Beitragvon rot-blau » 26.02.06 @ 8:51
26. Februar 2006, NZZ am Sonntag
Ein noch besseres Salär im Visier
Wie der Trainer im FCZ um seine Zukunft pokert
Von Peter B. Birrer
Lucien Favres Karten sind im FC Zürich offenbar so gut, dass sie einen Vertragspoker zulassen. Der Kontrakt des Trainers endet im Sommer, über eine Verlängerung wurde bis jetzt noch keine Einigung erzielt. Favre will ein noch besseres Salär und den Zeithorizont bis 2008, was der FCZ nach seinem ersten und erhöhten Angebot nicht zu geben gewillt ist. Als Nebenschauplatz ist auch die Zukunft des Sportchefs Bickel, des Assistenztrainers Gämperle und des Goalie-Trainers Brunner hängig. Doch der Cheftrainer geht vor.
Dass Favre zockt, ist sein Recht im freien Markt. Nur die Umstände befremden. Für den FCZ sitzen der Finanzchef Philipp Hoch und der neue Verwaltungsrat Ancillo Canepa am Tisch. Auf der anderen Seite wollen Favre und dessen langjähriger Berater René Strittmatter Maximales herausholen. Beide stehen sich auch über die Verbindung ihrer Frauen nahe. Der Interessenkonflikt ist mehrschichtig. Der Banker Strittmatter präsidiert eine FCZ-Sponsor-Vereinigung, ist an Spielern (mit-)beteiligt und sitzt seit Ende 2005 auch im FCZ-Verwaltungsrat. In der Causa Favre trete er in den Ausstand, sagt Strittmatter, die zwei Herzen in der Brust seien kein Problem, «weil wir alle im gleichen Boot sitzen». Strittmatter gibt vor, die Quadratur des Kreises zu schaffen: Mehr Geld für den Arbeitnehmer herausholen, gleichzeitig die Ausgaben für den Arbeitgeber senken. «Wir warten, bis wir etwas hören», sagt Strittmatter zur Situation, «vielleicht wollen sie Favre gar nicht mehr.» Mit «sie» sind die Kollegen aus der Vorstandsetage gemeint.
Canepa strebt eine «rasche Lösung» an. Die Konstellation mit Strittmatter stösst in der FCZ-Führung auf Widerstand. «Sie ist nicht glücklich, aber nicht wegzuzaubern», sagt der FCZ-Verwaltungsrat Guido Honegger. Der FCZ-Präsident Sven Hotz rechnet mit einem baldigen Entscheid pro Favre. Er sagt jedoch, dass man nicht dauernd Forderungen stellen könne, worauf der Verein immer nur Ja und Amen zu sagen habe. Klar ist, dass Hotz den Daumen hält - nach oben oder nach unten.
Hotz stützte den Trainer, als dieser schon kurz nach Amtsantritt 2003 umstritten war. Im FCZ gab es Pro- und Kontra-Fraktionen, der Trainer-Abschuss schien nur eine Frage der Zeit. Der Romand wankte, sein Deutsch besserte sich kaum. Er hatte kommunikative Mängel und den von FCZ-Kreisen gefütterten «Tages-Anzeiger» gegen sich. Doch Favre führte das Team 2005 zum Cup-Sieg, zurzeit ist es die härteste Konkurrenz des FC Basel. So schnell sitzt ein Trainer am Poker-Tisch.
FC Basel; still going strong!