Beitragvon Tschik Cajkovski » 19.03.16 @ 10:25
aus der NZZ:
«Sicher nöd!»
Armando Sadiku wurde vom FCZ an Vaduz ausgeliehen - am Sonntag will er gegen die Zürcher treffen
In Zürich konnte der Albaner nicht reüssieren. Jetzt tritt der Stürmer im Abstiegskampf gegen den Verein an, zu dem er nächste Saison zurückkehren soll.
CHRISTINE STEFFEN, VADUZ
Armando Sadikus Bestimmung war klar, bevor er zur Welt kam. Als seine Mutter schwanger war, wusste der Vater bereits, dass sein Sohn Fussballer werden würde. Als das Büblein da war, wurde es Armando getauft. Wie Diego Armando Maradona.
Es kann Hypothek oder Ansporn sein, mit einer solchen Vorgabe ins Leben zu starten. Für Sadiku war es beides. 15 Jahre lang trainierte ihn in Albanien sein Vater, er war ein strenger Lehrer. Wenn er ein Spiel des Sohns in der Schweiz besucht, zählt er ihm immer noch jeden Fehler auf. Dafür pflanzte er dem Jungen eine Leidenschaft ein. Als Armando klein war, schlief er am Abend vor einer Partie mit dem Leibchen und den Fussballschuhen ein. Und als er ein Probetraining bei einem grösseren Klub besuchte und merkte, dass er viel besser war als alle anderen, begann er zu glauben, dass er vom Fussball leben könnte.
Ein bisschen kompliziert
Jetzt sitzt er mit verschränkten Armen im Stadioncafé in Vaduz, es sind keine einfachen Tage. Am Sonntag kommt der FC Zürich, der ihn ins Fürstentum ausgeliehen hat und zu dem er nächste Saison zurückkehren wird. Tore von Sadiku könnten die Zürcher weiter ins Elend stossen. Sadiku soll erklären, wie er sich fühlt. «Es ist nicht mein Problem», sagt der Stürmer, «meine Arbeit ist es, Tore zu machen.» Aber natürlich: Ein bisschen kompliziert sei es schon.
Tatsächlich ist die Situation fast grotesk. Sie wirft auch die Frage auf, wie umsichtig der FCZ geplant hat. Die Verantwortlichen in Zürich seien in der Winterpause auf ihn zugekommen, weil sie ihm nicht zusichern konnten, dass er regelmässig eingesetzt werde, sagt Sadiku. Für ihn ist es aber entscheidend zu spielen, weil er im Sommer mit Albanien an die EM will. Also ging er nach Vaduz, dem direkten Konkurrenten im Abstiegskampf. Kurz darauf verlor der FCZ einen Stürmer nach dem anderen; übrig blieben Kerschakow und Etoundi, der sich überdies verletzte.
Sadiku knetet seine Arme mit den Tattoos, was soll er sagen? Ihm geht es gut in Vaduz. Man esse zusammen, der Verein sei wie eine Familie. Sein Alltag erinnert ihn an die Zeit in Locarno und Lugano, als er in der Challenge League zweimal Torschützenkönig wurde. Im Tessin hat ihn der Trainer Davide Morandi zum Essen nach Hause mitgenommen, wie ein Vater sei er gewesen. Sadiku zeigt seine Gänsehaut, als er die Geschichte erzählt: Deutlicher kann er seine Ergriffenheit nicht machen. Er benutzt ein Wort auf Italienisch, um zu erklären, was er braucht, um sich wohl zu fühlen: «Un pò coccolato» müsse er sein, gehätschelt, und natürlich «un pò amato», geliebt. Er erzählt von einem Gespräch, das er mit Giorgio Contini hatte. «Spiel mit Freude und Lust», sagte ihm der Trainer. Er traf, was Sadiku wichtig ist. «Fussball ist doch Allegria», sagt er. Wie Contini mit dem Stürmer umgeht, ist sinnbildlich für den FC Vaduz. Der Verein mit den beschränkten Ressourcen ist darauf spezialisiert, aus Gestrandeten ein Team zu bauen. Dass es gelingt und die Spieler Selbstvertrauen zurückgewinnen, spricht für Continis Arbeit, seine Fähigkeit, jedem zu geben, was er braucht.
Wer hätschelt ihn?
Auch wenn Sadiku das überhaupt nicht beabsichtigt: Mit allem, was er über Vaduz sagt, erzählt er den FCZ mit. Dort ist das Schlüsselwort des Trainers Sami Hyypiä nicht Freude, sondern Arbeit. Nicht um Lust geht es, sondern um Fitness. Unter Hyypiä, aber auch unter dessen Vorgänger Urs Meier konnte sich Sadiku nicht durchsetzen, zudem musste er wegen einer Knieverletzung mehrere Monate pausieren. Im FCZ erschien er unauffällig. Contini hingegen sagt, Sadiku sei ein «Lauter», einer, der Stimmung in die Kabine bringe. Er lässt sich auf das Gespräch ein, möchte seinen Gedanken Ausdruck verleihen. In Zürich, so scheint es, hat er sich nie recht eingefunden. Statt den nächsten Schritt zu machen, stagnierte der 24-Jährige. Ist er enttäuscht? «Sicher nöd!», sagt Sadiku. Er möchte die Zeit im FCZ nicht als Scheitern verstanden haben, ihm sei vor allem nach der Verletzung das Vertrauen abhanden gekommen. Aber wenn er sagt, sein Traum sei es, in der Bundesliga oder Premier League zu spielen - wer wird ihm dort Wärme geben, ihn hätscheln?
Das ist jetzt gerade nicht wichtig. Am Sonntag kommt der FCZ. Wird Sadiku jubeln, wenn er ein Tor schiesst? «Sicher nöd!» Es ist ein bisschen kompliziert.
"we do these things not because they are easy, but because they are hard" jfk