"Stell die Musig ab!"

Diskussionen zum FCZ
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Stan
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Beitragvon Stan » 08.05.07 @ 20:38

Endlich komme ich auch noch dazu, ein bisschen mitzuquasseln. Die zwingen mich zurzeit im Geschäft effektiv zu arbeiten während der Arbeit. Furchtbar.

Cool, all die vielen Reaktionen auf meinen Eintrag. Merci! Ich werde versuchen, chronologisch einige davon zu kommentieren.

- Der Hauptgrund für meinen Rücktritt ist ein positiver. Ich werde im August Vater und da Frau Staromat glücklicherweise leider ebenfalls voll FCZ angefressen ist, werden wir die Heimspiele wohl plus minus unter uns aufteilen müssen (zähe Verhandlungen sind noch im Gang). Baygon, du kannst also ungeniert wieder von den Barrikaden runterkommen (aber danke für das Kompliment zum YB-Konzept!).

- Canepaschi: Ich wollte eigentlich bewusst meinen Dank an die Kurve unter dem Motto "kä Näme" belassen, aber da ich dadurch (logischerweise) die Diskussion um unseren neuen Präsidenten in eine weitere Runde schickte, möchte ich doch auch noch kurz Stellung dazu nehmen.

Meiner Meinung nach dürfen wir hier nicht zu früh das "Leider nein!" rufen. Allein die Tatsache, dass Herr Canepa ehrenamtlich für den FCZ arbeitet, lässt mich immer noch massiv hoffen. Er ist - so denke ich - auch mit Herzblut am Fussball interessiert, bloss bestand Fussball bis anhin für ihn hauptsächlich aus EM-/WM-Spielen, Championsleague-Partien und dergleichen. Nun übernimmt er den FCZ und geht mit grosser Energie an die Sache. Dass unser Verein und sein Umfeld massiv mehr zu bieten hat, als bloss dass er dank seinem Geld "grossen" Fussball auch in Zürich bewundern kann, das muss er erst noch lernen. Die kollektiven Baschi-Pfiffe, ob deren er übrigens verwirrt (interessiert?) zum Feldstecher griff und zur Südkurve blickte, waren ein erster positiver Anschauungs-Unterricht.

Ich denke, wir sollten Baschis "verdammt nomal gib mer ä Chance" auch Herrn Canepa zugute kommen lassen. Er hat schon einiges falsch gemacht seit seinem Amtsantritt, aber er (und sein Umfeld) hat noch immer die Chance, den richtigen Weg zu gehen.

(Was ich jedoch gerne in baldiger Zukunft einmal hören möchte, ist eine Stellungnahme von ihm zum Thema RedBull Salzburg. Distanziert er sich von solchen Konzepten oder genügt ihm der sportliche Erfolg, der damit leider immer mehr verbunden ist - bei gleichzeitigem Verlust aller Ideale - um solche Konstrukte positiv zu bewerten? Trifft das zweite ein, dann gute Nacht!)

[Kurzes Intermezzo zu fat's Elton-John-Platten: Scheisse, bist du nachtragend. Ich habe in fünf Jahren ein einziges Mal Elton John laufen lassen (und dies damals sogar noch mit Hintergrund)! Denkst du, mit solchen Anfiggereien wird the Casbah noch gerockt im Hardturm? ;-)]

White Stripes: Das muss ich voll auf meine Kappe nehmen. Ich habe da ehrlich gesagt gar nicht geschnallt, dass das Po-poropo-po-po-po von dem Song her kommt (manchmal bin ich ganz schön doof). Es war immer eine meiner Hauptdevisen, dass man bei der Stadionmusik zwar Inputs von Fangesängen aufnehmen kann (zum Beispiel quasi als Hommage die Originalversionen (Moonlight Shadow, Montagne Verdi, Tetris-Song etc.) abspielt), man jedoch NIEMALS die Fans per Lautsprecher zu Fangesängen animieren darf.

Nun wollte ich schon länger den Blues-Brothers-Hintergrund bei der Mannschafts-Aufstellung ersetzen und da hat mir der Basslauf von Seven Nation Army doch extrem gut gefallen für. Als dann beim ersten Mal gleich ein paar Poropopopos einstimmten, bin ich einerseits ein bisschen erschrocken, hab's aber andererseits auch noch witzig gefunden. Da finde ich dann schon wie einer der Vorredner, wir dürfen nicht zu verkrampft sein und uns zu wichtig nehmen. Wenn so etwas spontan geschieht, was soll's?

