Beitragvon C.D.M. » 08.12.03 @ 7:35
Der FC Zürich vor einem erneuten Umbruch
Nach dem 3:0 in Meyrin steht der FCZ im Cup-Halbfinal. Trotzdem werden ab heute personelle Konsequenzen auf diversen Ebenen vorbereitet.
Von Peter Bühler, Meyrin
Der FC Zürich hat in Meyrin sicher gewonnen, er steht am 3. März 2004 im Halbfinal des Schweizer Cups, und nur noch zwei Siege trennen ihn vom Gewinn des Cups und der Teilnahme am Uefa-Cup in der nächsten Saison. Immerhin.
Zur Ruhe kommt der FCZ durch die Erfolge im Cup, die alle gegen unterklassige Gegner erreicht wurden, indes nicht. Nach einer miserablen Vorrunde in der Meisterschaft mit lediglich 4 Siegen in 18 Runden überwintert der Stadtklub am Tabellenende. Es droht der Abstieg aus der Super League. Und im Verein regiert die Angst, dass der Absturz tatsächlich passiert, wenn keine Massnahmen ergriffen werden. Deshalb wird jeder und alles in Frage gestellt. Schon heute Montag, wenn sich die einflussreichen Leute aus der Klubleitung und dem Umfeld des Vereins im Büro von Präsident Sven Hotz zu einer ersten Kritik und bilanzierenden Analyse der letzten Monate treffen.
Favre-Frage und Millionenloch
Im Mittelpunkt der Diskussionen wird fürs Erste Trainer Lucien Favre stehen. Er ist in der Führungsriege umstritten, die gleichsam in eine Pro- und eine Anti-Favre-Fraktion gespalten ist. Tendenziell kritisch eingestellt gegenüber Favre sind die Vize-Präsidenten Hugo Holenstein und Urs Scherrer sowie Guido Honeggervom Hauptsponsor green.ch. Honegger schiesst jährlich eine Million Franken in den Verein ein, am nächsten Montag soll er an der Generalversammlung in den FCZ-Verwaltungsrat gewählt werden. Tendenziell wohlwollend gegenüber Favre sind René Strittmatter, ein Zürcher Banker, den Hotz künftig in die Führungscrew des FCZ einbinden möchte und der mit Favre privat befreundet ist, sowie der Präsident selber.
Selbstverständlich hat beim FCZ noch immer das Wort von Hotz das grösste Gewicht. Seit 1986 ist der Generalunternehmer aus der Baubranche im Amt, Jahr für Jahr hat er die Defizite ausgeglichen. An der GV in einer Woche wird für die vergangene Saison erneut ein Betriebsverlust von über vier Millionen Franken ausgewiesen werden, abgedeckt wird er grösstenteils von Hotz. Noch immer gilt beim FCZ: Hotz bezahlt, Hotz befiehlt.
Hotz’ Zwiespalt mit Favre
Aber Hotz ist es mit seinen 74 Jahren langsam leid, den FCZ fast im Alleingang zu alimentieren und immer alles selber entscheiden zu müssen. Er hat genug davon, ständig die Trainer auszuwechseln und dafür die Verantwortung zu tragen. Für den Romand Favre hat er sich trotz Gegenwind aus dem Vorstand lange stark gemacht, weil er von dessen Arbeit überzeugt war. Hotz erzählt, der langjährige Captain Urs Fischer, der in der Dauerkrise im Herbst zum Teamcoach ernannt wurde, habe ihm kürzlich gesagt, der FCZ habe noch nie einen so fähigen Trainer wie Favre beschäftigt. Der Genfer ist gewissenhaft und zuverlässig, er ist gut ausgebildet und auf jedes Training bestens vorbereitet, er ist kultiviert und hat angenehme Umgangsformen. Kurz: Favre ist ein Fussball-Fachmann mit Stil.
Allein, der sportliche Erfolg fehlt. Mag sein, dass der eher introvertierte Trainer, der niemals laut wird, und die verwöhnte Mannschaft, die der FCZ seit Jahren unterhält, nicht zusammenpassen. Und was Hotz nie gefallen hat, ist Favres ständig wiederholte Aussage, dass diese Spielzeit eine Übergangssaison sei, die dazu diene, beim FCZ eine neue Mannschaft aufzubauen. Der Präsident mag derlei Worte nicht mehr hören. Er sagt: «Favre liefert den Spielern damit ein Alibi für schlechte Leistungen. Und wenn der Trainer denkt, er habe beim FCZ für seine Arbeit alle Zeit der Welt zur Verfügung, dann irrt er sich.»
