Beitragvon Zhyrus » 16.02.20 @ 23:54
Grundsätzlich empfinde ich nicht die Talentförderung und die jungen Spieler als Problem. Im Gegenteil mit Domgjoni, Omeragic und Rüegg tragen sie schon regelmässig recht viel Verantwortung. Tosin hat auch schon wichtige Tore beigesteuert. Ich finde, es müsste deutlich mehr von den etablierten, erfahrenen Spielern kommen: Kololli, Mahi, Bangura, Popovic, (Pa Modou). Schönbi (8 Tore, 2 Assists) und Marchesano (4 Tore, 6 Assists) überzeugten wenigstens teilweise, wobei auch sie keine Leader sind. Das ist für mich der Hauptunterschied zum viel zitiertem St. Gallen, denn die agieren mit einer starken Zentrale um Ruiz, Quintilla und Görtler, die ihre Leistungen konstant abrufen und aus dem Talentalter raus sind.
Wir agieren mit den blutjungen Sohm und Domgjoni und Marchesano, der zwar ein super Spielmacher ist, aber körperlich oft an Grenzen kommt. Es rächt sich brutal, dass Popovic, dem die Führungsrolle im ZM zugedacht war, dermassen floppte. Nun muss im Defensiven ZM ein 18 und 21-Jähriger den Laden schmeissen. Die fehlende Erfahrung in der Umschaltzentrale ist für mich einer der Gründe, weshalb wir teilweise ordentlich spielen und plötzlich wieder 5:0 untergehen. Auf der anderen Seite, stand beim ultraschwachen Saisonbeginn eigentlich immer Popovic auf dem Feld.
In der Defensive spielen auch mehrheitlich junge Spieler: Rüegg (21), Omeragic (18), Nathan (24), M. Kryeziu (23), Pedersen (23). Es ist sehr schade, dass Bangura unter Magnin teils grobfahrlässig unkonzentriert schien und nun nur noch eine Nebenrolle spielt. Viel mehr Junge kann Magnin nicht aufbieten und Omeragic hat einen Riesenschritt gemacht, Nathan hat sich nach vogelwildem Anfang stabilisiert, Rüegg macht das ganz gut, wenn er auch nicht ganz den Drive von vor seiner Verletzung hat. Die Misère auf der LV-Position wurde schon thematisiert. Pa Modou scheint körperlich nicht mehr in der Lage sein "offensiv ausgelegtes Stellungsspiel" mit seiner Pferdelunge und seinem Einsatz kompensieren zu können, trotzdem hatte er im Herbst auch ein paar gute Auftritte. Bei Karabadze hat man sich wohl gegen die endgültige Übernahme entschieden. Ich kann es verstehen, der Georgier hat sich nicht entwickelt seit er hier ist und ausser grossem Einsatz und viel Laufarbeit war nicht allzu viel da.
Bevor ich Magnin fehlendes Entwicklungsvermögen der Talente und brach liegendes Potential vorwerfen würde, würde ich eher zum Schluss kommen, dass er unsere erfahrenen Spieler, die fast alle mit ihren eigenen Problemchen kämpfen, nicht erreicht, bzw. an ihre Leistungsgrenzen führen mag. Das ist krass bei Kololli der Fall, wobei der wohl echt sehr schwierig bei Laune zu halten ist. Das stimmt nicht bei Bangura, den ich einst als einen der besten SL-IVs gesehen habe. Das stimmt (noch) nicht bei Mahi, der seine Rolle und Form immer noch nicht gefunden hat. Gut, es hilft nicht, wenn er Stürmer spielen muss, wenn sich Kramer verletzt/angeschlagen/gesperrt/ausser Form ist. Das stimmte auch bei Popovic nicht, den man in seiner Formkrise bis zum bitteren Ende forcierte. Aber, und das ist ein grosses Aber, von diesen Spielern erwarte ich auch, dass sie von sich aus in der Lage sind und mit Anspruch agieren konstant Leistung zu zeigen. Von verschossenen Penalties bis Vernachlässigung der elementarsten Deckungsarbeiten sind (gerade auch) unseren Leistungsträgern (Konzentrations-)Fehler unterlaufen, die nur sehr, sehr selten vorkommen dürften.
Lange Rede kurzer Sinn: Wie wohl in jedem Kader gibt es auch beim FCZ unausgeschöpftes Potential. Man kann darüber streiten, wie gross dieser Graubereich ist, allerdings sollte man beachten, dass Talente auch Entwicklungsgrenzen haben, selbst wenn sie optimal gefördert werden und in Juniorenjahren mit CR7 verglichen wurden. Eines der besten Mittel der Talentförderung ist Spielzeit und davon haben die Talente beim FCZ viel (Tosin, Domgjoni, Omeragic, Rüegg, Sohm, (Kramer), (Nathan)), auch wenn sie einmal Fehler machen. Wie gut die Arbeit von Magnin im Training ist und ob er Talenten neue Fähigkeiten und Taktisches vermitteln kann, kann ich ehrlich gesagt nicht beurteilen. Ich möchte mich etwas dagegen wehren, dass man jede positive Entwicklung dem Spieler zuschreibt ("das ist ein Megatalent", sieht ja jeder) und wenn diese unzufriedenstellend ist den Trainer attackiert. Das läuft zur Zeit auch in Dortmund so: "Unter Favre sind alle schlechter geworden! Sancho müssen wir für 200 Millionen verkaufen!"