Was ich jedoch viel geiler finde (Achtung Selbstlob), als den Basslauf, ist das "Hey you! Don't watch that! Watch this! This is the heavy-heavy-Monstersound!" von Madness nach der Aufstellung der Gegner und vor unserer eigenen. Das war meine kleine Rebellion gegen die vollkommen übertriebenen, überempfindlichen Fairness-Anordnungen des Schweizer Fussballverbandes, welche jede Saison schlimmer und schlimmer werden. Wenn es so weitergeht, werden bald in allen Stadien der Schweiz externe (neutrale) Stadionspeaker die Informationen in sämtlichen Landessprachen vollkommen kongruent hinunterbrabbeln. Furchtbar. Da musste einfach musikalisch was her.

Noch kurz zur Stadion-Musik generell. Ich möchte mich gerne einmal bei allen Feedback-Gebern der letzten fünf Jahre bedanken. Meist vielen diese sogar positiv aus, auch wenn ich selbst meinen Stadion-Sound wie "Dini Mueter" so schön sagte, ebenfalls nicht wirklich "speziell" finde. Ich versuchte einfach stets einen Mittelweg zu finden zwischen dem Sound, den viele in der Südkurve gerne hätten (und an dem auch all die Hörgeräte-Reparatur-Annahmestellen der Zuschauer auf der Westtribüne Freude hätten) sowie dem kommerziellen Partysound (den ich als DJ an einer Party jeweils selbst gerne vom Plattenteller gelassen habe). Dass da kein DRS-3-Sounds-Special herauskommen kann, ist allein von der Sache her gegeben.

Mir lag jedoch sehr am Herzen, stets auf aktuelle Dinge einzugehen (Rolling-Stones-Special, wenn alle wegen des Konzertes über nichts mehr anderes sprechen etc.), den Sound wenn möglich immer ein wenig dem Gegner anzupassen, neue FCZ-Songs so schnell wie's geht am Match laufen zu lassen...

So. Genug gebrabbelt. Als letztes noch kurz nochmals zu fat: deine Erklärung, dass ein Sound, der allen gleichermassen auf die nerven geht, das einzig wahre Gerechte sei, finde ich sensationell!

GruBaschi und auf bald
Stan

PS: Dass das "I was made for loving you" vermutlich nur noch die nächsten drei Heimspiele als Tormusik gespielt wird, ist für mich einer der schwersten Punkte, Abschied zu nehmen. Es gibt für mich kein treffenderes musikalisches Statement, wenn die Spieler in die Fans hineinjubeln, als "I was made for loving you. You were made for loving me!". Dass ich mit dieser Zeile vor fünf Jahren als allererste Aktion den unsäglichen Brasil-Samba-di-Janeiro-Rhythmus ersetzte, darauf bin ich schon ein bisschen stolz. Zudem vermute ich, dass es nicht nur mir folgendermassen gehen dürfte: Höre ich irgendwo - am Radio oder in einem Club oder wo auch immer - diesen Kiss-Song, geht's mir einfach gut und ich erhalte sofort das Gefühl "Geil! Der FCZ hat ein Tor geschossen!"... Dieser Umstand wird jedoch auch nach der Ersetzung der Tormelodie nächste Saison mit Sicherheit so bleiben. "I was made for loving you" ist definitiv gehirngewaschen! he he...


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Baygon
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Beitragvon Baygon » 09.05.07 @ 1:11

aso guet, du darfst aus diesen gründen abtreten, aber nicht ohne mir ein freundschaftsspiel zu gewähren... ich gratuliere hiermit öffentlich, rechtlich, insbrünstig und aus ganzem herzen (und steige von den barrikaden (vorerst) hinunter)!
Allez les Bleus!

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Dieter
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Beitragvon Dieter » 09.05.07 @ 8:08

Du musst die Spiele mit der Frau teilen?!!! Ist sie wenigstens schön?

Doch Spass bei Seite. Viel Glück bei der anstehenden Geburt. Gleichzeitig möchte ich mich für die vergangenen Jahre mit Dir bedanken. Nebst paar ganz wenigen Abfallern hatte es doch immer wieder lustige, überaschende, passende, bitterböse, unterhaltende, untergroundige und aber auch ganz normale Songs.

