Beitragvon Kobayashi » 25.08.05 @ 8:56
Tagi-Artikel
Gewohnte Sorgen beim FC Zürich
Xavier Margairaz fällt weiterhin aus. Trotzdem sieht Trainer Favre seine Zürcher im Vorteil.
«Die Sonne ist zurückgekehrt», sagt Lucien Favre. Für wen scheint sie? Den FCZ? Der Trainer lacht. Ein seltener Moment. Angespannt ist der Westschweizer am Tag vor dem Rückspiel der Uefa-Cup-Qualifikation gegen Legia Warschau. Trotz dem Polster des 1:0-Sieges im Hinspiel vor 14 Tagen. «Das ist unser Vorteil», sagt Favre. Sonst spricht er wenig. Und schon gar nicht sagt er, wer spielt und wer nicht. «Die Polen könnten das lesen.»
Favre hat personelle Sorgen wie zuletzt oft. Xavier Margairaz fehlt auch heute Abend auf Grund seiner Fussverletzung, und er dürfte noch zwei weitere Wochen ausfallen. Daneben «sind einige Spieler fraglich», wie Favre sagt, zum Beispiel der zuletzt gesperrt gewesene Mihai Tararache. Er könnte aber dennoch einsatzbereit sein; genau wie Verteidiger Marc Schneider, der die Entzündung seiner Achillessehne auskuriert hat.
Holzstühle im Gästesektor
Eines wird der FC Zürich in diesem letzten Qualifikationsspiel besonders vermissen: die Unterstützung aus der Südkurve, wo sonst die treusten und lautesten Fans stehen. In der Südkurve wurden vorerst keine Sitzplätze installiert, und wegen der Uefa-Vorgabe bleibt die Stehrampe daher geschlossen. In der Nordkurve dagegen, wo Teile der Legia-Fans stehen werden (über 700 dürften es sein), sind bereits Holzklappstühle montiert. Anschaffungskosten: 42.50 Franken pro Sitz. Auf der gegenüberliegenden Seite wäre dies erst in der allfälligen Gruppenphase ein Thema - wobei möglich ist, dass der FCZ für den Uefa-Cup in den Hardturm ausweicht.
Das sind Zukunftsgedanken. Vorerst gilt es, gegen Legia die 1. Runde zu erreichen. Und mit dem 1:0-Vorsprung steigen die Zürcher als Favoriten ins Rückspiel. Zudem hat der Gegner hat derzeit eine Krise zu bewältigen: Er hat eines von vier Saisonsspielen gewonnen und zuletzt zu Hause 0:2 gegen Dyskobolia verloren. Trainer Zielinski reiste mit der Sorge an, dass er im Falle eines Ausscheidens seinen Job wohl los sein dürfte.
Lucien Favre lenkt davon ab: «Ich möchte nicht zu viel über den Gegner sprechen.» Er erwartet ein anderes Spiel als das vor zwei Wochen. Damals wurde Regisseur Surma früh des Feldes verwiesen, und Zürich spielte während 70 Minuten in Überzahl. Favre sagt: «Jetzt spielen wir zu Elft gegen elf, das ist eine andere Sache.» Sie müssten, intelligent spielen und die richtige Balance finden. Er selbst tendiert dazu, zwei Stürmer - Rafael und Alhassane Keita - zu nominieren. Es fehlen ihm die Alternativen.
Vor dem Spiel hält sich die Aufregung in Grenzen, auch bei den Fans. Erst 4700 der 11 821 Plätze waren bis gestern verkauft. Die billigsten Plätze kosten 50 Franken - für ein Spiel in dieser Phase des Uefa-Cups sehr teuer. Doch Favre sagt: Sein Team hätte die Chance, sich für den Europacup zu qualifizieren. «Und diese Möglichkeit hat man nicht oft in seiner Karriere.»
Mögliche Aufstellung: Leoni; Nef, Filipescu, Von Bergen, Schneider; Di Jorio, Dzemaili, Tararache, Cesar; Rafael, Keita.
NZZ
Eine Frage der Einstellung
Gute Ausgangslage des FC Zürich vor Rückspiel gegen Legia Warschau
rwe. Der FC Thun müsste eigentlich das Vorbild sein - nicht zuletzt im taktischen Bereich. Denn wie der Champions-League-Teilnehmer tritt auch der FC Zürich im Uefa-Cup-Rückspiel gegen Legia Warschau mit einem 1:0-Vorsprung im heimischen Stadion an, und es ist klar, dass eine solche Vorgabe den Trainer zu mancherlei Überlegungen zwingt. Die Berner Oberländer, von Trainer Schönenberger hervorragend eingestellt, wussten mit dieser Situation blendend umzugehen. Sie gaben im Heimspiel gegen die verunsicherten Schweden von der ersten Minute an die Richtung vor - und waren damit bestens beraten. Auch die Polen strotzen dieser Tage (besonders nach den zuletzt mässigen Leistungen in der Meisterschaft und den Debatten rund um den ratlos wirkenden Trainer Zielinksi) nicht gerade vor Selbstvertrauen, ergo sollten sie nicht mit einer zu passiven Haltung gewissermassen aufgebaut werden.
Aber eben, im FC Zürich ist vieles möglich. Konstanz war in den vergangenen Jahren nie die Stärke des Stadtklubs, und deshalb bedeutet die ausgezeichnete Ausgangslage noch lange keinen Garanten, dass die Equipe auch tatsächlich die nächste Runde erreicht. Was zu grösserer Kontinuität unter anderem fehlt, ist ein Leader, sind Spielerpersönlichkeiten, die das Team antreiben könnten. Einer, der sich wenigstens vorgenommen hat, in diese Richtung auf die Kollegen einzuwirken, ist Marc Schneider. Bezeichnenderweise spielte der Verteidiger mit der positiven Ausstrahlung und dem Kämpferherzen mit einer kurzen Unterbrechung von 1996 bis 2003 im FC Thun. Beste Voraussetzungen also, um Vergleiche zwischen den Klubs anzustellen. Es ist nicht Schneiders Art, lange um den heissen Brei herumzureden. Im Berner Oberland werde, so sein ungeschminktes Urteil, mit einer ganz anderen Einstellung und Intensität trainiert.
Wer den Übungsformen der FCZ-Mannschaft am Mittwoch beiwohnte, konnte sich ungefähr ausrechnen, wie Trainer Favre gegen die Polen zu spielen gedenkt. Schneider und Tararache werden in das Team zurückkehren (beide hatten am Wochenende in Bern gefehlt), mit dem Einsatz von Margairaz wiederum ist wohl nicht zu rechnen. Der Romand hatte am Mittwoch einen Arzttermin; demnächst wird sich herausstellen, wie seine nähere sportliche Zukunft aussieht. Auch Legia Warschau beklagt gewichtige Absenzen. Der Stürmer Klatt ist angeschlagen, Captain Surma nach dem Platzverweis vor zwei Wochen gesperrt. Doch wie wird der FC Zürich den Match nun in Angriff nehmen: mit vorsichtigem Taktieren oder - wie zuletzt der FC Thun - mit mutigem Spiel nach vorn? Trainer Favre sagt dazu vieldeutig: Der FCZ ist nicht der FC Thun.
Suchtrupp Bruno Manser
Sektion Üetliberg Hell