Beitragvon Habasch » 26.10.03 @ 11:51
Die Sache mit dem schönen Spiel
Der FCZ-Präsident Sven Hotz setzt neu auf Urs Fischers soziales Gespür
Im Oktober seines 18. Präsidentschaftsjahres bekam das FCZ-Oberhaupt Sven Hotz wieder einmal die Last des Schicksals zu spüren: 4 Niederlagen in Folge, 8 Punkte aus 13 Spielen, letzter Tabellenplatz. Da musterte der Patron seine Mannschaft, schaute auf den Trainer Lucien Favre, der genauer arbeitet als viele seiner Branchenkollegen, und er sah, dass das Potenzial vorhanden ist.
Von Martin Helg
Aber Sven Hotz sah auch, was der Mannschaft fehlt, nämlich «der letzte Ehrgeiz», und er fragte sich: «Wer hat früher beim FCZ immer das Feuer entfacht?» Dann ernannte er den ehemaligen Abwehrchef Urs Fischer zum Team-Coach.Favre sei von der Fischer-Idee sofort begeistert gewesen, sagt Hotz. Der Coach, der Fischer im Sommer als Spieler ausmusterte, betrachtet das Ganze formalistisch: «Fischer besetzt eine Stelle im Klub, die seit dem Sommer vakant war.» Und Fischer selber tut alles, um seine Promotion vom U-14-Trainer zum Team-Spirit-Zaubermeister herunterzuspielen. Zusammen mit trainierenden Spielern will er sich nicht fotografieren lassen, und die Frage, ob er während der Matches an der Seite des Coaches sitze, betrachtet er als nebensächlich. Grundsätzlich will sich Fischer «im Hintergrund halten». Dementsprechend hat er keine Bedenken, dass sich Coach Favre oder der Sportchef Axel Thoma bevormundet fühlen könnten; «wir ziehen alle am gleichen Strick», sagt er.
Dabei ignoriert Fischer allerdings die Signalwirkung seiner Ernennung gegen aussen. Bereits diskutieren die Fans auf den Internet-Foren, wann das FCZ-Urgestein den feingliedrigen Romand wohl als Trainer ablöse. Und der FCZ-Vizepräsident Urs Scherrer bezeichnet Fischers Rolle als «Beistand mit dem Ziel, Druck auf Trainer und Sportchef zu erzeugen». Gleichzeitig sprechen Scherrer und andere Verantwortliche im Umfeld der Klubleitung von einer «unabdingbaren Sofortmassnahme». Ob ein jovialer «aggressive leader» wie Fischer der Mannschaft ein neues Charakterbild verpassen kann, scheint allerdings fraglich. Sportchef Axel Thoma beschreibt das Krisensymptom als «mangelnde Homogenität». Neben Talenten und Kämpfern fehle der Typus des integrativen Spielers, der dem Team auch abseits des Spielfeldes Kitt gebe.
Die Zusammensetzung des Kaders verantworten Trainer, Sportchef und Präsident Hotz gemeinsam. Hotz hat das letzte Wort, weil er die Transfers mit den geschätzten vier bis fünf Millionen Franken, die er jährlich in den Klub fliessen lässt, bezahlt. Dass diese Konzentration von wirtschaftlicher und operativer Macht problematisch ist, liegt auf der Hand - viele Klubmitglieder betrachten sie als Hauptursache dafür, dass sich der FCZ seit Jahren im Kreis dreht und unter Hotz' Präsidentschaft ausser dem Sieg im Schweizer Cup 2000 und einem erfolgreichen Europacup-Herbst 1998 sportlich nichts erreicht hat. «Bei uns verfliessen die strategische und die operative Ebene zu stark», sagt Vizepräsident Urs Scherrer, der die Verpflichtung eines einflussreichen Managers als Notwendigkeit betrachtet; nur schon damit die überflüssige Arbeit durch Rechtsfälle abnehme.
Gegen einen Manager wehrt sich aber Sven Hotz mit den Worten: «Einen CEO brauchen wir sicher nicht, unser Organigramm hat sich bewährt.»Verschiedene Verantwortliche hegen den Verdacht, dass Hotz' Allmacht im Klub potenzielle Investoren abschreckt. Hotz hält dagegen, dass er schon seit Jahren versuche, den Klub wirtschaftlich breiter abzustützen und seine Nachfolge zu regeln. Er habe auch Kaufangebote erhalten, die aber nicht akzeptabel gewesen seien. Die Investoren müssten «Schweizer, wenn möglich FCZler sein». Seit letztem Frühling ist nun die Arbeitsgruppe «Visionen 2007» zusammen mit einer Unternehmensberatungsfirma auf der Suche nach Wegen, den Alleinunterhalter Hotz (nach dessen eigenen Worten) «langsam und anständig aus der Klubführung verschwinden» zu lassen. Dass der Klub über einen grossen Rückhalt in der Wirtschaft verfügt, zeigt die Bereitschaft Guido Honeggers vom Hauptsponsor green.ch, den FC Zürich auch bei anhaltendem Misserfolg «in jedem Fall weiter zu unterstützen».
Das Ziel des Präsidenten ist immer noch ein Uefa-Cup-Platz. Hotz weist auf Verletzungen der Stürmer Muff und Yasar hin und die vielen Spiele, die mit einem Tor Unterschied verloren gingen, und glaubt an die Eigendynamik des Erfolges nach den nächsten Punktgewinnen. Mittlerweile kritisiert er aber auch die «Schönspielerei» der Mannschaft, die eigentlich als technische Basis für die Erfolge im nächsten Jahr gemeint war. «Der Trainer weiss, dass er nun die Punkte holen muss», sagt Hotz. Gegen Xamax (Sonntag, 16.15 Uhr im Letzigrund) wird sich zeigen, ob der Ex-Captain mit einem «Chömed, Jungs» der «stärksten Mittelfeldreihe der Schweiz» (Hotz' Urteil zu Saisonbeginn) zum Durchbruch verhilft. Andernfalls gilt es, die von vielen Fans gestellte Frage zu klären, warum die bewährten Regisseure Bastida, Petrosjan und Simo plötzlich schlechter spielen, seit sie auf dem Letzigrund unter Vertrag sind.