Der interessante Schällibaum
Favre wäre im Falle einer Niederlage in Meyrin entlassen worden. Doch trotz des Sieges im Genfer Vorort und trotz eines Vertrages bis Sommer 2005 ist die Position des Trainers weiter gefährdet. Auf dem Letzigrund werden beharrlich die Namen potenzieller Nachfolger herumgeboten. Die Liste reicht von Fringer über Andermatt, Heinz Hermann, Seeberger und Hegi bis zu Schürmann und Castella. Für den Moment kann sich Hotz keinen von ihnen als FCZ-Trainer vorstellen, Schürmann und Castella kommen für ihn als Welsche ohnehin nicht in Frage. «Dann behalten wir viel lieber Favre», sagt er.
Den Hinweis auf Marco Schällibaum, dessen Vertrag bei Servette eine Ausstiegsklausel enthalten soll, quittiert Hotz mit einem Schmunzeln: «Er ist ein interessanter Mann.» Und mit einem Raimondo Ponte, denkt Hotz, wäre der FCZ niemals so tief gefallen wie jetzt. Dass es im Letzigrund zu einem Comeback des langjährigen Sportchefs und Trainers kommt, der sich im Verein (zu) viele Feinde geschaffen hat, schliesst er immerhin aus.
Ob Favre nun bleiben darf oder gehen muss - zu Veränderungen im Spielerkader wird es während der Winterpause so oder so kommen. «Wir prüfen, welche Positionen unsinnig besetzt sind», sagt Hotz. Zentrale Mittelfeldspieler hat der FCZ mit Petrosyan, Simo, Tarone, Bastida, Iodice und Chihab im Überfluss, zwei von ihnen dürften ausgeliehen werden. Der Vertrag des ständig verletzten brasilianischen Verteidigers Sahdo läuft zu Weihnachten aus und wird nicht verlängert, für Buess, der kaum zum Einsatz kam, wird eine Lösung gesucht. Verstärkt wird die Mannschaft für die Rückrunde auf jeden Fall mit einem neuen Innenverteidiger, und auch für die linke Flanke wird eine Alternative gesucht.
«Das kostet alles wieder viel Geld», ärgert sich Hotz. Für diese Saison hat er das Budget um drei Millionen Franken auf acht Millionen reduziert, ob die Vorgabe eingehalten werden kann, wird nun wieder fraglich. Hotz wird den FCZ in der schwierigen Situation nicht im Stich lassen, aber er macht nun endlich vorwärts mit seinem lang gehegten Plan, den Stadtklub wirtschaftlich breiter abzustützen. Er hat eine Crew um Honegger, Holenstein und Strittmatter damit beauftragt, ein Modell auszuarbeiten, dass dem FCZ eine tragfähige finanzielle Basis und das wirtschaftliche Überleben auch nach der Ära Hotz sichert.
Kein Zweifel, Hotz bereitet seinen Rücktritt auf Raten vor. Er gedenkt spätestens nach seinem 20. Amtsjahr die Präsidentschaft an einen Jüngeren abzugeben. Das wäre im Jahr 2006. Als Nachfolger steht Honegger im Vordergrund, er hat seine Fähigkeiten als Unternehmer in der Kommunikationsbranche angedeutet und verfügt über gewisse eigene finanzielle Ressourcen. Honegger ist seit seiner Kindheit glühender FCZ-Anhänger, ihm geht die jetzige unbefriedigende Situation des Klubs unter die Haut, wie das bei Hotz der Fall ist. Deshalb drängt Honegger auf sofortige Massnahmen. Er und die jüngeren Mitstreiter aus der Führungscrew stellen nicht nur die Frage nach dem Trainer oder der Zusammensetzung des Kaders, sie wollen dem FCZ auch Strukturen verleihen, die einem modern geführten Unternehmen entsprechen.
Plan mit neuem Sportchef und CEO
Sie denken, ein Verein mit den Ambitionen des Stadtklubs benötige einen (neuen) Sportchef (an Stelle des glücklosen Axel Thoma), der dem Trainer als Ansprechpartner dient. Und ihrer Ansicht nach braucht es im Letzigrund auch einen Geschäftsführer oder CEO, der für den administrativen Bereich und das Tagesgeschäft zuständig ist. Auch für diese Posten kursieren bereits diverse Namen. Fredy Strasser (früher bei Aarau), Roger Hegi (Basel) und vor allem Fredy Bickel (GC und YB) werden am häufigsten genannt.
Ab heute Montag also bereitet der FCZ den Kampf gegen den Abstieg vor. Und dabei ist nur eines sicher: Ruhe wird im Letzigrund so schnell nicht einkehren.
Quelle: tagi
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