Beitragvon bostero » 27.03.04 @ 11:20
Da hier:
Die «Emotionsproduzenten»
Choreografien von FCZ-Fans im Letzigrundstadion
cko. Nach 32 Stunden Gratisarbeit, einer schlaflosen Nacht und einem Tag ohne Ruhe steht Patrick Wehrli jetzt im Dunkeln. Nicht allein. 3000 Fussballfans stehen mit ihm in der Südkurve des Letzigrundstadions. Sie sind gekommen, um ihren FC Zürich gegen Basel siegen zu sehen, was am vorletzten Mittwoch auch gelang. Zehn Minuten vor Anpfiff sehen die Fans nichts als das Schwarz einer Plane, welche die gesamte Südkurve überdeckt.
Dunkel war's im Keller
Aus einer anderen Perspektive sah das so aus: «Als ich ins Stadion einlief, war die ganze Südkurve schwarz, und am Zaun hing ein riesiges Transparent», erinnert sich FCZ-Spieler Blerim Dzemaili. Darauf hiess es: «Dunkel war's im Keller». Patrick Wehrli ist mit seinen Freunden von der Fangruppe Hallygally für die Stadionchoreografie verantwortlich. Vor der Saison trafen sich die Fangruppen der Südkurve und besprachen bei ein paar Bier, welche Gruppe bei welchen grossen Spielen - vor allem jene gegen GC und den FC Basel - die Choreografie organisiert.
Sekunden vor dem Anpfiff gibt Wehrli das Zeichen. Im Nu lassen zwei Dutzend Helfer die schwarzen Planen mit Dutzenden von Schnüren zu Boden gleiten. Nun sind die Fans an der Reihe. Im flackernden Licht von Stroboskopen werfen sie weisses Konfetti in die Luft und brüllen unentwegt die gleiche Buchstabenkombination: «FCZ». Derweil wird dort, wo es eben noch dunkel war, ein neues Transparent entfaltet: «Doch es wird immer heller». «Das war ein gutes Gefühl und versetzte uns einen Kick, auf dem Platz alles zu geben», sagte später der 17-jährige Dzemaili. Als Tabellenletzter war der FC Zürich in die Rückrunde gestartet - seither erheitert er seine Fans mit gutem Spiel und Siegen.
Motivation für Spieler und Fans
Dass ein Fussballspiel ohne Fans eine schale Angelegenheit wäre, weiss auch FCZ-Sportchef Fredy Bickel. Am Morgen des ersten Spiels der Rückrunde nahm der Hobby-Psychologe seine Männer in die Südkurve mit. «Ich wollte ihnen die Perspektive unserer treuesten Fans zeigen», sagt Bickel. Die Südkurve liegt Bickel deshalb so am Herzen, weil sie lebendig ist und emotional, also so, wie er sich seine Mannschaft wünscht. «Ich und die Mannschaft, wir leben von dieser Lebendigkeit», sagt Bickel. Aus Dankbarkeit will er der Südkurve 3000 Franken spenden, damit die Unkosten der Basel-Choreografie gedeckt sind.
Ohne Lohn bleiben die 400 Stunden Fronarbeit, die in der zehnminütigen Choreografie vor dem Spiel gegen Basel steckten. Bis spät in die Nacht bastelten und klebten die Hallygally-Männer, als seien sie Buben. All das macht niemand nur für einen Fussballklub. Im Zentrum steht auch in der 35-köpfigen Fangruppe die Geselligkeit - ob im Stadion oder ausserhalb. So ist Hallygally nicht nur in allen Fussballstadien der Schweiz (und bald Europas?) anzutreffen, sondern auch auf Snowboards und Ski in den Bergen, in Parkanlagen von London oder an Partys. Ohne diese Anlässe würde kein Fan die oft längeren Talfahrten des FCZ überleben.