Beitragvon dms » 22.09.06 @ 14:27
Infos zur Neubeurteilung der Sicherheitsmassnahmen
Neubeurteilung der Sicherheitsmassnahmen –
FCB und FCB-Fans erarbeiten gemeinsam Lösungen gegen Ungleichbehandlung - Identifikation im ganzen Stadion statt Registrierung in der Muttenzerkurve
Etwas mehr als vier Monate nach den schwerwiegenden Vorkommnissen im Anschluss an das Meisterschaftsspiel FC Basel 1893-FC Zürich vom 13. Mai 2006 in Basel sind in der Aufarbeitung weitere markante Schritte vollzogen worden. Insbesondere erfolgten aufgrund intensiver Neubeurteilungen einige Korrekturen im Massnahmenkatalog sowie die Erkenntnis des FC Basel 1893 und den Vertretern der Muttenzerkurve, wonach nur Lösungen und Massnahmen sinn- und wirkungsvoll sein können, die für beide Seiten tragfähig sind und die einer deutlich verbesserten Sicherheit dienen, ohne eine unüberbrückbare Kluft zwischen Verein und Fans zu hinterlassen.
Die beschlossenen Änderungen im Massnahmenkatalog und in der künftigen Sicherheits- und Fanarbeit des FCB sind weitgehend das Produkt zahlreicher Gespräche zwischen FCB und Fanvertretern, namentlich der Arbeitsgruppe „Muttenzerkurve – Sicherheit und Fans“, die aus den so genannten Plattformsitzungen hervorgegangen ist und die nun ihren Schlussbericht vorgelegt hat. Die in diesem Schlussbericht vorgeschlagenen Anpassungen, Änderungen und Korrekturen des Massnahmenkatalogs betreffen in erster Linie bauliche Massnahmen, die künftige Zusammenarbeit zwischen Verein und Fans sowie die umstrittene Registrierung der Jahreskarteninhaber der Muttenzerkurve. Diese Änderungen werden von der am so genannten „Runder Tisch“ beteiligten Vertreter der Regierungen des Kantons Basel-Stadt und Basel-Landschaft und seinen zuständigen Behörden mitgetragen. Der Schlussbericht der Arbeitsgruppe wird öffentlich zugängig gemacht.
Der FC Basel 1893 betont ausdrücklich, dass die beschlossenen Anpassungen des anfangs Sommer 2006 verkündeten Massnahmenkataloges die Konsequenz einer Neubeurteilung sind. Diese Neubeurteilung ist erfolgt aufgrund der Erkenntnisse der Arbeitsgruppe, die sie durch Gespräche mit Betroffenen und Experten gewonnen hat und in der durch den FCB nicht beeinflussbare Faktoren (zum Beispiel Sicherheitspolitik der Liga oder die Einsatzdoktrin der Polizei) berücksichtigt sind. Dabei ist auch diese Neubeurteilung konzentriert auf das Ziel erfolgt, dass Ereignisse wie am 13. Mai 2006 zu verhindern sind.
In diesen Prozess ist zudem die Überzeugung miteingeflossen, dass die für alle ausgesprochen schädlichen Differenzen zwischen dem FCB und einem bedeutenden Teil seiner Anhängerschaft zu überwinden sind. Dafür braucht es neben dem angepassten Massnahmenkatalog zwingend auch wieder ein Grundmass an gegenseitigem Vertrauen. Deshalb wurde bei der besagten Neubeurteilung auch verstärkt auf die beidseitige Akzeptanz der Massnahmen geachtet, dies aus der Erkenntnis heraus, dass einseitig verhängte Massnahmen, denen die Akzeptanz fehlt, das grundsätzliche Problem tendenziell klar verschärfen statt mildern.
Die einzelnen Änderungen der Massnahmen
Bauliche Massnahmen
Die bereits früher angekündigten Massnahmen zur Verbesserung der infrastrukturellen Sicherheit im Stadion St. Jakob-Park werden konsequent umgesetzt. Neben der bereits errichteten vertikalen Abtrennung des Gästesektors von den Sektoren B2 und A6 wird mittelfristig der Balkon über dem Gästesektor ausschliesslich den Gästefans zur Verfügung gestellt. Dieser Gästesektor wird zudem durch einen Zaun vom Spielfeldrand abgetrennt.