Ich hoffe, Dich trotz beendigung deiner Dj-Kariere als Gast an unserem Fest begrüssen zu dürfen. Bis bald mal...

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C.D.M.
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Beitragvon C.D.M. » 10.05.07 @ 10:05

Das Ende des guten Tons
Von Pascal Claude, WOZ


Musik aus Stadionlautsprechern ist in aller Regel eine vollkommene Katastrophe. In der Schweiz stehen Gott sei Dank noch ein paar wirklich alte Stadien mit wirklich alten Soundanlagen, sodass man oft nur ahnen kann, was einem hier vor dem Anpfiff, zur Pause oder beim Torjubel zugemutet wird. Überall, wo neue oder erneuerte Stadien stehen, in Deutschland, aber auch in Basel oder Bern, ist das Grauen in seiner ganzen akustischen Dimension zu erfahren. Bum, bum, bum, one, two, three, let’s party! Bis zum heutigen Tag habe ich noch keinen Menschen, keine Frau, keinen Mann, keinen Fan, keine Anhängerin getroffen, die diese krank machende Schallpenetration gutheissen würde. Trotzdem verbreitet sie sich unaufhaltsam, und wo ein neues Stadion entsteht, droht neues Ungemach.

So auch in Zürich. Der FCZ ist seit über vier Jahren mit einem Stadion-DJ gesegnet, wie es ihn rund um den Globus vielleicht noch sechs- oder siebenmal gibt. Höchstens. Ein einziges Mal hat mich ein Stadion-DJ wirklich überrascht, doch vermutlich ohne Absicht. In der Pause des kroatischen Erstligaspiels NK Zagreb - Kamen Ingrad jagte der Zuständige den Pulp-Fiction-Soundtrack durchs Oval, und er holte das Allerletzte aus seinen postsozialistischen Boxen. Ein Konzept steckte da kaum dahinter, es klang vielmehr so, als teile hier jemand seine neueste Errungenschaft vom Schwarzmarkt mit den paar hundert Anwesenden. Der Stadion-DJ des FCZ aber, der hat ein Konzept, und dass er nun per Internet seine Demission auf Ende Saison, auf den Umzug in den neuen Letzigrund hin also, bekannt gegeben hat, ist so traurig wie vielsagend.

Anlass seines Eintrags in einem FCZ-Diskussionsforum war der Song «Bring en hei» eines Laufentalers Sängers, den zu spielen der FCZ-DJ nach monatelanger Weigerung offenbar gezwungen wurde, und dies offenbar von allerhöchster Stelle. Als die ersten Takte des Liedes im Hardturm ertönten, hallte es dem armen DJ aus tausend Kurvenkehlen entgegen: «Stell die Musig ab!» «Bring en hei» hat einen WM-Sommer lang die Nati vertont, den Klubfans in den Kurven war der bei «Three Lions» abgekupferte Song aber nie geheuer. Im Falle des FCZ sind sie sich auch schlicht Besseres gewohnt.

Wenn der FC St. Gallen zu Besuch war, legte der FCZ-DJ Baby Jails «D Sanggaller sind scho z Rapperswil» auf. Vor Spielbeginn haute er jeweils «Mir wänd nur dä FCZ» aufs Feld, eine Metalcore-Granate, deren Text die Südkurve in ihre Hymne integrierte. Und zu Ehren einer FCZ-Fangruppierung spielte er Thin Lizzys «The Boys are back in town». Dieser Mann liebt seinen Job, er haucht jeder Stadionbox Leben ein und Witz und bleibt dennoch stets im Hintergrund. Nun hat er genug, und auch wenn sein offener Internetbrief dies nur erahnen lässt, so ist es doch ein bisschen zum Verzweifeln, dass ein Vereinspräsident, der auch schon damit gedroht hat, mit Feuerwehrschläuchen auf die eigenen Fans zu zielen, in seinem Drang zum Retortensport nun auch noch den grossartigen Stadion-DJ entsorgt.

