Basellandschaftliche Zeitung
Der Fussballstar aus dem Asylheim
David Opango flüchtete 1996 aus Burundi. In der Schweiz fand der Asylbewerber durch den Fussball sein Glück
Glück? Am 1. Mai 1999 zertrümmerte Nenad Savic von Xamax Neuchâtel mit einem fürchterlichen Foul das Schien- und Wadenbein des FCZ-Mittelfeldspielers David Opango. Eine möglicherweise grossartige Karriere war zerstört. Der Sportchef der AC Milan annullierte den bereits gebuchten Flug nach Zürich wieder.
«Immer wenn ich den Namen Opango höre, kommt mir dieser Augenblick in den Sinn. Es passierte zehn Meter vor meiner Trainerbank. Es war grauenhaft», sagt Raimondo Ponte, der damalige FCZ-Trainer. Opangos rechter Unterschenkel stand in einem Winkel von 90 Grad ab. Die Szene taucht seither in jeder Auflistung der brutalsten Fouls auf.
Doch der damals 21-jährige Burundier liebte den Fussball viel zu sehr, als dass er deswegen aufgeben wollte. Er kämpfte sich zurück auf den Platz. Sein zweiter Anlauf im Profifussball jedoch verlief weitaus unspektakulärer als die Premiere. Anstatt bei der AC Milan landete er 2002 beim FC Aarau. Sein Topniveau erreichte er nicht mehr und nach insgesamt 67 Partien in der Super League verabschiedete er sich via YF Juventus Zürich, Biel und Zofingen aus dem Profifussball.
Seit 2008 lebt Opango mit seiner Familie in der Nähe von Paris. Einzig der älteste Sohn Chris ist in der Schweiz geblieben, spielt bei den U17-Junioren von YF. Er selber absolviert derzeit die Diplom-Ausbildung zum Fussball-Konditionstrainer und hofft, später einmal als solcher bei einem Profiverein arbeiten zu können. «Ich bleibe mein Leben lang mit Herz und Seele Fussballer. Dieser Sport hat mir so viel gegeben. Ohne ihn hätte ich nicht leben können», sagt Opango und lacht. Er trauere nichts nach. «Ich konnte in meinem Leben sehr viel vom Fussball profitieren, habe eine schöne Karriere gemacht und bin voller positiver Erinnerungen an die Zeit in der Schweiz», sagt der 37-Jährige frei von Verbitterung.
Wegen des Fussballs landete David Opango 1996 in der Schweiz. Zufällig. Als Junior durfte er mit seinem damaligen Verein aus Burundi, dem FC Fantastique Bujumbura, an ein Spiel des Africa-Cups für Vereinsmannschaften nach Algier reisen. Via Genf und Paris sollte es danach zurück in seine kriegsgeplagte Heimat, in welcher sich Hutus und Tutsis in schrecklicher Gewohnheit gegenseitig meuchelten. Auf dem Flughafen Genf entfernten sich fünf Spieler von der Mannschaft, beantragten Asyl und landeten im Rückschaffungszentrum Biel.
Dort spielte Opango von morgens bis abends ununterbrochen Fussball, durfte bald beim FC Biel zum Probetraining und landete schliesslich in Bümpliz in der 1. Liga. Später zügelte Opango nach Moutier, wo sich dank dem dort ansässigen Honorarkonsul von Burundi heimatliche Gefühle auftaten. «Egal, wo ich war – in meinem Kopf gab es nur den Fussball», sagt er.
Landsmann Shabani Nonda, aus der gleichen Stadt stammend wie Opango und zwei Jahre zuvor als Profi zum FC Zürich gekommen, empfahl den Rohdiamanten seinem Trainer Raimondo Ponte. Dieser bestellte Opango zum Probetraining und war auf Anhieb angetan von dessen Fähigkeiten – der Gradlinigkeit seines Spiels und der Bereitschaft, alles für den Fussball zu geben. Nur drei Wochen später debütierte Opango beim FCZ. Vorerst als Amateur ohne Lohn, denn als Asylbewerber durfte der Burundier kein Geld verdienen.
Zwischen Opango und Ponte besteht bis heute eine tiefe Freundschaft. Sie telefonieren beinahe wöchentlich. «Raimondo ist wie ein Vater für mich. Ich habe ihm alles zu verdanken», sagt Opango. «David hatte im Fussball Erfolg, weil er sich im fremden Land integrierte, sofort die Sprache lernte und sich auch auf dem Feld nie zu schade war, die Drecksarbeit zu machen», erwidert Ponte. Angesprochen auf seine spezielle Beziehung zum Burundier sagt der FC-Aarau-Sportchef: «Man kann im Leben nicht immer nur nehmen, man muss auch geben. Auch ich kam als Ausländer in die Schweiz und man hat mir hier geholfen. Wieso also sollte ich nicht das Gleiche tun?»