Neu wird auch die Muttenzerkurve durch einen Zaun und ein Netz ("Ballfang") vom Spielfeld abgetrennt werden. Nach vertiefter Prüfung und intensivierter Diskussion aller Beteiligten (FCB, Basel United, Sicherheitsexperten und Fans der Muttenzer Kurve) wurde diese Massnahme beschlossen, weil man sich von ihr die grösstmögliche Effizienz zur Vermeidung von Ereignissen der Art vom 13. Mai 2006 verspricht. Zudem erreicht sie bei den betroffenen Fans Akzeptanz, weil sie als angemessen empfunden wird. Den Bedenken, wonach der Zaun ein gefährliches Hindernis bei allfälligen Fluchtwegen nach vorne sein könnte, wird durch zusätzliche bauliche und nicht-bauliche Massnahmen Rechnung getragen.
Beim Thema Sitz- oder Stehplätze in der Muttenzerkurve wird grundsätzlich an der bisherigen Praxis festgehalten. Für den Bezug von Einzeltickets für so genannte Stehplatzspiele werden angemessene Restriktionen in Betracht gezogen.
Identifizierung statt Registrierung
Die zur unbestritten wünschbaren De-Anonymisierung von Gewalttätern gewählte Massnahme der Registrierung sämtlicher Jahreskarteninhaber der Muttenzerkurve erscheint aufgrund der Neubeurteilung anhand der gewonnenen Erkenntnisse der Arbeitsgruppe unverhältnismässig, ungeeignet und nicht gerecht. Zur Vermeidung von Missbräuchen und Ungerechtigkeiten müsste sich die Registrierung vielmehr auf das ganze Stadion ausweiten und durch Massnahmen ergänzt werden, die den Kauf von Einzeltickets sowie die Weitergabe von Jahreskarten in allen Sektoren des Stadions erschweren oder ganz ausschliessen würden.
Deshalb wird die Massnahme der Registrierung durch regelmässige Identitätskontrollen und eine Verbesserung der Personenkontrollen an allen Eingängen sowie durch die verbesserte Video-Überwachung im ganzen Stadion ersetzt. Diese Identifikations-prozedere orientiert sich an den Vorgaben, die gemäss SFL-Sicherheitsreglement für Auswärtsspiele gelten.
Die Daten jener Jahreskarteninhaber, die sich nach dem 13. Mai 2006 bereits registrieren liessen, wurden vom FCB nicht weitergegeben und werden konsequenter-weise in sämtlichen relevanten Belangen (insbesondere Fotos und Pass- oder ID-Nummern) gelöscht. Zurückbehalten werden im Sinne einer normalen Kundenkartei ausschliesslich Namen- und Adressen, so wie dies seit Jahr und Tag für alle Jahreskarteninhaber praktiziert wird.
Personen, die aufgrund des ursprünglich beschlossenen Registrierungszwangs ihre Jahreskarte zurückgegeben haben, haben die Möglichkeit, ihre Jahreskarte anteilmässig neu zu erwerben.
Fahnenpass
Von einer Durchsetzung des so genannten Fahnenpasses und eines generellen Doppelhalter-Verbots wird vorderhand wieder Abstand genommen. Diese Massnahmen wurden allenthalben als zu wenig wirksam und zudem als Ausdruck eines grundsätzlichen Misstrauens beurteilt, weshalb sie aufgrund der angestrebten Vertrauensbasis, die eine Grundlage der Sicherheitsmassnahmen bilden soll, keine Rechtfertigung mehr haben.
Stadionverbote
Die im Anschluss an die Ausschreitungen vom 13. Mai 2006 erteilten Stadionverbote gegen bisher 22 fehlbare und von den Polizeibehörden angezeigte Personen werden aufrechterhalten. Ebenso müssen rund 15 weitere Personen, die nach dem 13. Mai 2006 von der Polizei ebenfalls fehlbarer Handlungen überführt wurden, bei denen es aber noch nicht zu einer Anhörung gekommen ist, mit einem Stadionverbot von mindestens zwei Jahren rechnen.
Insgesamt sind derzeit rund 70 vom FCB beantragte Stadionverbote wirksam.
Künftige Zusammenarbeit mit den Fans
Wesentlicher Bestandteil des künftigen Sicherheitskonzepts im Stadion St. Jakob-Park soll neben der professionellen Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsfachleuten des Klubs, von Basel United und der Polizei ein intensivierter Austausch zwischen dem FCB, dem Fanprojekt Basel und Fans bilden. In regelmässigen Abständen sollen in institutionalisierten Gremien Problembereiche und gegenseitige Forderungen und Erwartungen diskutiert werden, auch um Risiken und Gefahren frühzeitig zu erkennen und die angemessenen und richtigen Entscheidungen rechtzeitig treffen zu können.
Vertreter der Fans werden in diesen Prozess der Zusammenarbeit vermehrt einbezogen und verpflichten sich ihrerseits, sich einzubringen und sich in diesem Sinne für eine Gewährleistung der Sicherheit im Zusammenhang mit Spielen des FCB in Basel und auswärts mit denen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu engagieren.
FCB.ch