«Nein zum modernen Fussball» heisst es gelegentlich auf Transparenten und Doppelhaltern. Das klingt rückwärtsgewandt, bockig und diffus. Zwischendurch aber, da wird für einen Augenblick ganz deutlich, was gemeint ist, und die Nackenhaare stellen sich auf. Der neue Letzigrund ist bald gebaut, und mit ihm sein topmodernes Soundsystem. «Mir wänd nur dä FCZ» hat dann wohl ausgespielt. An seine Stelle tritt, laut und fett und fehl am Platz, «You’ll never walk alone». Oder nicht, Herr Präsident?
Tage die man NIE vergisst:

13.5.06 FCZ SCHWEIZERMEISTER 2005/2006
24.5.07 FCZ SCHWEIZERMEISTER 2006/2007
24.5.09 FCZ SCHWEIZERMEISTER 2008/2009

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Zappa
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Beitragvon Zappa » 10.05.07 @ 10:29

Super Text. Schade , wenn der FCZ im neuen Letzi seine Subkultur nicht behalten kann. Herr Canepa, bitte zerstören Sie nicht alles !!!
Das ist genau das, was den FCZ von anderen Klubs abhebt.

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Beitragvon Elim13 » 10.05.07 @ 10:44

Zappa hat geschrieben:Super Text. Schade , wenn der FCZ im neuen Letzi seine Subkultur nicht behalten kann. Herr Canepa, bitte zerstören Sie nicht alles !!!
Das ist genau das, was den FCZ von anderen Klubs abhebt.


Guter Text, aber nicht ganz korrekt. Stan hat ja später geschrieben, dass es vor allem persönliche Gründe waren...muss ihn ja nicht zum Märtyrer machen (bez Rücktritt) wenns nicht so ist.

Auch von dieser Seite: Danke Stan, wirklich unvergessliche Momente. Auch die wo man in der Niederlage Grösse gezeigt hat und entsprechende Lieder laufen liess. (Bsp YB)

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Beitragvon Stan » 10.05.07 @ 16:18

Wunderbar schmeichelnder Artikel! Merci Pascal!

Ich möchte jedoch nochmals festhalten: Staromat wurde nicht "entsorgt". Es gab von Seiten des FCZ keinerlei Druck diesbezüglich. Eher ist das Gegenteil noch der Fall.

Aber es wurde im Artikel schon korrekt hochgerechnet, dass nicht nur der/die heranwachsende neue FCZler/FCZlerin meinen Rücktritt initiert hat.

Ich habe in den letzten fünf Jahren aus einer noch etwas anderen Perspektive miterleben können, wie sich Dinge rund um den Fussball verändert haben.

Als ein Beispiel kurz das Fernsehen. Übertrugen sie vor fünf Jahren noch einfach wie schon seit ewig Bilder aus den Stadien und füllten ihre Beiträge mit immer den gleichen Wortspielen (zu Bildern wie einem gähnenden Matchbesucher oder zwei Kindern, die je eine Wurst in sich hineinstopften), so drängen sich die TV-Anstalten (egal ob Sat1, SFDRS oder Teleclub) immer mehr in den Vordergrund. Ihre Bilder sind ihnen 100% wichtiger als die Leute im Stadion. Bereits 10 Sekunden nach dem Schlusspfiff werden die ersten Interviews geführt (was ich ohnehin vollkommen deplatziert finde, wenn man den Spielern nicht einmal mehr die Zeit lässt, sich zu freuen (oder zu ärgern)). Damit die Tonspur für ihre immer gleichen Fragen superba ist, verlangen sie von den Clubs, dass der Stadionsound sofort heruntergeschraubt wird, sobald sie interviewen. Es gibt da kein Miteinander à là "lasst mich bitte erst einfach 30 Sekunden einen Siegessong anspielen und dann mache ich leiser für eure Interviews". Kompromisslos!

Und auf die Dauer ist es ziemlich ermüdend, Woche für Woche mit einem Fernseh-Mansgöggel aggressive Diskussionen zu führen, bloss weil ich mich nie an seine Anweisungen halte.

Solche kleine Ärgernisse können einem mit der Zeit schwer auf die Motivation drücken. Ich wollte jedoch hier bewusst nicht gross herumlamentieren, weil über die ganze Zeit gesehen die positiven Aspekte extrem überwogen.

(An dieser Stelle: Könntet ihr nicht bitte in Zukunft den Tetris-Song unterbrechen (oder auf max. 8 Dezibell hinunterschrauben), wenn die Jungs ein Interview machen? Wäre flott!) ;-)

Von daher freue ich mich riesig darauf, ab nächster Saison die Spiele wieder einfach geniessen zu können und mich - wenn überhaupt - höchstens mit dem Wolf über irgendwas streiten zu müssen... ;-)

GruBobo (der ist heute aktueller als Baschi) und auf bald
Stan


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