FCZ - (k)ein Fall für den Psychiater
Nach einem Drittel der Meisterschaft und zahlreichen Niederlagen ist es vorbei mit der Harmonie im FCZ. Präsident Hotz scheint mit der sportlichen Führung die Geduld zu verlieren.
Von Peter Bühler
Der FC Zürich hat in der Super League von zwölf Spielen acht verloren, er liegt mit acht Punkten auf dem zehnten und letzten Tabellenplatz. Der Abstand zu Rang 8, den der Stadtrivale GC belegt und der am Ende der Saison den Klassenerhalt garantiert, beträgt bereits fünf Punkte. Ein Drittel der Meisterschaft ist vorüber, und die guten Resultate sind mehr oder weniger total ausgeblieben. Nur zwei Siege, zu Hause gegen Wil und Thun, haben die Zürcher erreicht. Und zuletzt haben sie drei Spiele in Folge verloren. Das ist gewiss nicht die Ausbeute, die von einem Klub mit dem Anspruch und dem Budget (rund acht Millionen Franken) des FC Zürich erwartet werden darf.
Transfersieger - auf dem Papier
Die sportliche Bilanz ist gleichermassen ernüchternd, wie sie alarmierend sein müsste. Der Stadtklub, im Sommer nach den Zuzügen der Spieler Petrosjan, Simo, Buess und Muff als Transfersieger bezeichnet (auch im TA), spielt in dieser Saison unter dem neuen Trainer Lucien Favre einen gepflegten und ansehnlichen, aber erfolglosen Fussball.
Der Trainer hat für sich und für die Umsetzung seiner Methoden von Anfang an Zeit gefordert. Und der Präsident hat vor Saisonbeginn Geduld gelobt und versprochen, er werde diesem Ausbildner den Rücken freihalten und ihn stützen, selbst wenn sich die Erfolge nicht rasch einstellen sollten. Die gegenseitigen Treuebekenntnisse gingen so weit, dass Favre immer wieder betonte, er arbeite beim FC Zürich langfristig, «wie wenn ich hier zehn Jahre bleiben würde»; und Sven Hotz sagte selbst nach der jüngsten schmerzlichen Niederlage am Sonntag in St. Gallen: «Favre bleibt unser Trainer, er bekommt die Zeit, um die Mannschaft in der Tabelle nach oben zu führen.»
Es macht den Anschein, dass der FCZ in völliger Harmonie von Niederlage zu Niederlage taumelt. Die Spieler verhalten sich auf dem Platz emotionslos und lethargisch, offenbar sind sie schon zufrieden, beim Zürcher Stadtklub spielen zu können. Schliesslich sind die Löhne im Gegensatz zu anderen Vereinen am Monatsende immer pünktlich auf dem Konto. Und das Alibi für mässige Leistungen hat ihnen der Trainer mit seiner Vorgabe im Sommer gleich selbst geliefert. Der FCZ, erklärte Favre, werde in der Saison 2004/05, aber wirklich erst dann, zur nationalen Spitze gehören. Da wird sich manch einer dieser Fussballer denken, in diesem Jahr sei es auch mit ein bisschen weniger Einsatz und Kampfwillen getan.
Der Trainer reagiert auf die Niederlagenserie mit der üblichen Floskel: «Weiter arbeiten.» Der Sportchef Axel Thoma, auch er neu in seiner Funktion, hat auf Favre keinen Einfluss. Der Trainer führt die Mannschaft autonom und allein, er lässt sich nicht dreinreden. Also kam Thoma, wohl um sich auch einmal öffentlich bemerkbar zu machen, nach der Niederlage in St. Gallen auf die zwiespältige Idee, über die Boulevardmedien einen Mentaltrainer zu fordern, um die Blockade in den Köpfen der Spieler zu lösen. Favre hat sich gestern von diesem Vorhaben distanziert, es ist ja wohl auch seine eigene Aufgabe, dafür zu sorgen, dass seine Fussballer physisch wie psychisch zum Siegen bereit sind.
Der Präsident, der beim FCZ bezahlt und normalerweise auch befiehlt, hat sich trotz der sportlichen Misere lange erstaunlich ruhig verhalten. Der Einfall des Sportchefs mit dem Mentaltrainer ist ihm nun aber ziemlich in den falschen Hals geraten, auch weil er selber nicht informiert war und die Sache aus der Zeitung erfahren musste. «Der FC Zürich ist kein Fall für den Psychiater», empört sich Hotz. Der Trainer und der Sportchef sollten gefälligst selber «den Karren aus dem Sumpf ziehen».
Klassenerhalt - primäres Ziel
Hotz ist verärgert, Hotz ist böse, Hotz macht sich Sorgen, und Hotz wird immer ungeduldiger - dies wird trotz seiner in der Öffentlichkeit gebetsmühlenartig wiederholten Bekenntnisse zur sportlichen Führung immer offensichtlicher. Im FCZ brodelt es gewaltig, auch wenn die Beteiligten lange bemüht waren, gegen aussen einen gegenteiligen Eindruck zu vermitteln.
In der Super League warten in den nächsten drei Runden auf den FC Zürich die Heimspiele gegen die Young Boys, Xamax und die Grasshoppers. Wehe dem Stadtklub, wenn er nicht erfolgreich ist, wehe Favre und Thoma! Weitere Niederlagen werden sie sich nicht mehr leisten können. Denn Hotz will sein jahrzehntelanges emotionales und finanzielles Engagement nicht gefährdet sehen, er will mit dem FC Zürich nicht in die Challenge League absteigen.
Nur darum geht es im Moment.
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