentur IMG übernommen und erhält jetzt über mehrere Jahre eine Garantiesumme. Während Titelhalter Rapid Wien sich finanziell nach der Decke streckt, rüsten die Nachzügler mächtig auf. Admira Mödling verpflichtete Roman Wallner und Thomas Mandl, der als Torhüter im FC Basel nur Ersatz war. Dazu kommen mit Jürgen Panis und Thomas Flögl zwei weitere frühere österreichische Nationalspieler. Die regen Aktivitäten der einzelnen Klubs werden indessen vom SV Salzburg in den Schatten gestellt. Wenn in drei Wochen in der Bundesliga der Saisonstart ansteht, wird der knapp dem Abstieg entronnene Klub kaum wiederzuerkennen sein. Dabei dürfte der Verlust der traditionellen Klubfarbe bei den Salzburger Veilchen noch die geringste Veränderung sein. Doch der Reihe nach. Der bisherige Klubpräsident Rudi Quehenberger versuchte schon seit mehreren Jahren Didi Mateschitz, den erfolgreichen Besitzer und Vermarkter des Energy-Drinks Red Bull, für seinen Klub zu gewinnen. Lange Zeit vergeblich, da die Markenstrategie besagten Unternehmens bisher vor allem auf den Imagetransfer aus Extremsportarten ausgelegt war. Inzwischen haben sich die Überlegungen bei der weltweiten Vermarktung des Produktes geändert. Mit dem Einstieg in die Formel 1 auf internationaler und im Salzburger Eishockeyklub auf nationaler Ebene wurde klar, dass Mateschitz in Zukunft auch auf Breitensport setzen würde.
Dennoch bedurfte es einiger Überzeugungsarbeit. Erst unter dem Eindruck der Fussball-EM in Portugal, nach intensiven Beratungen und einem Gespräch mit dem Wahl-Kitzbüheler Franz Beckenbauer entschied Mateschitz im Spätherbst vergangenen Jahres, den SV Salzburg zu übernehmen. Eine der Bedingungen war, dass ihm Beckenbauer bei der Um- und Aufbauarbeit als Berater zur Seite stehen würde. Wer Mateschitz kennt, weiss, dass er solche Projekte immer leidenschaftlich und professionell in Angriff nimmt. Während der Spielbetrieb im Frühjahr unverändert weiterlief, entstanden im Hintergrund bereits Konzepte und wurden neue Strukturen geschaffen. Bezeichnend für die systematische Vorgehensweise war, dass die ersten Personalentscheidungen das Management und den Trainerstab betrafen.
Kurt Jara, der zuletzt in der deutschen Bundesliga den 1. FC Kaiserslautern aus der Abstiegszone geholt hatte, konnte mit seinem Stab für die reizvolle Aufgabe gewonnen werden. Nach und nach sickerten dann erste Neuverpflichtungen durch. Zu Beginn waren es eher unspektakuläre Namen wie Alexander Knavs, Patrick Jezek oder Roland Kirchler. Drei Routiniers, die aus der erfolgreichen Innsbrucker Ära von Kurt Jara stammen. Nach dem zweiten Titelgewinn mit dem FC Tirol wechselte auch in der Schweiz als Spieler und Coach (GC, FCZ und St. Gallen) tätige Tiroler zum HSV und dann zum FCK. Die ÖFB- Team-Spieler Mayrleb (Pasching), Schopp (Brescia) und Manniger (Siena) folgten. Inzwischen ist die Anzahl der Neuverpflichtungen auf zwölf angestiegen. Der tschechische Nationalspieler Lokvenz etwa gab Jara und Salzburg den Vorzug gegenüber Hertha BSC. Beim Wechsel der Bayern-Altstars Zickler und Linke zu «Red Bulls Salzburg», so der neue Vereinsname, hatte Beckenbauer mitgewirkt. Der Grosseinkauf soll mit zwei weiteren Spielern am Montag abgeschlossen sein, wenn das Kader den Medien präsentiert wird. Ob Jara dem Team schon in der ersten Saison Flügel verleihen kann, bleibt abzuwarten. Der Mateschitz-Berater Beckenbauer liess durchblicken, dass schon im ersten Jahr ein Platz im ersten Drittel erwartet werden dürfe.