Beitragvon cuhulain » 27.04.10 @ 17:10
Andere Teams haben ja schon mit dem Ausmisten begonnen (St.Gallen - Zellweger, Koubsky, Haas, Ciccone, Caceres, Kül, Avanzini, Maier/ Xamax - Rossi, Taljevic, Etoundi, Edjengele, Hodzic, Bah/ Duisburg - u.a. Tararache). Aber ist das beim FCZ auch nötig. Nur bedingt, behaupte ich. Das Spielermaterial in dieser schlechten Saison ist nahezu identisch mit demjenigen in der letzten Meistersaison - aber eben auch mit demjenigen in der ebenso miesen Rückrunde vor der besagten Meistersaison.
Was hat sich seit dem Titelgewinn verändert?
Hannu Tihinen, der Kopf und vor allem Seele des Teams war und ist, war einige Male verletzt und fand die ganze Saison über nie zu seiner Form. Als Kapitän und Abwehrchef war er im Meisterjahr sowohl Organisator, wie auch Antreiber und Aggressivleader. Als er in diesem Jahr seiner Form hinterherhinkte und deshalb zu stark mit sich mit selbst beschäftigt war, konnte er diese Rolle nicht mehr einnehmen, was der Unsicherheit in der Defensive, die das ganze Team umfasst noch stärkte.
Weitere Faktoren, die diese Unsicherheit stärkten, waren viele unglückliche Aussagen des Vorstandes, wie beispielsweise "Guatelli ist als 1B ebenso stark wie Leoni" (was gegen Maribor torpediert wurde) oder "Es spielt nur in Europa wer es sich in der Super League verdient" (ein Ansatz, der nicht im Geringsten berücksichtigt wurde von eben den Leuten, die ihn immer wieder hinausposaunten). Eben diese CL dürfte in der Hinrunde auch an der Konzentration und den Kräften der Spieler gezehrt haben, was nicht eben gefördert wurde, indem Konsequenzen für schwache Auftritte nur spärlich gezogen wurden. Zudem wurde am Anfang die Schuld bei jedem anderen nur nicht in den eigenen Reihen gesucht. Schiedsrichter waren ein super Alibi für das Team, um die eigenen Niederlagen zu rechtfertigen. Hier gingen Trainer und Vorstand oft als schlechtes Beispiel voran. Die teils unglücklichen Punktverluste zu Beginn der Rückrunde und krasse Dämpfer nach den wenigen Highlights (Bellinzona nach Milan etc.) führten dazu, dass das Selbstvertrauen nie mehr beim FCZ ankam.
Die Einkaufspolitik war ein wenig fragwürdig. Zwar war JVL die prägende Figur beim Einzug des FCZ in die CL, doch war es mir schon zu Saisonbeginn ein Rätsel, dass ein neuer Akteur auf einer der Positionen geholt wurde, wo am wenigsten Bedarf herrschte (offensiver Aussenspieler). Dafür mussten andere Akteure (selbst Neue wie Gajic, der als LV schon von Beginn weg verheizt wurde und sich wohl wie viele Fans auch gefragt haben dürfte, für welche Rolle er denn eigentlich verpflichtet worden war) auf völlig fremden Positionen spielen. Ein Fehler, der im Winter, mit der Verpflichtung Magnins wiederholt wurde, als der Trainer einen neuen Stürmer wollte. Dieses fehlende Vertrauen in die vorhandenen Offensivkräfte zeigte sich in der Rückrunde beispielsweise durch stete Formationswechsel in der Offensive.
Diese Transferpolitik und einige Verletzungen, die man nicht vergessen darf bei der Analyse, führten dazu, dass sich in dieser Zeit des Misserfolgs keine stabile Hierarchie innerhalb der Mannschaft bilden konnte und niemand Verantwortung übernahm. Vielleicht wird Magnin in Zukunft ja hierfür fähig sein, aber indem er nach seiner Verletzung selbst nach der eigenen Form sucht und deshalb schon die ganze Rückrunde fehlerhaft spielt, kann er noch nicht der gesuchte Leader sein.
Was braucht es also meiner Meinung nach?
- einen Trainer, der wieder eine klare Ordnung in das Team bringt, sowohl was das System, wie auch die Hierarchie betrifft
- er darf zudem nicht stets am rumzappeln sein und die Schuld bei anderen Suchen. Es reicht wenn Präsident und Sportchef schon offensiv und extrovertiert sind.
- eine durchdachtere Öffentlichkeitsarbeit, wobei das seit ich FCZ-Fan bin (Aufstiegssaison), nie wirklich gut war...
- auf den zentralen Positionen muss nachgelegt werden. Wobei das nur nötig ist, wenn Zouaghi nicht das Mittelfeld als robuster 6er und man Tihinen nicht zutraut wieder zu alter Stärke zu finden, respektive erkennt, dass seine Verletzungsanfälligkeit definitiv zu gross ist. Falls Zouaghi die Abwehr als klarer Chef und Tihinenersatz führen kann (bitte von Beginn weg für eine Rolle entscheiden und nicht auf dieses Allrounderzeugs fokussieren), wäre dann ein kantiger Antreiber im MF von Nöten.
- eine klare Philosophie im Sturm, die sich auch in den An- und Verkäufen spiegelt. Wenn man nur mit einem Stürmer spielen will, muss dieser genügend Unterstützung von den beiden Aussenbillies und den Herren im MF haben. Zudem muss man dann auch wirkliche Alternativen zu Hassli haben, der nach der Verletzung wieder Zeit brauchen wird, das heisst wenn man dies Mehmedi nicht zutraut, muss ein Neuer her. Alphonse ist ja eher ein Flügel oder eine hängende Spitze. Nicht zuletzt deshalb würde ich eine Rückkehr zu einem System mit zwei Spitzen (ein Brecher und eine hängende) begrüssen. Schliesslich passen auch Chikhaoui, Nikci, Schönbächler, JVL und (mit Abstrichen) Margairaz auch auf diese Position.
- Geduld von Fans und Vorstand. Wer immer der Neue sein wird, wird Zeit brauchen. Selbst wenn kaum oder keine neuen Spieler verpflichtet werden. Val Gaal ist bei Bayern momentan das beste Beispiel dafür, aber auch ein Herr Favre zeigte dies in seinem ersten halben Jahr beim FCZ.
“Real stupidity beats artificial intelligence every time.” ― Terry Pratchett, Hogfather